# taz.de -- Reform der Rettungsmedizin: Dringender Behandlungsbedarf | |
> Eine Regierungskommission hat Reformvorschläge für die Rettungsmedizin | |
> vorgelegt. Das Schulfach Erste Hilfe ist auch vorgesehen. | |
Bild: Notaufnahme Berlin | |
Wer in Deutschland die 112 anruft, hofft auf schnelle und kompetente Hilfe. | |
Und bekommt sie meistens auch. Doch das Versprechen der Rettungsmedizin | |
bröckelt wie das gesamte Gesundheitssystem: Immer mehr Patient*innen, | |
überlastetes Personal, ein uneinheitliches System mit falschen | |
Finanzierungsanreizen. Am Donnerstag stellten die vom | |
Bundesgesundheitsministerium beauftragte Regierungskommission und | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Empfehlungen [1][für eine | |
Reform der Rettungsmedizin] vor. | |
Nach einem leichten Rückgang in den Pandemiejahren 2020 und 2021 meldeten | |
viele Regionen eine Rekordzahl an Rettungseinsätzen im Jahr 2022. Insgesamt | |
steigt die Zahl seit Jahrzehnten kontinuierlich an. | |
Dass viele der Einsätze keine echten Notfälle sind und aufgrund | |
finanzieller Fehlanreize trotzdem in den überlasteten und personell | |
ausgelaugten Krankenhäusern landen, ist ein Kern des Problems – Ende 2022 | |
warnte das [2][von Akteur*innen der Notfallmedizin gegründete Bündnis | |
Pro-Rettungsdienst] vor einem Zusammenbrechen des Systems der | |
Notfallrettung. Im Herbst und Winter 2022 [3][berichteten Ärzt*innen von | |
kaum zu ertragenden Zuständen] in der Kindernotfallversorgung – und warnen | |
jetzt vor ähnlichen Szenarien in der bevorstehenden Krankheitssaison. | |
„Das System leidet vor allem an den zersplitterten Zuständigkeiten und den | |
Partikularinteressen der beteiligten Akteure“, heißt es in einer [4][Studie | |
zur Situation zur deutschen Notfallversorgung], die ebenfalls Ende 2022 | |
erschien – in Auftrag gegeben von der Bertelsmann-Stiftung und durchgeführt | |
von Gesundheitswissenschaftler*innen der Universität Maastricht. | |
Über 200 Rettungsleitstellen gibt es in Deutschland und rund 300 Träger der | |
Rettungsdienste. Einheitliche Standards gibt es nicht, sondern große | |
regionale Unterschiede. | |
## Vor allem einheitliche Vorgaben im Blick | |
In [5][einer Stellungsnahme im Februar 2023] hatte die Regierungskommission | |
bereits den Aufbau integrierter Notfallzentren an den Kliniken und ein | |
neues telefonisches Leitsystem empfohlen. Damit sollen Patient*innen | |
stärker als bisher nach Dringlichkeit und Art der notwendigen Behandlung | |
sortiert werden – und damit weniger Patient*innen in den Notaufnahmen | |
landen. | |
Der aktuelle Reformvorschlag nimmt nun vor allem einheitliche Vorgaben für | |
den Rettungsdienst in den Blick: So sollen die Leistungserbringung künftig | |
in einer eigenständigen Norm im Sozialgesetzbuch geregelt und einheitliche, | |
länderübergreifende Qualitätsstandards festgelegt werden. | |
Die Zahl der Rettungsleitstellen soll reduziert werden und ein digitales | |
Echtzeitregister die Patientenströme lenken helfen. Die Qualifikation und | |
Befugnisse der Notfallsanitäter*innen sollen so weit erweitert | |
werden, dass nur noch in sehr komplexen Fällen Notärzt*innen zum Einsatz | |
kommen. Die Luftnotrettung soll – vor allem in ländlichen Regionen – | |
ausgebaut werden. Schließlich soll die allgemeine Notfallkompetenz in der | |
Bevölkerung gestärkt werden. Die Kommission empfiehlt dafür unter anderem | |
ein Schulfach „Erste Hilfe“. Lauterbach will die Überlegungen der | |
Kommission nun in seine „Reformpläne einfließen lassen“. | |
7 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K… | |
[2] https://pro-rettungsdienst.org/ | |
[3] /Ueberlastete-Kinderkliniken/!5904378 | |
[4] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/notfal… | |
[5] /Reformvorschlaege-fuer-Krankenhaeuser/!5912574 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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