Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Silvester-Randale in Berlin: Neuköllner Kids
> Seit der Gewalt gegen Einsatzkräfte Silvester in Berlin haben
> Schuldzuweisungen Konjunktur. Aber wie schaut es tatsächlich im
> Bezirk Neukölln aus?
Bild: Zertrümmerte Scheibe am Imbiss
Tevfik Ari ist wütend. Wütend auf die Jugend in Neukölln. Wütend wegen dem,
was er an Silvester erlebt hat. Die Scheiben seines Imbisses sind auch zehn
Tage später noch zersplittert, Klebeband kittet die Sprünge. Ari, klein,
breite Schultern, Bart, fuchtelt mit den Händen beim Reden. „Die Kids hier
sind richtig frech“, sagt er. Über diese „Kids“ in Neukölln redet gerade
die halbe Republik.
Gemeinsam mit seinem Cousin betreibt Tevfik Ari einen Döner-Laden auf dem
Platz vor dem Einkaufszentrum [1][Wutzky-Center]. Am 31. Dezember um halb
neun Uhr abends schließt er die Rollläden. Er bleibt. Zusammen mit ein paar
Freunden passt er auf seinen Imbiss auf, er hat schlechte Erfahrungen mit
Silvester gemacht.
Gegen Mitternacht wird sein Laden mit Pyrotechnik beschossen. Auch Ari und
seine Freunde werden mit Böllern beworfen, erzählt er, zwei von ihnen
müssten jetzt operiert werden. Gemeinsam rufen sie die Polizei. Als die
ankommt, werden auch die Beamten beschossen. Ein Polizist wird von einem
Böller getroffen, der zwischen Helm und Schutzweste rutscht und dort
explodiert. Im Imbiss reißen Ari und seine Kollegen dem Polizisten die
Uniform vom Leib, kippen kaltes Wasser über die verbrannte Haut.
38 Personen sind nach den Silvesterkrawallen in Neukölln festgenommen
worden, weil ihnen Angriffe auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr
vorgeworfen wird. Viele von ihnen sind unter 21 Jahre alt. Insgesamt kommt
es in Berlin zu 145 Festnahmen. Die Verdächtigen besitzen 18 verschiedenen
Nationalitäten. Die Debatte ist da – über Jugendgewalt, Integration,
Migration.
Am Mittwoch dieser Woche veranstaltete Berlins Regierende Bürgermeisterin
Franziska Giffey (SPD) einen Gipfel. Sie kündigt eine „konzertierte Aktion“
gegen Jugendgewalt an. Dafür wolle der Berliner Senat weitere Ausgaben für
Sozialarbeit in Millionenhöhe ermöglichen. „Wir haben nicht nur Redebedarf,
sondern wir haben auch Handlungsbedarf“, sagte Giffey. Ist das nur Show für
den Wahlkampf oder hat Neukölln wirklich ein Problem mit gewalttätigen
Jugendlichen?
## Warum machen die das? Kids geben Antworten
Vom Wutzky-Center und Tevfik Aris’ Imbiss sind es nur ein paar Gehminuten
bis zur [2][Gemeinschaftsschule Campus Efeuweg]. Hochhäuser ragen in den
Himmel, von Wahlplakaten lächelt Franziska Giffey. Im ersten Stock der
Schule hat die siebte Klasse von Lehrerin Janina Bähre ihren Klassenraum.
Neun Tage nach der Silvesternacht bilden die Schüler:innen einen
Stuhlkreis, sie wuseln durch das Klassenzimmer, wollen neben ihren
Freund:innen sitzen. Die Mädchen und Jungen tragen Nike-Sneaker mit
dicken Sohlen, Gelnägel, Kopftücher. Jasmin führt eine
Redner:innenliste – sie schreibt auf, wer sich gemeldet hat. Joel hat
die Liste im Blick und ruft auf, wer dran ist. Es gibt eine Strafliste für
diejenigen, die zu oft dazwischenrufen.
Frau Bähre schlägt gegen eine Klangschale, dann ist es still im
Klassenraum. „Was soll ich noch mal sagen?“, fragt Nina. „Wie es dir an
Silvester ergangen ist. Was du gesehen hast. Was du gut fandest, was du
schlecht fandest“, sagt Janina Bähre.
