| # taz.de -- Geschichtsrevisionismus im Internet: Der Holocaust als Meme | |
| > Rechte und kommerzielle Accounts leugnen oder verherrlichen den Holocaust | |
| > online. Ein Bericht zeigt, wie groß das Problem ist und was dagegen | |
| > helfen würde | |
| Bild: Gedenken am Jahrestag der Befreiung: Das Konzentrationslager Bergen-Belsen | |
| Offene Holocaust-Leugnung ist in Deutschland verboten. Das wissen auch | |
| extreme und neue Rechte. In den sozialen Medien finden sie trotzdem Wege, | |
| die Geschichte rund um die Shoah zu verzerren. | |
| Die Bildungsstätte Anne Frank hat zu den digitalen Strategien der | |
| Holocaust-Verleugnung, Verharmlosung und Verherrlichung [1][am Dienstag | |
| einen Bericht veröffentlicht]. „Geschichtsrevisionismus ist auf TikTok ein | |
| Massenphänomen“, so eine Mitarbeiterin der Gedenkstätte. Aber auch auf | |
| Instagram und anderen Plattformen sei das Phänomen weit verbreitet. | |
| Dort würden Rechtsextreme Codes und Chiffren nutzen, um eine Löschung ihrer | |
| Beiträge zu umgehen. Ihr Ziel sei es, die Geschichtsbildung junger Menschen | |
| zu manipulieren. Sie verbreiten mit Techno unterlegte Videos von | |
| Hitler-Reden, feiern die [2][Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck] als | |
| „Märtyrerin der Meinungsfreiheit“ oder posten immer wieder Kommentare mit | |
| der Zahl 271k. Eine Referenz zu der Verschwörungsgeschichte, die | |
| Nationalsozialisten hätten „nur“ 271.000 anstatt sechs Millionen Juden | |
| getötet. | |
| ## Rechtsextreme Influencer und AfD-Politiker | |
| Der Bericht nennt zwei Beweggründe, Geschichte im Internet zu verzerren: | |
| Ideologie und Kommerz. Zum einen gebe es die politischen Überzeugungstäter. | |
| Sie verharmlosten den Holocaust, machten sich darüber lustig oder | |
| glorifizierten den Nationalsozialismus, weil sie den Tätern politisch nahe | |
| stünden. Zu dieser Gruppe zählt der Bericht unter anderem rechtsextreme | |
| Influencer und [3][prominente AfD-Politiker wie Maximilian Krah], die | |
| Deutschland von einem „Schuldkult“ befreien wollen. | |
| „Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher“, sagte Krah in einem TikTok-Video | |
| 2023, in dem er junge Menschen dazu auffordert, nachzuforschen, wie ihre | |
| Großeltern „gekämpft und gelitten“ hätten. Die von ebendieser | |
| Großelterngeneration getöteten Juden und andere verfolgte Gruppen erwähnt | |
| er nicht. Als seien die Deutschen die Opfer der Geschichte gewesen, die | |
| sich nie etwas zuschulden kommen ließen und deswegen heute eine stolze | |
| Nation bilden könnten. | |
| ## Verhöhnung von NS-Opfern als Geschäftsmodell | |
| Auf der anderen Seite stünden dem Bericht zufolge Menschen, die den | |
| Holocaust online verhöhnen oder verharmlosen, um daraus Profit zu schlagen. | |
| Inhalte, die besonders viele Reaktionen von Nutzern hervorrufen, werden von | |
| den Algorithmen der Plattformen belohnt und weiter verbreitet. Deswegen | |
| gibt es einen Anreiz, zu provozieren und Grenzen zu überschreiten. So | |
| inszenierten sich Nutzer zum Beispiel als feiernde DJs in Gaskammern. | |
| Aber auch Inhalte, die ohne böse Absicht hochgeladen werden, zum Beispiel | |
| um NS-Opfern zu gedenken oder geschichtliches Wissen zu vermitteln, könnten | |
| instrumentalisiert werden, so die Bildungsstätte. Historische Fakten würden | |
| von KIs oder Laien oft falsch wiedergegeben und Stereotype reproduziert. | |
| ## Gedenkstätte sieht Täter-Opfer-Umkehr bei Posts zum Nahostkonflikt | |
| Vor allem seit dem [4][Angriff der Hamas auf Israel am 07. Oktober 2023] | |
| spiele auch der Nahostkonflikt eine große Rolle in der Geschichtsumdeutung | |
| im digitalen Raum. So würden massiv Inhalte verbreitet, in denen Israel mit | |
| dem NS-Regime gleichgesetzt wird. Ein Meme etwa zeigt einen israelischen | |
| Soldaten, der seine Waffe auf eine Frau mit Kopftuch richtet und im Spiegel | |
| einen Nazi erkennt, der auf einen KZ-Häftling zielt. | |
| Die Gedenkstätte sieht darin eine typische Täter-Opfer-Umkehr, die in | |
| diesem Kontext weitverbreitet sei. „Eine demokratische, | |
| menschenrechtsorientierte Erinnerungskultur verlangt, historische Kontexte | |
| klar zu unterscheiden – ohne dabei das Leid gegenwärtiger Opfer unsichtbar | |
| zu machen“, heißt es in dem Bericht. | |
| ## Forderung nach mehr Bildungsangeboten online | |
| Junge Menschen zeigten ein starkes Interesse an Geschichte und es sei | |
| nachvollziehbar, dass sie sich eine Ansprache im digitalen Raum wünschen. | |
| Diese werde allerdings weitestgehend von den falschen Akteuren geboten. | |
| Um Geschichtsumdeutung entgegenzuwirken, müssten hochwertige | |
| Bildungsangebote auf den sozialen Medien ausgebaut und gleichzeitig | |
| wirksame Sanktionen bei geschichtsverfälschenden Inhalten eingerichtet | |
| werden. Da Meta, der Mutterkonzern von Facebook und Instagram, erst Anfang | |
| des Jahres [5][angekündigt hat, Faktenchecker abzuschaffen], sieht es dafür | |
| allerdings schlecht aus. | |
| 7 May 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bs-anne-frank.de/fileadmin/content/Publikationen/2025_Report_Ho… | |
| [2] /Rechtsextremistin-Haverbeck-ist-tot/!6048883 | |
| [3] /Die-AfD-auf-Tiktok/!6035899 | |
| [4] /7-Oktober---ein-Jahr-danach/!6034819 | |
| [5] /Mark-Zuckerberg-beendet-den-Faktencheck-auf-Instagram-und-Facebook-was-aen… | |
| ## AUTOREN | |
| Alice von Lenthe | |
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