Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pläne von Karl Lauterbach: Einigung bei Krankenhausreform
> Nach zähem Ringen haben fast alle Bundesländer den Eckpunkten für die
> Klinikreform zugestimmt. Offen bleibt, wer die nötigen Investitionen
> finanziert.
Bild: Für Karl Lauterbach eine „Revolution“: die Krankenhausreform
Berlin taz | Sie haben sich tatsächlich geeinigt: Am Montagnachmittag
präsentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im
Einvernehmen mit fast allen Bundesländern und den Regierungsfraktionen die
[1][Eckpunkte zur Krankenhausreform]. Dem vorausgegangen war ein zähes und
monatelanges Ringen zwischen Bund und Ländern um Inhalte und Kompetenzen.
Im Dezember hatte eine vom Bundesgesundheitsministerium beauftragte
Expert*innenkommission einen Entwurf für eine Krankenhausreform
vorgelegt. Dass diese dringend notwendig ist, darüber sind sich alle
Beteiligten in Politik und Medizin einig. Schon jetzt müssen immer wieder
Abteilungen oder ganze Kliniken schließen – auch weil Fachkräfte fehlen.
Mindestens ein Fünftel der Krankenhäuser gilt als insolvenzgefährdet.
Expert*innen warnen vor einem [2][„kalten Kliniksterben“].
Außerdem gibt Deutschland zwar besonders viel Geld für besonders viele
Krankenhausbehandlungen aus, die Qualität ist im europäischen Vergleich
aber nur Mittelmaß. Karl Lauterbach versprach eine Revolution – vor allem
in Sachen Qualität. Nun haben sich Länder und Bund auf folgende Inhalte
geeinigt:
Die Finanzierung soll künftig an Qualitätskriterien geknüpft werden. Dafür
werden einheitliche Leistungsgruppen mit Mindestvoraussetzungen – wie
Anzahl der jährlichen Behandlungen, technische und personelle Ausstattung –
definiert. Das soll dafür sorgen, dass komplexe Behandlungen – etwa bei
Krebs, Schlaganfällen oder künstlichem Gelenkersatz – anders als bisher nur
in entsprechend ausgestatteten und erfahrenen Krankenhäusern erbracht
werden.
Dies wird auch zur Zusammenlegung oder Schließung von Abteilungen oder
ganzen Krankenhäusern führen, wie vor allem die Deutsche
Krankenhausgesellschaft und einzelne Bundesländer zuvor kritisierten. Die
Länder hatten Ausnahmeregelungen gefordert – diese sollen laut Lauterbach
allerdings nur befristet gelten. Außerdem soll es möglich sein, dass
nahegelegene Kliniken im Verbund die für eine Leistungsgruppe
erforderlichen Kriterien erfüllen.
Wer die Leistungsgruppen und Qualitätskriterien genau definiert, scheint
noch nicht ganz abgemacht. „Sie sollten auf der Bundesebene vorgegeben
werden – ohne faule Kompromisse auf Kosten von Qualität und
Patientensicherheit“, forderte etwa die Vorstandsvorsitzende des
AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, angesichts des Eckpunktepapiers.
## Vorhaltepauschalen fürs Überleben
Damit trotz der angestrebten Zentralisierung und Spezialisierung auch die
für die Versorgung auf dem Land notwendigen Grundversorger überleben
können, sollen laut Eckpunktepapier Vorhaltepauschalen eingeführt werden.
Bisher werden Kliniken nur für behandelte Fälle bezahlt, künftig sollen
durchschnittlich 60 Prozent der Kosten über die Vorhaltepauschalen
abgedeckt werden. Das entlaste vom wirtschaftlichen Druck und sei gerade
für Kliniken in Ostdeutschland relevant, um deren Existenz trotz geringerer
Fallzahlen zu sichern, so Lauterbach.
Im Rahmen der Krankenhausreform soll außerdem ein neuer Typ Krankenhaus
entstehen: die sektorenübergreifenden Versorger. Sie sollen sowohl
ambulante als auch stationäre Behandlungen wohnortnah anbieten und
weitgehend leistungsunabhängig über Tagessätze vergütet werden.
Die ebenfalls im Reformvorschlag enthaltene Einteilung der Krankenhäuser in
Versorgungsstufen, sogenannte Level, wird zwar nicht gesetzlich verankert –
die Länder hatten hier deutlich interveniert. Die Level sollen aber dennoch
veröffentlicht werden und damit Patient*innen und Angehörigen eine
Orientierung in Sachen Qualität geben. „Das macht der Bund alleine“,
erklärte Lauterbach am Montag. Schon zum 1. Januar 2024 soll ein
„Transparenzgesetz“ in Kraft treten und damit die entsprechenden
Informationen allgemein verfügbar gemacht werden.
