| # taz.de -- Inflation in Spanien: Sondersteuer für Umverteilung | |
| > Firmen, die von den Kriegsfolgen profitieren, sollen in Spanien eine | |
| > Übergewinnsteuer zahlen. Das Geld braucht Madrid zur sozialen | |
| > Krisenabfederung. | |
| Bild: Was zaubert Spaniens Ministerpräsident noch aus seiner Tasche? Pedro San… | |
| Madrid taz | Die nicht nur [1][in Deutschland umstrittene Übergewinnsteuer] | |
| wird in Spanien Realität. „Diese Regierung wird nicht zulassen, dass das | |
| Leiden vieler der Gewinn Einzelner ist“, sagte Ministerpräsident Pedro | |
| Sánchez. Am Dienstagnachmittag kündigte er im Rahmen der Debatte über die | |
| Lage der Nation eine zweijährige Sondersteuer für Energiekonzerne und | |
| Banken an. | |
| Seine „fortschrittliche Regierung“ werde „alles tun, um die Mittelklasse | |
| und die Arbeiter in Schutz zu nehmen“, erklärte der Sozialist, dessen PSOE | |
| in Koalition mit den Linksalternativen von Unidas Podemos regiert, | |
| angesichts der steigenden Inflation. Diese lag im vergangenen Monat bei | |
| 10,2 Prozent und damit so hoch wie seit den 1980ern nicht mehr. | |
| Durch die Übergewinnsteuer sollen 3,5 Milliarden Euro pro Jahr in die | |
| Staatskasse fließen. 1,5 Milliarden Euro werden die Banken zahlen, 2 | |
| Milliarden die Energiekonzerne. Die Energiekonzerne – allen voran die | |
| Erdöl- und Erdgasunternehmen – fahren dank der Preissteigerung in Folge des | |
| Ukrainekrieges Rekordgewinne ein. So sind die Gewinne beim spanischen | |
| Tankstellenbetreiber Repsol 15-mal so hoch wie vor einem Jahr. Auch die | |
| Strompreise sind in den letzten Monaten gestiegen wie nie zuvor. [2][Und | |
| die Banken stehen vor einer Zeit steigender Zinsen und damit höherer | |
| Einnahmen], dank der bevorstehenden Erhöhung der Leitzinsen durch die | |
| Europäische Zentralbank. Kaum hatte Sánchez seine Steuerpläne verkündet, | |
| sanken die Börsenkurse der Banken um bis zu 10 Prozent. | |
| Wohin mit den neuen Steuereinnahmen? Auch dazu legte Sánchez Pläne vor. | |
| Rund 1 Million Schüler und Studenten, die ein staatliches Stipendium | |
| zwischen jährlich 2.200 und 2.900 Euro erhalten, werden bis Jahresende | |
| monatlich 100 Euro mehr beziehen. Ob sie auch im kommenden Haushalt extra | |
| bedacht werden, steht noch nicht fest. Außerdem werden nach der Sommerpause | |
| bis zum Jahresende alle Mehrfachfahrscheine und Monatskarten für | |
| Nahverkehrszüge und Regionalzüge kostenlos sein. | |
| ## Spanischer Mietendeckel | |
| Hinzu kommt ein bereits vor der Debatte zur Lage der Nation beschlossenes | |
| Paket zur Entlastung der Haushalte. Dort wurde eine Obergrenze für | |
| Mietsteigerungen festgelegt, die Mehrwertsteuer für Stromversorgung von den | |
| üblichen 10 auf 5 Prozent gesenkt, die Niedrigrenten um 15 Prozent | |
| angehoben. Auch der Mindestlohn stieg in den drei Jahren der Linksregierung | |
| gleich zweimal auf mittlerweile 1.050 Euro pro Monat und 14 Zahlungen im | |
| Jahr. | |
| Die Opposition wurde von Sánchez’ Plänen völlig überrascht. So hielt die | |
| Fraktionssprecherin der konservativen Partido Popular (PP), Cuca Gamarra, | |
| ihre Rede, als wäre nichts geschehen. Sie warf Sánchez „Untätigkeit“ | |
| angesichts der Inflationskrise vor. „Die Rede ist eine Beleidigung, die | |
| Vorschläge der Regierung sind null“, sagte sie. Ihre Idee: breitangelegte | |
| Steuersenkungen. | |
| Sánchez rechnete der Rechten vor, was ohne Steuereinnahmen an | |
| Sozialprogrammen alles nicht möglich gewesen wäre. Dazu verglich er die | |
| Eurokrise unter einer PP-Regierung mit der Coronakrise unter seiner Ägide. | |
| „2012 ging das Brutto-Inlandsprodukt um 3 Prozent zurück und 3 Prozent der | |
| Arbeitsplätze wurden vernichtet, 2020 sank das BIP um 10,8 Prozent und nur | |
| 1,6 Prozent der Arbeitsplätze gingen verloren“, verteidigte er | |
| Staatsausgaben. Sánchez hatte 2020 erstmals in der spanischen Geschichte | |
| ein breites Kurzarbeitsprogramm aufgelegt, um die Belegschaften zu retten. | |
| 13 Jul 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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