Tarik war an Silvester draußen unterwegs, wie er erzählt. Er habe mit
Freunden zusammen gezündelt, sein Kumpel habe eine Kugelbombe gezündet und
sich dabei schwer verletzt. „Seine Arme sind jetzt so“, sagt Tarik, knickt
die Hände ab und streckt sie aus wie ein Zombie.
Marko meldet sich, er will es ganz genau wissen. Aber er muss noch warten –
die Redner:innenliste. Erst sind andere dran. Dann fragt Marko: „Es gibt
doch auch Kugelbomben, die hochfliegen?“ „Ja, du musst die in ein Rohr
packen“, sagt Tarik. „Die fliegt doch dann hoch?“ „Ja, aber wir hatten …
Rohr.“
„Digga.“
Lachen.
Andere Kinder erzählen ähnliche Geschichten. Der Cousin und der Onkel von
Efe haben sich durch Zünden einer Batterie im Gesicht verletzt, Joel an der
Rippe. Jugendlicher Leichtsinn, ja. Gefährlich, ja. Aber Menschen
absichtlich verletzen, das versteht hier niemand. Janina Bähre fragt die
Klasse, warum manche mit Böllern und Raketen auf Menschen schießen.
„Einfach so!“
„Aus Spaß!“
„Die fühlen sich cool.“
„Das ist so ehrenlos!“
Amalia war Silvester nicht in Berlin, sie sagt: „Warum zünden die was an?
Das ist richtig unnötig!“ So würden Menschen ihren eigenen Kiez abfackeln.
## Die Gewalttaten sind rückläufig
Albrecht Lüter ist schon seit 2015 Leiter der [3][Berliner Arbeitsstelle
Jugendgewaltprävention]. Er hat in den letzten zehn Jahren einen Rückgang
der Jugendgewalt beobachtet. „International, in Deutschland und in Berlin“,
sagt Lüter. Gemeinsam mit Kolleg:innen hat er 2021 ein Gewaltmonitoring
veröffentlicht, in dem auch ganz gezielt die Berliner Bezirke untersucht
wurden.
Auch in Neukölln zeigt sich: Die Zahlen sind seit 2010 rückläufig. Weniger
Raubtaten, weniger Körperverletzungen und weniger Delikte gegen die
persönliche Freiheit wurden von Jugendlichen begangen – auch wenn die Zahl
der Delikte zwischenzeitlich wieder gestiegen war. Im Coronajahr 2020
wurden insgesamt 799 solcher Straftaten in Neukölln, begangen von
Jugendlichen, von der Polizei erfasst, 2010 waren es noch 1.057.
Trotzdem ist die Jugendgewalt in Neukölln im Vergleich zu gesamt Berlin
erhöht. Warum? „Es gibt einen hohen Zusammenhang zwischen Jugenddelinquenz
und einer prekären sozialen Lebenslage“, sagt Lüter. Die Jugendlichen in
Neukölln seien häufiger von Arbeitslosigkeit und Kinderarmut betroffen als
solche in anderen Berliner Bezirken. Sie hätten häufiger Sprachdefizite und
schwänzten häufiger die Schule. „Unter ähnlichen prekären Lebensbedingung…
finden wir dann auch Jugendliche, die ähnliches Problemverhalten an den Tag
legen.“ In Marzahn-Hellersdorf ganz im Osten der Stadt zum Beispiel, einem
Bezirk, der viel weniger von Migrant:innen geprägt ist als Neukölln. So
viel zur Migrationsdebatte.
Die Lehrerin Janina Bähre kennt das. Sie erzählt von Eltern, die trotz Jobs
mit Hartz IV aufstocken müssen. Sie berichtet von Kindern, die Ausflüge
verpassen, weil kein Geld dafür da ist. Sie spricht von Hunger, Drogen,
Wohnungslosigkeit und Abschiebung. „Das können wir uns gar nicht
vorstellen“, sagt Bähre.
Und die Lehrerin berichtet von Eltern, die sich schämen, wenn ihre Kinder
„Scheiße bauen“. Sie sagt: „Allen ist klar, dass man Polizisten und
Feuerwehrleute nicht angreift.“ Bähre glaubt, dass Gewalt immer einen
Grund hat. „Wenn es nicht Langeweile oder pubertierender Leichtsinn ist,
ist es Wut, Aggression, Frust.“ Sie wirbt für Verständnis für das, was
Kinder und Jugendliche im Kiez erleben. „Wir haben hier wie überall ganz
tolle Kinder, die halt einfach nur schlechtere Startchancen haben, weil wir
halt ein ungerechtes Bildungssystem haben“, sagt sie.
