# taz.de -- Merz’ Gipfelwoche: Wer bin ich? | |
> Trump-Flüsterer, europäische Führungskraft, steigende Umfragewerte | |
> zuhause: Für Bundeskanzler Friedrich Merz scheint alles zu klappen. Aber | |
> das stimmt nicht. | |
Bild: Fühlt sich wohl im Kreis der Hardliner: Bundeskanzler Friedrich Merz (CD… | |
Es läuft gut für Bundeskanzler Friedrich Merz. [1][Seine Umfragewerte | |
steigen], der erste Nato-Gipfel in Den Haag endete mit einer Einigung | |
[2][auf historisch höchste Verteidigungsausgaben], und auf dem | |
[3][EU-Gipfel in Brüssel] hat er sich „ausgesprochen wohlgefühlt“. | |
Transatlantiker, Europäer, Bundeskanzler – das scheint zu passen. Doch der | |
Eindruck täuscht. | |
Auf dem Nato-Gipfel wurde Merz mit offenen Armen empfangen. Bereits das von | |
der Ampel angestoßene Sondervermögen Bundeswehr, mit dem Deutschland 100 | |
Milliarden investieren will, begeistert die Nato-Partner. Dass Deutschland | |
unter seiner neuen Regierung erhöhte Verteidigungsausgaben [4][von der | |
Schuldenbremse ausklammern will], löst erst recht Freude aus. | |
Vor Ort mauserte sich Merz zum kleinen Star des Gipfels. Zu verdanken hat | |
er das auch Finanzminister Lars Klingbeil, der kurz vor Den Haag die | |
deutsche Haushaltsplanung bis 2029 vorstellte. 152,8 Milliarden Euro sollen | |
2029 in die Verteidigung fließen, ganz zufällig sind es 3,5 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts. | |
Streber Deutschland will die neue Nato-Zielmarke für klassische | |
Militärausgaben sechs Jahre früher erreichen als vereinbart. Der | |
US-Botschafter bei der Nato lobte Deutschlands Führungsrolle bei der | |
europäischen Aufrüstung – Musik in Merz’ Ohren. | |
Der Kanzler betont zwar, dass die Aufrüstung eine Reaktion auf die | |
Bedrohung durch Russland sei. Doch klar ist: Ohne die Forderungen von | |
US-Präsident Donald Trump wäre das neue 5-Prozent-Ziel in Europa nie Thema | |
geworden. Der Gipfel zeigte auch, wie groß die Abhängigkeit von den USA | |
bleibt. Weder Merz noch ein anderer europäischer Staatschef konnte Trump | |
auf Augenhöhe begegnen. | |
## Für Trump kritisiert Merz selbst von der Leyen | |
Ein Zeichen dafür ist auch die Nato-Abschlusserklärung, [5][in der die | |
Ukraine im Gegensatz zum Vorjahr kaum eine Rolle spielt] – besonders bitter | |
für Merz, der vor dem Gipfel in einer Regierungserklärung noch betonte, die | |
Ukraine „kraftvoll“ unterstützen zu wollen. | |
Auch auf der Brüsseler Bühne gelang Merz seine Inszenierung als | |
Führungskraft in Europa nur bedingt. Die EU sendet momentan nur Signale der | |
Verzweiflung: Ein neues Sanktionspaket scheiterte, wie zuvor erwartet, an | |
der Slowakei. Um sich von Altkanzler Olaf Scholz abzugrenzen, nahm Merz an | |
einem Frühstück der Hardliner teil, die eine schärfere Migrationspolitik | |
fordern, einer Runde also, die man besser meiden sollte. | |
Merz nutzte den Gipfel auch, um EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen | |
für ihre Strategie in den Verhandlungen mit den USA zu kritisieren. Er | |
fordert schnelle Handelslösungen, die besonders der deutschen Wirtschaft | |
Entlastungen bringen würden. Die EU-Kommission setzt hingegen auf ein | |
umfassenderes Abkommen, das Zölle beiderseits abschaffen soll. Dabei ist | |
von der Leyen auf einer Linie mit Frankreich, was zu Spannungen führen | |
könnte. | |
Merz muss bald klären, welche Interessen er vertreten will. | |
Transatlantiker, Europäer und Bundeskanzler zugleich, das passt derzeit | |
doch nicht so gut zusammen. | |
28 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/politbarometer-nato-ziel-100.ht… | |
[2] /Nato-Gipfel-in-Den-Haag/!6093163 | |
[3] /EU-Gipfel-/!6096678 | |
[4] /Bundesrat-stimmt-Finanzpaket-zu/!6077180 | |
[5] /Nato-Gipfel-in-Den-Haag/!6093163 | |
## AUTOREN | |
Anastasia Zejneli | |
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