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# taz.de -- Straftäter nach Afghanistan abschieben: Scholz' Aktionismus
> Die Regierung tut etwas – so soll es klingen. Doch Scholz’ Ankündigung,
> den Attentäter von Mannheim nach Afghanistan abzuschieben, ist völlig
> hohl.
Bild: Gedenken im Bundestag an den getöteten Polizisten in Mannheim
Ein aus Afghanistan Geflohener hat in Deutschland einen Polizisten getötet.
In Süddeutschland überschwemmen Fluten Städte. Das ist beunruhigend. Die
fast reflexhafte Antwort von Politikern ist es, sich mit angemessen
besorgter Miene und wasserdichtem Schuhwerk neben Feuerwehrleuten vor
Hochwasser fotografieren zu lassen. Und in Sachen Kriminalität jetzt
wirklich mal hart durchzugreifen.
Dass der Kanzler Sicherheit in den Fokus seiner Regierungserklärung rückt,
ist drei Tage vor den Europawahlen naheliegend. Scholz ist kein Liberaler.
Er kann bei Bedarf jederzeit den Law-and-Order-Mann geben. [1][Der
Attentäter von Mannheim müsse abgeschoben werden, so die Ansage des
Kanzlers.] Täter würden künftig auch nach Afghanistan und Syrien außer
Landes geschafft. Null Toleranz. Außerdem werde das Strafrecht verschärft.
Das übliche Ritual.
Die Regierung tut etwas – dieses Signal soll beruhigen. Dabei wird
nonchalant übergangen, dass nicht sicher ist, ob Suleiman A. eher ein
psychotischer oder ein politischer Täter ist. Scholz’ Ankündigung, ihn nach
Afghanistan abzuschieben, klingt entschlossen – und ist völlig hohl. Laut
Legalitätsprinzip wird Suleiman A. in Deutschland der Prozess gemacht und
er wird hier seine wahrscheinlich lange Haftstrafe absitzen. Außerdem darf
laut Genfer Flüchtlingskonvention und europäischer Menschenrechtskonvention
niemand in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Folter oder Verfolgung
drohen. Wenn der Kanzler, immerhin Jurist, seine Ankündigungen ernst meint,
hebelt er nebenbei Rechtsstaat und Menschenrechtskonvention aus.
Wahrscheinlicher ist, dass die Ampel Gesetze verschärft, die in der Praxis
kaum angewandt werden. Der Malus dieses ganzen Aktionismus ist, wie schon
[2][bei Scholz’ Ankündigung, „im großen Stil abzuschieben]“, dass damit
falsche Erwartungen enttäuscht werden. Schnelle Sicherheitsversprechen
suggerieren Tatkraft, haben aber etwas Hochstaplerisches. Ein
beklagenswertes Resultat dieses Aktionismus ist, dass die Ampel wirklich
vorschlägt, afghanische Straftäter in irgendein anderes Land in der Nähe
abzuschieben, weil man leider keine diplomatischen Beziehungen zu Kabul
hat. Hauptsache, man tut irgendetwas.
## Es gibt kein Recht auf Sicherheit
Es gibt im Grundgesetz kein Recht auf Sicherheit. Totale Sicherheit ist das
Versprechen von Diktaturen. Tatsache ist: Keine Strafrechtsverschärfung und
kein Sicherheitsapparat hätte die Tat von Suleiman A., einem politisch
unauffälligen Familienvater, verhindern können. Unsicherheiten gehören zu
offenen Gesellschaften. Politiker, die das Gegenteil suggerieren, arbeiten
mit ungedeckten Schecks. Das rächt sich meistens.
6 Jun 2024
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/scholz-abschiebungen-afghanis…
[2] https://mediendienst-integration.de/artikel/im-grossen-stil-abschieben.html
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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