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# taz.de -- Vor der Klimakonferenz: Brasiliens fossiler Boom
> Aktivist*innen sprechen von einer „Weltuntergangsauktion“: Die
> brasilianische Regierung lässt neue Lizenzen für Öl- und Gasföderung
> versteigern.
Bild: Inselgruppe Fernando de Noronha: Schöne Landschaft oder Kulisse für Öl…
Berlin taz | Die brasilianische Regierung treibt die Nutzung fossiler
Energieträger massiv voran: Am Dienstag startete die nationale Öl- und
Gasagentur ANP eine Versteigerung von 172 neuen Explorationsgebieten. Die
zum Angebot stehenden Förderflächen umfassen rund 145.000 Quadratkilometer
– eine Fläche größer als die von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg
zusammen.
Die Umwelt-NGO Arayara hatte versucht, das mit Klagen zu verhindern. Ohne
Erfolg: Am Dienstag gingen 34 Öllizenzblöcke an Bieter, dafür flossen
umgerechnet rund 178 Millionen Euro. Neben [1][Brasiliens] halbstaatlichem
Ölkonzern Petrobras bekamen die US-Firmen Chevron und ExxonMobil sowie der
chinesische Ölriese CNPC Zuschläge.
Mit Hochdruck bereitet sich Brasilien derweil darauf vor, [2][Gastgeber der
nächsten Weltklimakonferenz] COP30 zu sein. Diese soll im November in der
Amazonas-Metropole Belém stattfinden. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula
da Silva will deshalb international als ökologischer Musterschüler
wahrgenommen werden – ist aber trotzdem für neue Ölbohrungen. Diese seien
notwendig, um die Energiewende im Land zu finanzieren.
Schon während seiner ersten Amtszeiten setzte er auf die Umsetzung von
Großprojekten, auch in Amazonien. Dafür zog er viel Unmut von
Umweltschützer*innen und Indigenenvertreter*innen auf sich.
Die ANP-Generalsekretärin Patricia Baran zeigte sich zufrieden mit der
Auktion. Sie zeige „das Vertrauen der Investoren in das
Explorationspotenzial Brasiliens“. Auch Energieminister Alexandre Silveira
sprach von einer Chance für regionale Entwicklung, Schaffung von
Arbeitsplätzen und Abbau von Ungleichheiten. Kritik kommt von
Indigenenvertreter*innen. Einige organisierten eine Demonstration vor dem
Hotel in Rio de Janeiro, wo die Versteigerung stattfand. Sie nannten es
eine „Weltuntergangsauktion“.
## NGOs üben Kritik
Klara Butz von der deutschen NGO Urgewald, Partnerorgnisation von Arayara,
sagte der taz: „Die Auktion ist ein weiterer Beweis dafür, wie bereitwillig
die großen Öl- und Gaskonzerne um ihres Profits willen jeden Anstand und
jede Verantwortung über Bord werfen.“
Besonders pikant ist dabei: Mehrere Offshore-Förderblöcke liegen in der
Mündung des Amazonas, ein Onshore-Block im Amazonas-Hinterland. Diese
Gebiete befinden sich in ökologisch äußerst sensiblen Gebieten, in der Nähe
indigener Regionen.
Neben der geplanten Ausweitung der Ölförderung sorgen zwei Gesetzesentwürfe
für Aufregung unter Umweltschützer*innen. Beide wurden bereits vom Senat
angenommen, und dürften bald zur Abstimmung in die Abgeordnetenkammer
gehen. Bei einem geht es darum, die Genehmigungsverfahren von kleineren und
mittleren Agrarprojekten bundesweit zu standardisieren, zu vereinfachen und
Genehmigungen für Projekte zu beschleunigen.
Die Initiative stammt aus der Feder von Abgeordneten, die der Agrarlobby
nahestehen und viel Einfluss im Parlament haben. Der derzeitige „Dschungel“
aus rund 27.000 Einzelvorschriften soll beseitigt werden, heißt es. So
sollen Sondergenehmigungen mit verkürzten Schritten möglich sein.
Kritiker*innen befürchten, dass dies Türöffner für umweltfeindliche
Projekte in der Amazonas‑Region sein könnte. „Es ist ein Freipass für
Missbrauch“, kritisiert Julia Büsser, Programmverantwortliche Amazonas bei
der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Schweiz. „Die aktuelle Politik
stellt Brasiliens Ambitionen als Gastgeberin des Klimagipfels COP30
komplett infrage.“
Ein zweiter Gesetzesentwurf könnte die Anerkennung zweier indigener
Schutzgebiete annullieren und den verfassungsmäßig garantierten Prozess für
Landdemarkationen stark schwächen. Umweltgruppen planen im Falle einer
Verabschiedung, das oberste Bundesgericht anzurufen.
18 Jun 2025
## LINKS
[1] /Brasilien/!t5010174
[2] /Autobahn-durch-den-Amazonas-Regenwald/!6073113
## AUTOREN
Niklas Franzen
## TAGS
Weltklimakonferenz
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Brasilien
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