Dem nun präsentierten Eckpunktepapier hatten 14 der 16 Bundesländer
zugestimmt. Bayern hatte dagegen gestimmt, Schleswig-Holstein sich
enthalten. Die Regierungsfraktionen waren sich in Sachen Krankenhausreform
– anders als bei anderen Regierungsvorhaben – offenbar sehr einig. „Mit d…
heutigen Einigung von Bund und Ländern ist ein wichtiger Meilenstein der
Krankenhausreform geschafft“, kommentierte etwa der Berichterstatter der
grünen Regierungsfraktion für Krankenhauspolitik, Armin Grau, das
Eckpunktepapier. Weil die Krankenhausreform so dringlich sei, müsse die
genaue gesetzliche Gestaltung in der parlamentarischen Sommerpause
ausgearbeitet werden.
Dafür will Lauterbach eine Arbeitsgruppe unter Länderbeteiligung einsetzen.
Im Herbst soll dann der Gesetzentwurf Bundestag und Bundesrat passieren. In
Kraft treten soll die Reform zum 1. Januar 2024. Weil dann auch noch
Ländergesetze geändert werden müssen, ist mit einer Wirksamkeit des neuen
Finanzierungssystems frühestens 2025 zu rechnen.
Bis dahin dürften noch einige Kliniken in die Insolvenz gehen müssen, so
der Bundesgesundheitsminister. Einer Finanzspritze für aktuell strauchelnde
Kliniken hatte er immer wieder eine Absage erteilt.
In welcher Höhe der Bund Mittel für die im Sinne der Reform nötige
Transformation der Kliniklandschaft zur Verfügung stellt, könne man „nicht
zusagen, nur prüfen“, so Lauterbach. Es sollen aber die Kliniken belohnt
werden, die frühzeitig den Weg der Transformation mitgehen. Die
Bundesländer hatten ihre Investitionsverpflichtungen in der Vergangenheit
regelmäßig nicht vollumfänglich erfüllt.
10 Jul 2023
## LINKS
[1] /Krankenhausreform/!5938194
[2] /Gesundheitsoekonom-ueber-Krankenhausreform/!5933156
## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Gesundheitspolitik
Krankenhausreform
Karl Lauterbach
Krankenhäuser
Transparenz
Karl Lauterbach
Bundesländer
Schwerpunkt Coronavirus
Bremen
Krankenhausreform
Reform
Gesundheitspolitik
Pflegekräftemangel
Gesundheitspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Notfallversorgung: Erste Hilfe für den Notruf
Die Bundesregierung reformiert die Notfallversorgung: Rettungsdienste und
Notaufnahmen sollen entlastet werden
Neues Transparenzgesetz für Kliniken: Schluss mit der Geheimhaltung
Das neue Transparenzgesetz für Kliniken ist überfällig, es stellt endlich
die Patient:innen in den Mittelpunkt. Deren Aufgabe ist es nicht,
Klinikstandorte zu retten.
Schlappe für Minister Lauterbach: Bundesrat bremst Qualitäts-Atlas
Ein Register über die Leistungen von Kliniken gilt als wichtiger Part der
Krankenhausreform. Der Bundesrat bremst Minister Lauterbachs Offensive aus.
Nächster Schritt zur Klinikreform: Der Krankenhaus-Atlas kommt
Gute oder schlechte Klinik? Gesundheitminister Lauterbachs
Transparenzgesetz soll den Weg für die Veröffentlichung von Qualitätsdaten
öffnen.
Schäden nach der Corona-Impfung: Gericht prüft Haftung
Eine junge Frau klagte zunächst erfolglos gegen den Hersteller eines
Covid-19-Impfstoffs. In zweiter Instanz will ein Gericht die Hinweise nun
prüfen.
Klinikschließung in Bremen: Düstere Aussichten
In Bremen sollen zwei kommunale Kliniken zusammengelegt werden. Hier zeigt
sich: Mitarbeiter*innen lassen sich nicht wie Betten verschieben.
Krankenhäuser in Finanznot: Jede fünfte Klinik bedroht
Vor allem kleinen Kliniken fehlt Geld. Die Krankenhausreform soll sie
entlasten. Doch für viele wird Lauterbachs Gesetz zu spät kommen.
Einigung auf Krankenhausreform: Länder raufen sich zusammen
Lieber weniger Kliniken, dafür aber bessere Qualität: Lauterbachs
Krankenhausreform ist beschlossene Sache. Jetzt kommt es auf die
Ausgestaltung an.
Debatte um Krankenhausreform: Showdown für Klinikreform
Am Montag tagen Bundesgesundheitsminister, Vertreter*innen der Länder
und Regierungsfraktionen. Ende und Ausgang ungewiss.
Lauterbach und die Krankenhausreform: Revolution bleibt holprig
Bund und Länder ringen weiter um die notwendige Klinikreform, die Einigung
wurde vertagt. Karl Lauterbach spricht dennoch von Annäherung.
Krankenhausreform: Progressive Pläne
Lauterbach verspricht eine Krankenversorgung mit qualitätsentsprechender
Vergütung. Großartig - wenn nur die Länder nicht noch auf die Bremse
treten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.