# taz.de -- Nächster Schritt zur Klinikreform: Der Krankenhaus-Atlas kommt | |
> Gute oder schlechte Klinik? Gesundheitminister Lauterbachs | |
> Transparenzgesetz soll den Weg für die Veröffentlichung von | |
> Qualitätsdaten öffnen. | |
Bild: Komplizierte Eingriffe sollen nur in gut ausgestatteten Kliniken stattfin… | |
BERLIN taz/dpa | Rund 1.700 Krankenhäuser gibt es in Deutschland, und | |
Gesundheitsexpert*innen wissen: Die Qualitätsunterschiede in den | |
Kliniken sind enorm. Das Bundesgesundheitsministerium hat nun einen | |
Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, mit dem diese Unterschiede sichtbar | |
gemacht werden sollen für Patient*innen und ihre Angehörigen. Ab April | |
nächsten Jahres soll ein interaktiver Atlas im Internet darstellen, welche | |
Klinik welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet. | |
Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett mit dem | |
Krankenhaustransparenzgesetz die Grundlage dafür. Es soll die Kliniken | |
verpflichten, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) die | |
notwendigen Angaben für den Krankenhaus-Atlas zu übermitteln. Das betrifft | |
etwa die technische und fachliche Ausstattung, die Häufigkeit | |
durchgeführter Eingriffe und aufgetretener Komplikationen sowie den | |
Ärzt*innen- und Pflegekräfteschlüssel. Krankenhäusern drohten „empfindlic… | |
Strafen“, wenn sie keine oder falsche Angaben lieferten, so | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). | |
Das Gesetz ist Teil der großen Krankenhausreform, mit der Lauterbach mehr | |
Qualität und weniger Bürokratie in den Krankenhäusern erreichen will. Das | |
deutsche Krankenhaussystem [1][verschlingt zwar im internationalen | |
Vergleich überdurchschnittlich viel Geld], die Qualität liegt aber | |
insgesamt nur im Mittelfeld. Zudem straucheln viele Kliniken | |
wirtschaftlich, der Personalmangel übt zusätzlichen Druck aus. | |
Ein [2][Ziel der Krankenhausreform] ist daher, dass komplizierte Eingriffe | |
nur in technisch und personell entsprechend ausgestatteten Kliniken | |
stattfinden. Dafür soll die Finanzierung von Krankenhausleistungen | |
umstrukturiert werden – um die Details kämpfen der Bund und die für die | |
Krankenhausplanung und Investitionskostenfinanzierung zuständigen Länder | |
seit Monaten. | |
## Länder müssen Transparenzgesetz nicht zustimmen | |
Für die [3][Qualitätssicherung ist der Bund dagegen allein zuständig] – die | |
Bundesländer müssen dem Krankenhaustransparenzgesetz Lauterbach zufolge | |
nicht zustimmen. Sonst hätte das Gesetz auch schlechte Chancen: Schon im | |
Vorfeld sprachen sich mehrere Bundesländer – allen voran Bayern – dagegen | |
aus. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) kritisierte es am | |
Mittwoch als voreilig, Qualitätsdaten bereits vor der eigentlichen | |
Krankenhausreform zu veröffentlichen. | |
Für Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne) ist es bezeichnend, dass | |
„die lauteste Kritik an einem Transparenzgesetz ausgerechnet aus den | |
Bierzelten kommt, wo doch in Bayern der größte Reformbedarf für die | |
Kliniken besteht.“ Laut Dahmen würden 9 von 10 Kliniken in Bayern | |
inzwischen rote Zahlen schreiben. Und: „Es ist offensichtlich, dass | |
zentrale Probleme der Krankenhausversorgung in Deutschland überhaupt erst | |
entstehen konnten, weil uns der Überblick zu einheitlichen Vergleichszahlen | |
und Qualitätsparametern fehlt“, so der Grünen-Politiker gegenüber der taz. | |
Mit dem Gesetz werde man Patient:innen in die Lage versetzen, selbst zu | |
entscheiden, wo sie am besten behandelt werden möchten. | |
„Die Transparenz wird von vielen nicht gewünscht“, sagte Lauterbach bei der | |
Vorstellung des Gesetzentwurfs und bezog sich damit auch auf den Widerstand | |
aus Ärzteschaft und Kliniken. „Ethisch bedenklich“ sei das Argument, | |
Qualitätsdaten dürften nicht veröffentlicht werden, weil die | |
Patient*innen die Kliniken mit schlechter Bewertung sonst meiden. „Da | |
müssen wir uns doch fragen: Wären wir bereit, uns selbst dort behandeln zu | |
lassen, oder unsere Familie“, so der Gesundheitsminister. Der Klinik-Atlas | |
solle auch der [4][kommunalen Krankenhausplanung ermöglichen, ihre | |
Investitionen an den Qualitätskriterien auszurichten] und damit dem Ziel | |
der Krankenhausfinanzierungsreform vorgreifen. | |
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, begrüßte | |
die Transparenzoffensive – warnte aber zugleich vor unerwünschten Effekten: | |
Bei älteren Patienten gebe es im Krankenhaus oft mehr Komplikationen und | |
eine höhere Sterblichkeit – was sich negativ auf die Leistungsbilanz eines | |
Krankenhauses auswirken könne. Der Gesetzgeber müsse deshalb „verhindern, | |
dass jüngere, erfolgversprechende Patienten bevorzugt behandelt werden“. | |
13 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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