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# taz.de -- Bürgergeld und Lohnabstand: Nicht auf Kosten der Armen
> Wer arbeitet, sollte deutlich mehr Geld bekommen. Aber statt denen, die
> es nicht tun, das Bürgergeld zu kürzen, sollte der Mindestlohn erhöht
> werden.
Bild: Wer als Bäcker:in um 3 Uhr in der Früh aufsteht, hat mehr verdient als …
Wer in den 1990er Jahren interne Debatten einiger Sozialexpert:innen
über die Sozialhilfe verfolgte, dürfte sich über den aktuellen CDU-Vorstoß,
das Bürgergeld abzuschaffen, nicht gewundert haben. Damals verwiesen die
Analyst:innen auf die USA, wo Sozialhilfe nur insgesamt fünf Jahre
gezahlt wird, verteilt über die gesamte Lebenszeit. Und maximal zwei Jahre
ohne Unterbrechung. Das wird, so warnten die Expert:innen, auch irgendwann
in Deutschland so kommen.
Nun ist die Debatte um staatliche Leistungen für Menschen, die aus
unterschiedlichen Gründen nicht arbeiten – über die Stufen Sozialhilfe,
[1][Hartz IV], Bürgergeld – genau da angekommen, wo die USA schon vor 25
Jahren standen. Bekanntermaßen ist Amerika das „reichste Armenhaus“ der
Welt – und mitnichten Vorbild für das deutsche Sozialsystem. Und trotzdem
trifft CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann einen Punkt, wenn er fordert,
es brauche mehr „Anreize für die Jobaufnahme“.
So weist das Institut für Weltwirtschaft in Kiel nach, dass manche
Arbeitnehmer:innen mit einem relativ normalen Einkommen
durchschnittlich 2,30 Euro in der Stunde mehr verdienen als
Bürgergeldempfänger:innen. Dieser [2][Lohnabstand] ist tatsächlich zu
gering. Wer als Bäcker:in um 3 Uhr in der Früh aufsteht, damit um 7 Uhr
warme Brötchen in der Auslage liegen, wer als Pfleger:in ab 6 Uhr morgens
in einem Altenheim reihenweise bettlägerige Menschen umdreht und wäscht,
wer als Reinigungskraft nachts Büros schrubbt, hat mehr verdient als nur
ein paar Euro mehr.
Das Ziel darf jedoch nicht sein, das Bürgergeld abzusenken, sondern
vielmehr die Löhne anzuheben. Insofern birgt die Linnemann-Idee beim
Bürgergeld ein Verhetzungspotenzial, das den sozialen Frieden erheblich
stören kann. Ungeachtet dessen hat aber jede Lohnerhöhung Folgen – Brot,
[3][Pflege], Restaurantessen, solche Dinge werden teurer werden – und
zwingt sicher manches Kleinunternehmen dichtzumachen, weil es seine
Angestellten nicht mehr bezahlen kann. Um Lohngerechtigkeit herzustellen,
braucht es bessere Vorschläge als die der CDU.
14 Nov 2023
## LINKS
[1] /Vor-der-Einfuehrung-des-Buergergeldes/!5900367
[2] /Buergergeld-und-Lohnabstand/!5958461
[3] /Tarifvertraege-fuer-Pflegekraefte/!5875201
## AUTOREN
Simone Schmollack
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Schwerpunkt Armut
Bürgergeld
CDU
Hubertus Heil
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Sozialstaatsreform
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