# taz.de -- Disziplinarrecht soll verschärft werden: Angemessen und verhältni… | |
> Die Innenministerin will extremistische Beamt:innen schneller | |
> loswerden. Das ist keine Rückkehr zu den Berufsverboten der 1970er Jahre. | |
Bild: Nancy Faseser will extremistische Beamt:innen scheller aus dem Staatsdien… | |
Innenministerin Nancy Faeser hat schon einen Gesetzentwurf in der | |
Schublade. [1][Sie will extremistische Beamt:innen schneller aus dem | |
öffentlichen Dienst entfernen.] So will sie auf die bekannt gewordenen | |
Umsturzpläne aus dem Reichsbürgermilieu reagieren, an denen auch | |
Polizist:innen, Soldaten und eine Richterin beteiligt waren. Früher – als | |
es noch vor allem um linke Lehrer:innen und Briefträger:innen ging – | |
hätte man gesagt: Faeser will Berufsverbote erleichtern. | |
Für die konkreten Fälle ist die Verschärfung wohl kaum erforderlich. Wer | |
sich an einer terroristischen Vereinigung beteiligt, eventuell sogar an | |
einem Hochverrat, wird natürlich auch jetzt schon aus dem öffentlichen | |
Dienst entfernt. Es geht eher um die Fälle im Vorfeld: Beamt:innen, die | |
sich zunehmend radikalisieren. Und es geht um das Vertrauen der | |
Öffentlichkeit. Wir sollen uns darauf verlassen können, dass | |
Polizist:innen und Lehrer:innen im Staatsdienst die Menschen nicht | |
gedanklich nach völkischen Kriterien sortieren. | |
Der Kern von Nancy Faesers Vorschlag: Nach schweren Dienstvergehen sollen | |
Beamt:innen von den Behörden selbst aus dem Beamtenverhältnis entfernt | |
werden können. Bisher konnte die Disziplinarbehörde nur einen Antrag | |
stellen, und die Entscheidung darüber traf ein unabhängiges | |
Verwaltungsgericht. | |
Es geht hier also gar nicht so sehr um den Schutz der Bürger:innen. Denn | |
vorläufig suspendieren kann man verdächtige Beamt:innen auch heute | |
schon. Es geht hier vor allem um Beschleunigung. Der Staat soll schneller | |
klarstellen, wer den Beamtenstatus verwirkt hat, weil er nicht voll hinter | |
dem universellen Wert der Menschenwürde, hinter den Prinzipien von | |
Demokratie und Rechtsstaat steht. Das ist sinnvoll. Bisher dauerte es oft | |
unerträglich lang, bis ein erstes konkretes Ergebnis feststand. | |
Faesers Modell ist nicht völlig neu. In Baden-Württemberg wird schon seit | |
2008 so verfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat die | |
baden-württembergische Praxis auch schon geprüft und 2020 akzeptiert – weil | |
der geschasste Beamte oder die Beamtin ja anschließend selbst gegen seine | |
oder ihre Entlassung klagen kann. Selbst CDU/CSU und FDP dürften gegen den | |
Vorschlag Faesers wohl keine Einwände haben. Denn sie haben 2008 in | |
Baden-Württemberg gemeinsam regiert. | |
Es ist dabei wichtig festzustellen, dass es sich hier eben nicht um eine | |
Beweislastumkehr handelt, wie Ministerin Faeser einmal in einer | |
ungeschickten und missverständlichen Äußerung nahelegte. Es geht lediglich | |
um eine Änderung im Verfahrensablauf. Auch künftig muss der Staat beweisen, | |
dass der Beamte nicht (mehr) verfassungstreu ist. Es wird auch keine | |
Regelabfrage beim Verfassungsschutz eingeführt. | |
Eine Rückkehr zu den Berufsverboten der 1970er Jahre ist also bislang – und | |
zu Recht – nicht geplant. Auch wenn es heute vor allem gegen | |
Rechtsextremist:innen geht, sollte der Staat immer die | |
Verhältnismäßigkeit beachten. | |
13 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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