# taz.de -- Einsparungen im Haushalt: Wahlhilfe für die AfD | |
> Milliarden fürs Militär, Kürzungen beim Sozialen: Mit diesen Prioritäten | |
> beim Haushalt wird die Bundesregierung die Stimmung nicht verbessern. | |
Bild: Haushaltsentwurf 2025: Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen,… | |
Der neue Bundeshaushalt wird einer der Superlative: so hohe Investitionen | |
wie nie, so hohe Militärausgaben wie nie, so viele Schulden wie nie. Und | |
daran gemessen leider auch: so wenig soziale Gerechtigkeit wie nie. | |
Mit seinem gerade vorgelegten Etatentwurf plant Finanzminister Lars | |
Klingbeil (SPD), jährlich dreistellige Milliardenbeträge in die | |
Modernisierung der Infrastruktur und ins Militär zu stecken. [1][Das ist | |
nur mit Schulden zu finanzieren] – über 140 Milliarden Euro allein in | |
diesem Jahr, fast 850 Milliarden bis 2029. Das ist viel Geld. Aber: Im | |
internationalen Vergleich sind Schulden in dieser Höhe keineswegs | |
ungewöhnlich. Die USA, Frankreich, Kanada oder Japan haben viel höhere | |
Schuldenquoten als Deutschland. Hier gibt es keinen Anlass zur Sorge. | |
An anderer Stelle aber durchaus. Der von CDU, CSU und SPD entworfene | |
Haushalt schwächt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, statt ihn zu | |
stärken. Die Wahlergebnisse der AfD sind auch das Resultat einer großen | |
Staatsenttäuschung – eines Staats, der sich in den Augen vieler | |
Bürger:innen zu wenig um ihre Angelegenheiten kümmert und sie zu oft mit | |
Problemen alleinlässt. Das sorgt für eine latent aggressive Stimmung. | |
## Das Klimageld spielt überhaupt keine Rolle mehr | |
Nachdem deutsche Regierungen über viele Jahre erzählt haben, für dieses | |
oder jenes sei bei aller Wichtigkeit leider, leider kein Geld da, jongliert | |
Schwarz-Rot jetzt mit schwindelerregenden Beträgen. Aber: Wer gehofft hat, | |
durch das kreditfinanzierte „Sondervermögen“ [2][in Höhe von 500 Milliard… | |
Euro] und die Aufgabe der Schuldenbremse für Militärausgaben werde auch der | |
Weg zu einer stärkeren Sozialpolitik geebnet, wird enttäuscht. | |
Klingbeil brüstet sich, dass er Ausgabenwünsche in zweistelliger | |
Milliardenhöhe aus den Ministerien abgewehrt habe. Aber was ist die Folge? | |
Der Gesundheitsetat soll beispielsweise sogar leicht gekürzt werden. Doch | |
die vorgesehenen Mittel für die Krankenkassen werden nicht reichen, um die | |
finanziellen Lücken zu füllen. Die Konsequenz: höhere Beiträge – eine | |
schwere Last für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. | |
Dabei brauchen diese Haushalte dringend Entlastungen. Viele leiden unter | |
den Preissteigerungen der vergangenen Jahre. Ein Klimageld, womit die | |
steigenden Kosten durch Maßnahmen wie die CO₂-Abgabeauf Sprit und | |
Heizenergie teilweise ausgeglichen werden könnten, zieht die schwarz-rote | |
Bundesregierung anders als die Ampel nicht einmal in Erwägung. | |
Kanzler Friedrich Merz hat bislang stattdessen auf das geplante Strompaket | |
verwiesen. Ein Bluff, wie sich jetzt zeigt. Die Regierung wollte laut | |
Koalitionsvertrag die Stromsteuer senken, um die Kosten für alle zu | |
reduzieren. Jetzt stellt sich heraus: Die Steuer sinkt nur für Industrie | |
und Landwirtschaft, nicht für Privatleute und kleine Betriebe. Trotz eines | |
Haushalts der Superlative bricht die Regierung ein zentrales | |
Entlastungsversprechen. Immerhin sollen Privatleute von niedrigeren | |
Netzgebühren profitieren. | |
## Die Wärme- und Verkehrswende leidet | |
Doch wenn zusätzlich die Stromsteuer sinkt, sparen Haushalte laut dem | |
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 2,3 Cent pro Kilowattstunde. Für ein | |
Einfamilienhaus wären das über 20 Jahre rund 1.800 Euro. Das wäre politisch | |
klug. Denn je teurer der Strom, desto langsamer schreitet die Wärme- und | |
Verkehrswende voran. Potenzielle Käufer:innen von klimafreundlichen | |
Wärmepumpen oder E-Autos werden davon abgeschreckt. Wer hingegen mit | |
fossilem Gas heizt, profitiert, weil der Staat künftig die sogenannte | |
Gasspeicherumlage übernimmt. So kommt der klimagerechte Umbau nicht voran. | |
Das Geld für die Gasspeicherumlage stammt aus [3][dem Klima- und | |
Transformationsfonds], dessen Mittel einst für den klimagerechten Umbau und | |
das Klimageld gedacht waren. Ab 2027 wird der CO₂-Preisaufgrund dann | |
geltender neuer Regeln massiv steigen. Ohne eine soziale Flankierung wird | |
das für Haushalte mit wenig Einkommen schwierig. Mit der Abfederung muss | |
jetzt begonnen werden. Die Regierung tut es aber nicht. Dieses politische | |
Versäumnis wird sich in den kommenden Jahren noch bitter rächen – und | |
möglicherweise die Klimapolitik insgesamt hinwegfegen, weil es keine | |
Akzeptanz mehr dafür gibt. | |
Weiteren Be- und minimalen Entlastungen für Bürger:innen stehen nicht | |
nur extreme Militärausgaben, sondern auch großzügige Steuergeschenke für | |
Unternehmen gegenüber. Dieses Ungleichgewicht wird den gesellschaftlichen | |
Unmut nicht beruhigen. Es ist eher eine Wahlhilfe für die AfD. | |
27 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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