| # taz.de -- Ampel verschärft Disziplinarrecht: Hetzer sollen schneller aus dem… | |
| > Die Regierung will ein härteres Disziplinarrecht, um Verfassungsfeinde | |
| > aus dem Staatsdienst zu entfernen. Experten äußern Bedenken. | |
| Bild: „Wer den Staat ablehnt, kann ihm nicht dienen“, sagt Bundesinnenminis… | |
| Berlin taz | Die Chatgruppe „Itiotentreff“ der fünf Polizeikräfte des | |
| [1][1. Frankfurter Reviers] flog bereits im Herbst 2018 auf: Vulgär zogen | |
| die Beamten dort über Juden, Geflüchtete und Menschen mit Behinderung her. | |
| Die Staatsanwaltschaft ermittelte, der Gruppe wurde der Dienst untersagt. | |
| Ein Gerichtsprozess ist indes bis heute offen. Und ihre Bezüge erhalten die | |
| Polizist*innen weiterhin. | |
| Die Chatgruppe war [2][im Zuge der Ermittlungen zur NSU-2.0-Drohserie | |
| aufgeflogen]. Und sie war einer der Auslöser, weshalb die Ampel und | |
| Innenministerin Nancy Faeser (SPD) das Disziplinarrecht verschärfen wollen. | |
| Ein anderer waren die [3][Reichsbürger-Razzien vor einem Jahr], von denen | |
| auch eine Richterin und Polizeibeamte betroffen waren. Im Februar legte | |
| Faeser einen entsprechenden Gesetzentwurf vor, am Freitag soll er nun final | |
| den Bundestag passieren. | |
| Bislang dauern Disziplinarklagen im Schnitt vier Jahre – bei zumeist | |
| laufenden Bezügen. Das soll nun beschleunigt werden. Mit der Reform sollen | |
| Behörden durch einen Verwaltungsakt Sanktionen oder Entlassungen erst mal | |
| selbst vornehmen können – die erst im Anschluss gerichtlich überprüft | |
| werden. Die Unschuldsvermutung gelte bis dahin weiter, versichert der | |
| Gesetzentwurf. | |
| Auch soll, wer wegen einer Volksverhetzung zu 6 Monaten Freiheitsstrafe | |
| oder mehr verurteilt wurde, künftig automatisch seine Beamtenrechte | |
| verlieren. Bisher galt dies ab einem Jahr. Die rückwirkende Ahndung von | |
| Dienstvergehen wird von maximal sieben auf acht Jahre erhöht. | |
| ## Faesers Gesetzentwurf wurde nachgeschärft | |
| Die Abgeordneten der Ampelparteien [4][schärften Faesers Gesetzentwurf auch | |
| in anderen Punkten nach]: Auch eine passive Mitgliedschaft in einer | |
| verbotenen Partei oder Vereinigung wird nun in der Regel als schweres | |
| Dienstvergehen gewertet, was zum Rauswurf führen soll. Bisher war dies | |
| nicht zwingend. | |
| Auch Fälle wie die des 2018 in den Ruhestand versetzten | |
| Verfassungsschutzchefs [5][Hans-Georg Maaßen] sollen strenger geahndet | |
| werden. Politische Beamte im Ruhestand, die theoretisch in den Dienst | |
| zurückkehren dürfen, müssen sich jetzt aktiv zur Verfassungstreue bekennen. | |
| Auch müssen sie, wenn sie in sicherheitsrelevanten Bereichen tätig waren, | |
| nun fünf Jahre lang nach Ausscheiden jede Erwerbstätigkeit anzeigen. Wenn | |
| es um Jobs bei „fremden Mächten“, also anderen Ländern geht, müssen diese | |
| aktiv genehmigt werden. | |
| „Rechtsradikale Chats bei der Polizei, putschwillige Richterinnen und | |
| demokratiefeindlich agierende ehemalige Verfassungsschützer sind mit ihrem | |
| Wissen und Zugang zu Waffen ein Sicherheitsrisiko“, sagte der | |
| Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich der taz. Das Vertrauen in den Staat | |
