# taz.de -- Bundeshaushalt für 2025: Sozialpolitik bleibt der blinde Fleck | |
> Die schwarz-rote Koalition spart heikle Themen wie Rente und die Erhöhung | |
> der Krankenkassenbeiträge aus. Denn dann würden unangenehme | |
> Verteilungsdebatten drohen. | |
Bild: Sitzgelassen, das werden mal wieder die Bürgigeldempfangenden von der ko… | |
Die unrealistischen Zahlen lassen aufhorchen. Eine „umfassende“ Reform des | |
Bürgergeldes hat Kanzler Friedrich Merz (CDU) auch in der | |
[1][Haushaltsdebatte] angekündigt. Mehrere Milliarden Euro sollen damit | |
eingespart werden, 1,5 Milliarden Euro bereits im kommenden Jahr, hieß es | |
schon vorher. | |
Allerdings werden nicht mehrfach Milliardensummen eingespart, wenn neu | |
ankommende ukrainische Geflüchtete weniger Sozialleistungen bekommen. Auch | |
nicht, wenn die Jobcenter ihre Klient:innen öfter vorladen und mehr an | |
der Leistung kürzen, falls mal ein Termin versäumt wurde. Die Debatte ums | |
Bürgergeld ist eine verschobene Debatte, die von der Bundesregierung gern | |
befeuert wird, auch weil fast die Hälfte der Leistungsempfänger:innen | |
keine deutsche Staatsangehörigkeit, also auch keine Wählerstimme haben. | |
Die Fokussierung auf das Bürgergeld lenkt davon ab, dass die heiklen Themen | |
der Sozialpolitik ausgespart und in Beratungskommissionen, also in die | |
Zukunft verschoben werden. Fraglich ist die mittelfristige Zukunft der | |
Rente, der Umgang mit dem steigenden Anteil alter Menschen, zu dem später | |
auch die heute Jungen gehören werden. Die Bewältigung der Defizite in den | |
Krankenkassen ist ungeklärt. [2][In der Pflege droht ein riesiges Loch]. | |
Dass die schwarz-rote Regierung hier kaum über Probleme und | |
Lösungsmöglichkeiten spricht, ist der Angst vor den Wähler:innen | |
geschuldet. Denn es drohen unangenehme Verteilungsdebatten auch in den | |
Mittelschichtmilieus. Um wie viel kann man die Krankenkassenbeiträge noch | |
und die Beiträge für die Pflegeversicherung erhöhen? | |
Kommen Zusatzbeiträge bei den Krankenkassen oder verpflichtende | |
Zusatzversicherungen in der Pflege, die von den Bürger:innen allein | |
bezahlt werden müssen? Welche Belastung durch Eigenanteile in der Pflege | |
wäre noch fair, jedenfalls bei Vermögenden? Ist es nicht angebracht, mit | |
höheren Vermögens- oder Erbschaftssteuern die öffentlichen Haushalte zu | |
stützen, die dann wiederum die Renten- und Krankenkassen stabilisieren | |
könnten? | |
Wird die Verteilungsfrage nicht thematisiert, spitzen sich die Probleme zu, | |
so wie es in den Spardebatten in den 1990er Jahren und in den sogenannten | |
Nullerjahren der Fall war. Der Druck steigt, die Verschuldung drückt, die | |
Haushaltslöcher klaffen, die schwächelnde Wirtschaft will keine höheren | |
Sozialabgaben für ihre Beschäftigten mitzahlen – und plötzlich sind | |
Entwicklungen kein Problem mehr, die vorher undenkbar waren. | |
Dann kommt eine [3][Erhöhung des Renteneintrittsalters für alle], egal wie | |
verschleißend der Job war. Die Krankenkassenzusatzbeiträge steigen nur für | |
die Arbeitnehmer:innen. Der unterste Pflegegrad wird vielleicht | |
abgeschafft. Vermögende leisten sich privat angeheuerte zusätzliche Pflege. | |
Das Rentenniveau sinkt, wer muss und kann, macht mit 70 Jahren noch einen | |
Nebenjob. Und dann ist es fast schon wurscht, welche Partei den | |
Bundeskanzler stellt. | |
11 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Bund-Laender-Kommission-zur-Pflegereform/!6095916 | |
[2] /Finanzloch-bei-der-Pflegeversicherung/!6098556 | |
[3] /Debatte-um-Rente-mit-70/!5898702 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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