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# taz.de -- Migration in die EU: Von der Leyen will Abschiebezentren außerhalb…
> Vor dem EU-Gipfel scheint in der Migrationspolitik alles möglich. Meloni
> und ihre Lager sind eine Vorlage für eine härtere Abschiebepolitik.
Bild: Auf dem Weg zum Lager: Die ersten Migranten aus Italien erreichen den alb…
Brüssel taz | Die Festung Europa nimmt Gestalt an: Kurz vor dem
[1][EU]-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel beginnt, purzeln die letzten
Tabus in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik.
Aufnahmelager außerhalb der EU, mehr und schnellere Rückführungen, neue
Deals mit autokratisch regierten Herkunftsländern und sogar Abschiebungen
nach Syrien: Plötzlich scheint alles möglich. Europas Spitzenpolitiker
machen sich Ideen und Forderungen zu eigen, die bisher nur bei
Rechtspopulisten und EU-Gegnern en vogue waren.
Dabei ist die Migration nur eines von vielen Gipfelthemen. Obenan steht
erneut der Krieg in der Ukraine. Gipfelchef Charles Michel hat Präsident
Wolodymyr Selenskyj nach Brüssel geladen, der seinen „Siegesplan“
vorstellen soll. Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU wollen auch über
die Eskalation im Nahen Osten und über die europäische Wettbewerbsfähigkeit
sprechen.
Doch nichts wird derzeit so heiß diskutiert wie die Flüchtlingspolitik. Das
liegt nicht nur an Deutschland, das Kontrollen an allen Landesgrenzen
eingeführt hat und damit kräftig am Schengen-System der Reisefreiheit
rüttelt. Es liegt auch an Ungarn, den Niederlanden und Polen, die das
Asylrecht aussetzen wollen – und an Italien, das gerade ein Lager in
Albanien eröffnet hat.
## Deal mit Albanien
Die rechtslastige Ministerpräsidentin [2][Giorgia Meloni] hatte bereits
2023 einen Deal mit Albanien ausgehandelt. Demnach soll die Bearbeitung von
Asylanträgen künftig in Albanien erledigt werden. Die Zentren werden nach
italienischem Recht und mit italienischem Personal betrieben.
Das erste Lager liegt auf einem ehemaligen Militärstützpunkt im rund 20
Kilometer vom Hafen Shengjin entfernten Ort Gjader. Am Mittwoch kamen die
ersten Migranten – 16 Männer aus Bangladesch und Ägypten – in Shengjin an.
Ein fragwürdiges Experiment.
Menschenrechtler sprechen von einem „italienischen Guantánamo“. Juristen
verweisen auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs, die Asylverfahren
außerhalb der EU eigentlich nicht zulassen. Doch nun könnte das umstrittene
„Modell“ Schule machen. Italien und Ungarn haben vorgeschlagen, es auf die
gesamte EU auszuweiten und weitere „Return-Hubs“ zu bauen, zum Beispiel in
Afrika.
Beim letzten Treffen der EU-Innenminister nahm die Debatte Fahrt auf.
Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) hatte zwar Vorbehalte, doch sie
sagte nicht Nein. Für solche Pläne werde ein Partnerstaat benötigt, sagt
Faeser. Das halte sie für den „schwierigsten Punkt“. Man solle sich daher
auf strengere Abschieberegeln konzentrieren.
## Schnellere Abschiebungen
Nun hat EU-Kommissionspräsidentin [3][Ursula von der Leyen] (CDU)
geliefert. Sie kündigte einen Gesetzentwurf zur schnelleren Abschiebung von
Migranten an. Von der Leyen sprach sich außerdem für Abschiebezentren
außerhalb der EU „als möglichen Weg vorwärts“ aus. Als Beispiel nannte s…
ausdrücklich das neue Lager in Albanien.
Es gehe darum, „mögliche Wege für die Entwicklung von Rückführungszentren
außerhalb der EU zu erkunden“, schrieb von der Leyen in einem Brief an die
EU-Staaten. Faeser begrüßte den heiklen Vorstoß aus Brüssel. Doch sie will
sich damit offenbar nicht zufriedengeben: Die Bundesregierung macht weiter
Druck.
Neben der „externen Dimension“ müsse auch die interne Umsetzung der
EU-Regeln verbessert werden, heißt es in Berlin. Beim EU-Gipfel will
Bundeskanzler Olaf Scholz deshalb auf die Umsetzung der Dublin-Verordnung
pochen. Das Ziel: Die nach „Dublin“ zuständigen Ankunftsländer sollen
künftig mehr Asylverfahren durchführen und auch verstärkt Asylbewerber aus
Deutschland zurücknehmen.
Gemeint sind vor allem Griechenland und Italien – doch diese Länder
sträuben sich. Auf dem Gipfeltreffen könnte es deshalb Ärger geben. Streit
droht auch über die Frage, ob abgelehnte Asylbewerber künftig wieder nach
Syrien deportiert werden dürfen. Bisher galt dies wegen des Bürgerkriegs
als undenkbar. Doch seit Deutschland begonnen hat, unerwünschte Migranten
nach Afghanistan abzuschieben, ist auch Syrien wieder ein Thema.
## Abkommen mit Tunesien
Diktator Baschar al-Assad wirkt plötzlich irgendwie sympathisch – genau wie
Tunesiens autokratischer Präsident Kais Saied. Mit ihm hatten von der Leyen
und Meloni schon 2023 ein Migrationsabkommen abgeschlossen. Dass in
Tunesien Menschenrechte verletzt und Flüchtlinge in die Wüste geschickt
werden, konnte den Deal nicht verhindern – im Gegenteil: Ihm sollen noch
weitere Drittstaatenabkommen folgen.
17 Oct 2024
## LINKS
[1] /Europaeische-Union/!t5013441
[2] /Giorgia-Meloni/!t5882081
[3] /Ursula-von-der-Leyen/!t5008988
## AUTOREN
Eric Bonse
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