| werde dadurch „massiv erschüttert“. Mit dem Gesetz schärfe man Regelungen | |
| nach, „die unseren Staat wehrhafter machen“. Es sei „absurd“, dass ein | |
| Beamter, der etwa Mitglied [6][der verbotenen Hammerskins] sei, bisher | |
| nicht sicher dienstrechtlich belangt wurde. | |
| Auch Faeser hatte erklärt, „wer den Staat ablehnt, kann ihm nicht dienen“. | |
| Die Union kritisiert dagegen, dass die Ampel mit den Sanktionen via | |
| Verwaltungsakt einen „verfassungs- und dienstrechtlichen Konsens in Bund | |
| und Ländern brechen“ würde. Auch fehlten präventive Maßnahmen sowie | |
| Möglichkeiten zur Rehabilitation bei falschen Beschuldigungen. | |
| ## Hetzer sollen auch aus der Bundeswehr fliegen | |
| Ebenfalls am Freitag soll der Bundestag eine schnellere Entfernung von | |
| [7][Extremist*innen aus der Bundeswehr] beschließen. Auch dies könnte | |
| dann via Verwaltungsakt geschehen, wenn die Betroffenen bereits mehr als | |
| vier Jahre im Dienst sind und in „schwerwiegender Weise“ | |
| verfassungsfeindlich auffällig wurden. | |
| Bei einer Befragung am Montag im Bundestag warnten Experten davor, dass der | |
| Rechtsschutz von Betroffenen untergraben und die Unschuldsvermutung | |
| „ausgehebelt“ werden könnte. Die Ampel betont im Gesetzentwurf dagegen, es | |
| sei „nicht hinzunehmen“, dass verfassungsfeindliche Soldat*innen wegen | |
| langwieriger Disziplinarverfahren jahrelang im Amt blieben und Bezüge | |
| erhielten. Dies beeinträchtigen das „innere Gefüge der Streitkräfte | |
| nachhaltig“. | |
| Im Fall der Frankfurter Polizeibeamten werden die Gesetze nichts nützen: | |
| Sie gelten nicht rückwirkend. Von den fünf Beamten, die in der Chatgruppe | |
| aktiv waren, bekommen vier, trotz untersagter Dienstgeschäfte, weiter ihr | |
| volles Gehalt. In einem Fall wurden die Bezüge um 40 Prozent gekürzt. | |
| Einen Prozess gegen die Beamten hatte das Landgericht im Frühjahr | |
| abgelehnt: Da diese nur in einer geschlossenen Chatgruppe schrieben, seien | |
| ihre Nachrichten keine Volksverhetzung, die eine größere Öffentlichkeit | |
| brauche. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Beschwerde eingelegt – über | |
| die bis heute nicht entschieden ist. | |
| Gegen zwei der Beamten, Johannes S. und Miriam D., ermittelt die | |
| Frankfurter Staatsanwaltschaft indes weiterhin auch wegen der | |
| NSU-2.0-Drohserie, wie ein Sprecher der taz bestätigte. Bei beiden wird | |
| geprüft, ob sie auch am ersten Drohschreiben an die Frankfurter Anwältin | |
| Seda Başay-Yıldız beteiligt gewesen sein könnten. Hierfür war bereits | |
| [8][ein 54-Jähriger aus Berlin verurteilt worden]. Weil es zuvor aber | |
| auffällige Datenabfragen zu Başay-Yıldız auf dem Frankfurter Polizeirevier | |
| gab, hält sich der Verdacht, dass auch dortige Polizisten an dem Schreiben | |
| beteiligt gewesen sein könnten. | |
| 15 Nov 2023 | |
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| [7] /Rechtsextreme-bei-Polizei-und-Bundeswehr/!5854519 | |
| [8] /Rechte-Drohserie-NSU-20/!5892469 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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