| # taz.de -- Koalitionsverhandlungen und Völkerrecht: Zwischenergebnis „dürf… | |
| > Menschenrechtler fordern die neue Koalition auf, das Völkerrecht zu | |
| > stärken. In einem Brief kritisieren sie unter anderem die Nachsicht mit | |
| > Israel. | |
| Bild: Hat mehrfach angekündigt, den Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu ignori… | |
| Berlin taz | Die Entwürfe zum schwarz-roten Koalitionsvertrag, die in | |
| dieser Woche öffentlich wurden, bleiben „sehr weit hinter einem Schutz der | |
| völkerrechtlichen Ordnung“ zurück. Diese Kritik erhebt das European Center | |
| for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in einem Brief an die | |
| Verhandler*innen, der der taz vorliegt. | |
| Die bisher vorliegenden Vereinbarungen seien „in ihrer inhaltlichen | |
| Dürftigkeit erschreckend“, heißt es in dem Schreiben der | |
| Menschenrechtsorganisation. Die kommende Regierung aus Union und SPD wolle | |
| „offenbar möglichst freie Hand in Fragen menschenrechtlicher Kriterien“. | |
| Das Ergebnispapier der Arbeitsgruppe 12, in den Koalitionsverhandlungen | |
| verantwortlich unter anderem für Außenpolitik und Menschenrechte, enthält | |
| zwar ein Bekenntnis zur „Bewahrung und Weiterentwicklung der regelbasierten | |
| internationalen Ordnung“. Das ECCHR bemängelt allerdings, dass dieser | |
| Vorsatz kaum mit konkreten Maßnahmen untermauert sei. | |
| Aus Sicht der NGO wären unter anderem Gegenmaßnahmen zu den US-Sanktionen | |
| gegen den Internationalen Strafgerichtshof nötig. Im Februar hatte | |
| US-Präsident Donald Trump Einreisesperren [1][gegen Mitarbeiter*innen | |
| des Gerichts und deren Angehörige verhängt]. | |
| Außerdem vermisst das ECCHR im Koalitionspapier Aussagen zur finanziellen | |
| Unterstützung völkerrechtlicher Institutionen oder zur juristischen | |
| Aufarbeitung in Syrien nach dem Sturz der Assad-Diktatur. Es sei | |
| „fahrlässig“, dass die Notwendigkeit und Unterstützung eines | |
| Übergangsprozesses nicht einmal erwähnt würden. Weiter schreiben die | |
| Jurist*innen: „Insbesondere bei schweren Menschenrechtsverletzungen und | |
| schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht muss der Kampf gegen | |
| die Straflosigkeit fortgesetzt werden.“ | |
| ## Waffen für Israel – ein Doppelstandard? | |
| Zudem solle die künftige Bundesregierung „jegliche Doppelstandards im | |
| Bereich der Menschenrechte vermeiden“, insbesondere bei Rüstungsexporten. | |
| „Dies betrifft auch Waffenlieferungen an befreundete Staaten wie Israel, | |
| wenn ein völkerrechtswidriger Einsatz virulent ist.“ Union und SPD hatten | |
| in ihrem Zwischenergebnis festgeschrieben, Israels Sicherheit „auch durch | |
| Rüstungsexporte“ zu unterstützen. Die Union möchte dazu festlegen, dass | |
| Israel bei Rüstungsgütern, die es „für seine eigene Sicherheit braucht“, | |
| keiner Exportbeschränkung unterliege. | |
| Nicht erwähnt wird im Ergebnispapier der Koalitions-AG der Umgang mit dem | |
| Haftbefehl gegen der israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, | |
| den der Internationale Strafgerichtshof erlassen hatte. CDU-Chef Friedrich | |
| Merz hat mehrfach angekündigt, [2][diesen Haftbefehl ignorieren zu wollen]. | |
| „Eine Einladung Netanjahus nach Deutschland unter Zusicherung von Immunität | |
| wäre ein Verstoß gegen das Völkerrecht und deutsches Recht“, schreibt das | |
| ECCHR dazu. | |
| Anerkennung äußert die Organisation immerhin für die schwarz-rote Absicht, | |
| die „bestehende Zuständigkeitslücke zum Verbrechen der Aggression im Statut | |
| des Internationalen Strafgerichtshofs“ zu schließen. Bei Angriffskriegen | |
| und ähnlichen Taten kann das Gericht bislang nur eingeschränkt tätig | |
| werden. Diesen Vorsatz formulierten allerdings nicht die | |
| Außenpolitiker*innen der Koalition in spe, sondern die Innen- und | |
| Rechtspolitiker*innen im Abschlusspapier ihrer eigenen Arbeitsgruppe. | |
| ## Mehr Militär, weniger Entwicklung | |
| Außen- und sicherheitspolitisch dominiert in den Zwischenergebnissen der | |
| Koalitionsverhandlungen ansonsten der Vorsatz militärischer Stärke. Union | |
| und SPD wollen die Verteidigungsausgaben „deutlich und stringent“ steigern. | |
| Strittig ist nur, ob sich CDU und CSU noch mit ihrer Formulierung | |
| durchsetzen, dass die Ausgaben „in Richtung 3,5 Prozent des BIP“ gehen | |
| sollen. | |
| Trotz Trump bleiben die Beziehungen zu den USA für Schwarz-Rot „von | |
| überragender Bedeutung“. Gleichzeitig will man die Unterstützung für die | |
| Ukraine „substanziell stärken und zuverlässig fortsetzen“. Strittig ist d… | |
| Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit: Die Union will das | |
| Entwicklungsministerium streichen und Ausgaben senken, die SPD nicht. | |
| Umgekehrt sträuben sich die Konservativen gegen neue Verstöße zu | |
| Rüstungskontrollvereinbarungen, die die Sozialdemokrat*innen gerne | |
| im Koalitionsvertrag verankern würden. | |
| 28 Mar 2025 | |
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| Tobias Schulze | |
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