Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Abstand von Lohn zu Bürgergeld: Arbeiten lohnt sich, auch in Bad L…
> Eine Alleinstehende, die zum Mindestlohn ackert, hat im Schnitt 557 Euro
> mehr als ein Bürgergeldempfänger. Es gibt aber regionale Unterschiede.
Bild: Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, ob in der Reha oder der Gastro
Berlin taz | Eine Reha-Klinik in Bad Liebenwerda in Brandenburg, draußen
vor dem Eingang prangen Jobangebote, Leute werden dringend gesucht, auch
Servicepersonal ohne Berufsausbildung. Die Caféteria hat nur an wenigen
Tagen in der Woche geöffnet, wegen Personalmangel. „Das Bürgergeld ist
schuld, dass wir hier niemanden finden. Will doch keiner mehr arbeiten“,
seufzt eine Frau an der Rezeption.
Hält das Bürgergeld Menschen davon ab, zu arbeiten, erst recht, wenn sie
mit ihrer Tätigkeit nur den aktuellen Mindestlohn bekommen? Nein, sagt das
[1][Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI)] der
gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Der Lohnabstand ist immer
gegeben“, heißt es in der aktuellen WSI-Studie. Doch es gibt regionale
Unterschiede.
Die Sozialexperten errechneten an mehreren Haushaltskonstellationen, wie
groß der Einkommensunterschied ist zwischen Personen, die nur vom
[2][Bürgergeld] leben, und solchen, die 38 Stunden die Woche zum aktuell
geltenden Mindestlohn von 12,82 Euro die Stunde ackern.
Bei einer oder einem Alleinstehenden, die oder der Vollzeit zum Mindestlohn
arbeitet, liegt der Einkommensvorteil im Durchschnitt bei 557 Euro
monatlich, so die Studie. So hat ein alleinstehender Mann, der zum
Mindestlohn in Vollzeit arbeitet, im Schnitt in Deutschland ein verfügbares
Einkommen von 1.572 Euro im Monat. Lebt der Mann nur vom Bürgergeld, hat er
lediglich inklusive der Wohnkosten 1.015 Euro zur Verfügung, so die Zahlen
in dem WSI-Papier.
## Kleine Miete- großer Lohnabstand
Alleinstehende mit einem Kind haben bei Vollzeitbeschäftigung zum
Mindestlohn laut Studie 749 Euro mehr zur Verfügung als im alleinigen
Bürgergeldbezug. Bei einer Paarfamilie mit zwei Kindern und einer oder
einem Beschäftigten in Vollzeit zum Mindestlohn beträgt der Vorteil 660
Euro.
Der Verdienst der Arbeitenden wird dabei je nach Haushaltskonstellation und
Miethöhe durch aufstockendes Bürgergeld, Kindergeld, einkommensabhängigen
Kinderzuschlag oder Wohngeld erhöht, das wurde vom WSI in das verfügbare
Einkommen der Beschäftigen mit eingerechnet.
In abgelegenen Regionen sind die Mieten niedriger, die Arbeitslosen
bekommen also weniger Bürgergeld als Empfänger:innen in teuren
Regionen, da sich die Leistung auch nach den örtlichen Miethöhen richtet.
Daher beträgt der Lohnabstand in München, wenn hohe Mietkosten vom
Jobcenter übernommen werden, nur 379 Euro. Im sächsischen Vogtlandkreis hat
eine alleinstehende Mindestlöhner:in hingegen 652 Euro mehr zur
Verfügung als eine örtliche Bürgergeldempfänger:in, im
Elbe-Elster-Kreis, wo Bad Liebenwerda liegt, 598 Euro.
## Auch Wohngeld und Kinderzuschlag zählen
„Die Zahlen dieser Studie zeigen erneut, dass
Bürgergeldempfänger:innen unabhängig vom Haushaltstyp und von der
Region, in der sie wohnen, weniger Geld haben als Erwerbstätige, die zum
Mindestlohn arbeiten“, erklärte die wissenschaftliche Direktorin des WSI,
Bettina Kohlrausch am Mittwoch.
Studien des [3][Münchner Ifo-Instituts haben allerdings] bemängelt, dass
bei noch höheren Einkommen der Wegfall oder das Absinken von aufstockendem
Bürgergeld, von Wohngeld und Kinderzuschlag den Anreiz verringere, mehr
Geld zu verdienen. So führe eine Erhöhung des Bruttoeinkommens von 2.000
auf 3.000 Euro bei einer Alleinerziehenden mit durchschnittlichen
Mietkosten nur zu einem Anstieg des verfügbaren Einkommens von 59 Euro im
Monat, hieß es beim Ifo.
Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Regierung ist vorgesehen, die
sozialen Leistungen besser „aufeinander abzustimmen“, Wohngeld und
Kinderzuschlag sollen „zusammengeführt“, die Hinzuverdienstregelungen
„reformiert“ werden. Wie das genau aussieht, ist allerdings unklar. Denn
mehr kosten soll es auch nicht.
13 Aug 2025
## LINKS
[1] https://www.wsi.de/de/pressemitteilungen-15991-einkommen-bei-mindestlohnbes…
[2] /Buergergeld/!t5868929
[3] https://www.ifo.de/DocDL/sd-2024-01-bloemer-etal-lohnabstand.pdf
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Bürgergeld
Einkommen
Mindestlohn
Arbeit
Reden wir darüber
Social-Auswahl
Sozialstaat
Bundesregierung
Bürgergeld
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte über Bürgergeld: Das Sozialstaatsparadox
Je schlechter es der Wirtschaft geht, desto fauler werden
Sozialhilfeempfänger wahrgenommen. Auf diesen dummen Kurzschluss sollten
wir nicht hereinfallen.
Bundeshaushalt für 2025: Sozialpolitik bleibt der blinde Fleck
Die schwarz-rote Koalition spart heikle Themen wie Rente und die Erhöhung
der Krankenkassenbeiträge aus. Denn dann würden unangenehme
Verteilungsdebatten drohen.
Studie zu Bürgergeldempfängern: Leben in ständiger Unsicherheit
Die Bundesregierung plant strengere Sanktionen für Bürgergeldempfänger.
Eine neue Studie zeigt: Viele der Betroffenen können schon heute nicht in
Würde leben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.