| # taz.de -- Flüchtlingsverein von Politik genervt: „Moabit hilft“ verläss… | |
| > Der Berliner Hilfsverein will nicht länger Mieter einer teuren | |
| > Landesimmobilie sein und seine Arbeit künftig ohne physische Anlaufstelle | |
| > fortführen. | |
| Bild: Klienten schauen sich in der Kleiderkammer von „Moabit hilft“ um (Fot… | |
| Berlin taz | Nach monatelangen Verhandlungen über eine Verlängerung des | |
| Mietvertrags hat „Moabit hilft“ die Faxen dicke: Trotz eines verbesserten | |
| Angebots der landeseigenen Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) | |
| beschloss der Verein am Mittwochabend, aus der Turmstraße 90 in Mitte | |
| ausziehen. | |
| Ein Betriebskostenanteil von über 1.000 Euro sei zu hoch, zudem habe die | |
| BIM an ihr Angebot unannehmbare Bedingungen geknüpft, sagte die | |
| Vereinsvorsitzende Diana Henniges am Donnerstag der taz. „Wir verlassen | |
| diesen Ort – aber wir machen weiter.“ Die Beratung und Begleitung von | |
| Flüchtlingen werde fortgesetzt, ebenso die politische Arbeit, mit der man | |
| seit über zehn Jahren „als Stimme der Menschen“ Missstände öffentlich | |
| macht. Die Kleiderkammer und Anlaufstelle müssten allerdings schließen, so | |
| Henniges. | |
| Im März war bekannt geworden, dass die BIM dem Verein [1][zum 1. Juni | |
| gekündigt hat]. Seit zehn Jahren arbeitet „Moabit hilft“ in wechselnden | |
| Räumen auf dem Gelände des Gesundheits- und Sozialzentrums Turmstraße 90. | |
| 2018 lief der Mietvertrag mit der BIM aus und wurde nur noch | |
| „stillschweigend“ verlängert. | |
| Dennoch zahlte der Verein weiter 2.400 Euro Miete für 200 Quadratmeter – | |
| und investierte laut Henniges über 40.000 Euro für die Instandhaltung. Auf | |
| ihre Bitte um Verlängerung des Vertrags habe die BIM sie über vier Jahre | |
| lang hingehalten und dann erklärt, der Verein müsse gehen. Gleichzeitig gab | |
| die BIM zu, es gebe [2][„derzeit noch keinen konkreten Nachnutzer“]. | |
| ## Politischer Druck hat gewirkt | |
| Vor knapp zwei Wochen hatte die BIM laut Henniges plötzlich doch einen | |
| 5-Jahres-Vertrag vorgeschlagen und eine „Kostenmiete“ von rund 1.200 Euro, | |
| vor allem für Betriebskosten. Offenbar hatte der politische Druck seit | |
| Bekanntwerden der Kündigung gewirkt: Im Abgeordnetenhaus hatte sich | |
| Finanzsenator Steffen Evers (CDU), dem die BIM formal untersteht, heftige | |
| Kritik von Linken und Grünen anhören müssen, die öffentliche Empörung in | |
| den sozialen Medien war groß. | |
| Dass die BIM sich auf „Moabit hilft“ zubewegte, brachte noch einmal | |
| Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen. Doch am Ende war das Angebot | |
| für eine Mehrheit der zwölf stimmberechtigten Vereinsmitglieder nicht gut | |
| genug. Vor allem habe sie die Bedingung gestört, „dass wir sämtliche | |
| Rechnungen und Kontoauszüge zu unseren Renovierungsausgaben vorlegen – um | |
| diese mit dem reduzierten Mietpreis gegenrechnen und so die Unterstützung | |
| formell legitimieren zu können“, so Henniges. | |
| Dies hätte die Unabhängigkeit des Vereins gefährdet, befanden die | |
| Mitglieder. „Unsere Unabhängigkeit – gerade im Umgang mit Mitteln und | |
| Ressourcen – ist ein grundlegender Bestandteil unserer Arbeit.“ | |
| Es habe zuletzt sogar mehrere Angebote von Privaten für gute Räume gegeben, | |
| so Henniges, aber man wolle überhaupt keine größeren Immobilien mehr | |
| anmieten und hohe finanzielle Verpflichtungen eingehen. „Wir wollen nicht | |
| mehr jedes Jahr mühsam tausende Euro Spenden sammeln müssen nur für Miete, | |
| während wir strukturelle Arbeit für diese Stadt leisten.“ | |
| ## Ehrenamtliche Arbeit unter schweren Bedingungen | |
| Bei „Moabit hilft“ arbeiten laut Henniges neun Menschen in der Sozial- und | |
| Asylverfahrensberatung, die meisten schon länger im Homeoffice oder | |
| punktuell in Co-Working-Spaces. Die Berater, auch Henniges selbst, bekommen | |
| vom Verein lediglich eine Aufwandsentschädigung und müssen alle „nebenher“ | |
| Jobs machen. Weitere Mitglieder, vor allem ehemalige Flüchtlinge, betreuen | |
| ehrenamtlich Geflüchtete in den Unterkünften, begleiten sie teilweise über | |
| Jahre. | |
| Der Sprecher der Grünen-Fraktion für Sozialpolitik, Taylan Kurt, nannte die | |
| Entscheidung, die Räume aufzugeben, „traurig für das solidarische Berlin“. | |
| Dies passe zur Entwicklung der vergangenen zwei Jahre unter Schwarz-Rot, | |
| schrieb er auf X: „Geflüchteten wird das Leben so schwer wie möglich | |
| gemacht, (…) und die Arbeit von Initiativen für Geflüchtete wird | |
| stiefmütterlich behandelt“. | |
| Auch die flüchtlingspolitische Sprecherhin der L inksfraktion, Elif Eralp, | |
| sieht den Senat in der Verantwortung, „der viel zu spät reagiert und über | |
| die BIM erst jetzt Angebote an Moabit hilft gemacht hat“, obwohl sie und | |
| andere schon im Sommer letzten Jahres den Senat auf die Situation hinwiesen | |
| und um Lösungen für den wichtigen Verein gebeten hätten. „Es ist | |
| dramatisch, dass Moabit hilft nun seine Räume verlassen muss und die | |
| wichtige Arbeit für Geflüchtete stark geschwächt wird.“ | |
| 22 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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