# taz.de -- Neue Migrantenorganisation Polyphon: Der Vielfalt eine Stimme geben | |
> Das neue Netzwerk „Polyphon“ will den Diskurs über Migration auf ein | |
> besseres Niveau heben und migrantischen Perspektiven mehr Gehör | |
> verleihen. | |
Bild: Es gibt eine Vielzahl von migrantischen Stimmen, daher der Name Polyphon.… | |
Berlin taz | Sie wollen die Vielfalt migrantischer Erfahrungen verkörpern, | |
dabei mit einer Stimme sprechen und sich so (mehr) Gehör verschaffen: | |
Mehrere Dutzend Berliner Vereine, Initiativen und Verbände haben das | |
Netzwerk „Polyphon“ gegründet, das am Montag vorgestellt wurde. | |
„Wir wollen das Thema Migration im öffentlichen Diskurs nicht den Rechten | |
überlassen, sondern Migrant:innen selbst zu Wort kommen lassen“, | |
erklärte David Häußer, Koordinator der Öffentlichkeitsarbeit von Polyphon. | |
Es werde immer offenkundiger, dass Rassismus den Diskurs über Migration | |
bestimme, so Diana Henniges von Moabit hilft, eine der drei | |
Sprecher:innen der Initiative. Jedes Problem werde „den Flüchtlingen“, | |
„den Migranten“ in die Schuhe geschoben – und immer kämen dieselben | |
ahnungslosen Politiker zu Wort. „Der Dialog geht an den Leuten vorbei, die | |
Migration ausmachen.“ | |
Der Impuls zur Gründung von Polyphon ging von der Integrationsbeauftragten | |
des Senats, Katarina Niewiedzial, aus. Sie habe Anfang des Jahres im | |
Kontext der Correctiv-Recherchen über die „Remigrationspläne“ der AfD | |
Migra-Organisationen eingeladen, um zu besprechen, ob man nicht aktiver | |
werden müsse, berichtete Häußer. Erstes Resultat sei die | |
„Wählen-wirkt“-Kampagne gewesen, mit der das Bündnis zur Beteiligung an d… | |
Europawahl im Juni aufgerufen habe. Seither hätten sie am Aufbau der | |
Struktur gearbeitet. | |
## 42 Organisationen mit an Bord | |
Das Ergebnis kann man auf [1][polyphon.berlin] besichtigen: 42 | |
Organisationen haben sich bisher der Initiative angeschlossen. Mit dabei | |
sind große Player wie der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB), der | |
Migrationsrat und der Flüchtlingsrat, aber auch kleinere Gruppen wie das | |
Great Africa Network for Women (GANW), das zu Menschenhandel und | |
Zwangsprostitution arbeitet, oder CUSBU: CommUnities First, ein | |
Empowerment-Projekt von und für BIPOC-Geflüchtete. | |
Was sie alle eint, sei die Erfahrung von Diskriminierung und Rassimus, | |
erklärte Henniges. Dies und die zunehmende Diskursverschiebung mache | |
gemeinsames Handeln immer dringlicher. Auf der Website heißt es: „Schärfere | |
Sanktionen, mehr Abschiebungen, mehr Kriminalisierung, Abschottung und | |
Ausgrenzung. Die Verhinderung und Einschränkung von Teilhabe an der | |
Gesellschaft durch rigide Gesetze sind eine Gefährdung für den sozialen | |
Zusammenhalt wie auch ein friedliches Zusammenleben.“ | |
Eine konkrete Forderung von Polyphon an die Berliner Landespolitik ist die | |
Einrichtung einer Art Runden Tisches zur Migration. In anderen | |
Bundesländern, etwa Hamburg, gebe es schon längst „institutionalisierte | |
Runden zum regelmäßigen Austausch der Politik mit Migrationsverbänden“, | |
sagte Henniges. | |
## Sprechfähig machen | |
Ein weiteres Ziel von Polyphon sei, mehr Migrant:innen „sprechfähig“ | |
machen, erklärte Ed Greve vom Migrationsrat, zweiter Sprecher des neuen | |
Bündnisses. Dies geschehe vor allem durch Medientrainings, die schon jetzt | |
vom Migrationsrat angeboten würden. Man wolle aber auch versuchen, | |
gemeinsame Positionen zu „großer Politik“ zu finden, ergänzte Hamid Nowza… | |
vom Verein Iranischer Flüchtlinge als dritter Sprecher von Polyphon. Im | |
anstehenden Bundestagswahlkampf etwa könnte man darüber reden, „wie eine | |
humanistische Außenpolitik aussehen soll“. Es werde sicher nicht immer nur | |
eine Meinung im Bündnis geben, „aber es geht auch darum, die Vielfalt | |
auszuhalten“. | |
Der erste Zusammenschluss dieser Art ist Polyphon nicht. So ist der | |
Migrationsrat, der nun Teil des neuen Bündnisses ist, selbst ein | |
Dachverband diverser Organisationen. Neu sei allerdings, so Greve, dass die | |
Senatsverwaltung für Integration das neue Netzwerk von Beginn an | |
unterstütze, indem sie zwei halbe Stellen für die Koordination bezahle. | |
Zudem wandele sich Migration stetig, daher sei es gut, mit neuen Bündnissen | |
zu reagieren, ergänzte Henniges. „Durch den Ukraine-Krieg zum Beispiel sind | |
wieder neue Flüchtlingsgruppen gekommen. Wir sind ein offenes Netzwerk, das | |
weiter wachsen will.“ | |
18 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] http://polyphon.berlin | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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