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# taz.de -- Moabit hilft: Genug abgestrampelt
> „Moabit hilft“ beschließt zu Recht Auszug aus der Turmstraße 90. Der
> Senat hätte dem Verein Anerkennung zollen und ihn finanziell unterstützen
> müssen.
Bild: Diana Henniges, Gründerin und Vorstand vom Moabit hilft e.V
Die Entscheidung von „Moabit hilft“, [1][keine teuren Immobilien mehr
mieten zu wollen, um die eigene Unabhängigkeit bewahren zu können], ist
hart – aber nachvollziehbar. Hart, weil der Stadt nun eine wichtige
Anlaufstelle wegbricht, bei der Bedürftige eine stets gut sortierte
Kleiderkammer vorfanden und auf tatkräftige Hilfe in Sozialrechts- und
Asylfragen rechnen konnten. Zwar soll letzteres weitergehen, die Hotline
bleibt bestehen, Klienten werden auch künftig beraten und begleitet. Aber
der niedrigschwellige Zugang, der physische Ort der Solidarität, wird
fehlen.
Nachvollziehbar ist der am Mittwoch von den Vereinsmitgliedern nach langer
Diskussion beschlossene Auszug aus der Turmstraße 90 insofern, als auch das
größte Engagement irgendwann an seine Grenzen stößt. Seit über 10 Jahren
ist die Moabiter Gruppe ein unermüdlicher Ausputzer von Problemen, die
durch [2][unsoziale und flüchtlingsfeindliche Politik] sowie
Behördenversagen entstehen. Die Ehrenamtlichen verhelfen Ratsuchenden zu
ihrem Recht, besorgen Unterkünfte, Geld, was immer gebraucht wird – kurz:
sie geben den Schwächsten der Gesellschaft Rat und Hilfe, wo der Staat es
nicht tun will oder kann.
Auf der politischen Ebene legen die führenden Vereinsvertreter zugleich
immer wieder den Finger in die Wunde und kämpfen für Einsicht bei den
Verantwortlichen und strukturelle Verbesserungen. Das macht Leute wie Diana
Henniges in den Augen von Politikern vermutlich zu ziemlich unbequemen und
nervigen Gesprächspartnern, auf die man dennoch angewiesen ist, weil sie
sich halt auskennen – zumindest, wenn man den Anspruch, dass Berlin eine
soziale und weltoffene Stadt sein sollte, nicht völlig aufgegeben hat.
Und so sollte das eigentlich sein in einer demokratischen Gesellschaft:
dass kritische Bürger, wie sie bei „Moabit hilft“ versammelt sind, Raum und
Anerkennung bekommen, gerade von jenen Institutionen, die sie kritisieren.
Doch das Wissen, dass dies zu einer Demokratie dazugehört, scheint bei
manchen etwas verloren gegangen zu sein, wie man zuletzt an der Kampagne
der CDU gegen staatliche Unterstützung für kritische NGOs sehen konnten.
„Moabit hilft“ bekommt noch nicht einmal staatliches Geld, der Verein
finanziert sich allein für Spenden – aus genau diesem Grund: Man will
unabhängig von Staatskohle sein und bleiben. Dennoch hätte der Senat den
Leuten von „Moabit hilft“ schon längst Anerkennung zollen können und soll…
für die geleisteten Dienste an der Stadt – etwa indem er kostengünstig
Räume bereitstellt. Wofür hat man schließlich landeseigene Liegenschaften,
wenn nicht für gute Zwecke?
Aber natürlich muss im [3][durchkapitalisierten] Staat alles Profit
bringen, auch ein landeseigener Betrieb wie die Berliner Immobilien GmbH
(BIM), der bisherige Vermieter von „Moabit hilft“ in der Turmstraße 90. Ein
politisches Signal seitens des Senats, dass der BIM mehr Großzügigkeit
gegenüber dem Verein erlaubt hätte, ist daher ausgeblieben.
Von Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) war die ganze Zeit nichts zu
hören, obwohl sie schon im vorigen Sommer von der Linkspartei-Abgeordneten
Elif Eralp und anderen auf das Mietproblem aufmerksam gemacht wurde. Und
wenn nicht einmal sie sich kümmert, ist es kein Wunder, dass der
CDU-Finanzsenator als Oberaufseher über den Immobilienbetrieb die
Brieftasche zulässt.
Natürlich hätten die Leute von „Moabit hilft“ den ignoranten Senat
ihrerseits ignorieren und sich weiterhin abstrampeln können, um jährlich
tausende Euro Spenden allein für die Miete aufzutreiben. Aber wie gesagt:
Irgendwann ist es mal gut.
23 May 2025
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## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Moabit hilft
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Wochenkommentar
Flüchtlingspolitik
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