Diese schlechten Startchancen auszugleichen, kostet Kraft. Bähre, blauer
Pulli, Tattoo am Unterarm, ist schon ein bisschen heiser. Die Klasse ist
heute unruhig, immer wieder muss sie Kinder hinausschicken und für Ruhe
sorgen.
„Lukas, warte jetzt mal fünf Minuten draußen.“
„Hamza, geh auch mal raus.“
„Da stehen jetzt schon drei draußen.“
Seit 2013 ist Bähre an der Gemeinschaftsschule Campus Efeuweg, Sie wollte
an diese Schule. „Als ich die Schule das erste Mal gegoogelt habe, wusste
ich nicht, ob ich das schaffe. Damals hatte sie noch einen schlechten Ruf“,
sagt sie. „Aber ich habe mich dann gefragt, wer sonst? Ich bin gut
ausgebildet! Hier muss ja auch wer arbeiten!“
Es mangele an Personal und Stunden in Schulen wie dem Campus Efeuweg, die
Schüler*innen hätten unter Corona gelitten, schulisch und sozial, sagt
Bähre. Das alles müssten Lehrer*innen und Sozialarbeiter*innen
jetzt auffangen, aufarbeiten, aufholen. Janina Bähre fordert eine bessere
Aufstellung der Sibuz. Die Abkürzung steht für schulpsychologische und
inklusionspädagogische Beratungszentren, wo Lehrkräfte,
Schulpsycholog*innen, Sozialarbeiter*innen und
Sonderpädagog*innen mit Schüler*innen und Eltern zusammenarbeiten.
## Kinder brauchen Grenzen
Janina Bähre wirbt zwar für Verständnis, betont aber auch, dass Kinder
Grenzen brauchen. „Wenn Regeln gebrochen werden, versuchen wir schnell mit
Konsequenzen zu kommen, die dann aber auch – wie im Strafrecht – ein Bündel
sind, aus Grenzsetzung, Strafe, Wiedergutmachung und Unterstützung“, sagt
sie. Und auch im Bereich Gewaltprävention unternehme die Schule viel:
Klassenrat, Schülermediator*innen, Mobbing-Vereinbarungen, Workshops zu
Recht und Gerechtigkeit. Und Workshops mit der Polizei.
Gerade die Zusammenarbeit mit der Polizei scheint wichtig, denn viele
Kinder haben schlechte Erfahrungen mit den Beamten gemacht. Jasmin erzählt
von einem Video, das sie auf Tiktok gesehen hat, in dem ein Polizist zu
einem Mann vor dessen Kindern sagt: „Ihr seid nur zu Besuch in
Deutschland.“ Sie sagt: „Würde das jemand zu meinem Vater sagen …“
Das Mädchen mit dem schwarzen Kopftuch und der goldenen Brille, das
akribisch die Redner:innenliste führt, wird richtig wütend, wenn sie
davon erzählt. „Die respektlosen Polizisten, die brauchen Schläge“, sagt
sie. Sie ist nicht die Einzige, die so spricht. Die Schüler:innen haben
Respekt vor der Polizei, sie fordern aber auch Respekt ein.
Auch Amalias Vater wurde schon von einem Polizisten beleidigt: „Verpiss
dich in dein Asylantenheim“, hätte der gesagt.
## Kein Respekt vor dem Staat?
Hat die Jugend keinen Respekt mehr vor dem Staat? Albrecht Lüter sagt:
„Wenn wir die Entwicklung von politisch motivierter Kriminalität
betrachten, wo es wirklich darum geht, demokratische Strukturen infrage zu
stellen, dann ist einer der ganz wichtigen aktuellen empirischen Befunde,
dass das kein Jugendphänomen ist. Das sind häufig ältere, rechts motivierte
Täter.“ Und er sagt auch: „Die Polizei in Deutschland genießt ein sehr,
sehr hohes Ansehen. Das ist ein sozialwissenschaftlich relativ gesicherter
Befund.“
Was ist dann in der Silvesternacht am Wutzky-Center und anderswo in der
Stadt schiefgelaufen? Was glauben die Schüler:innen? „Die denken, die wären
cool, die machen Faxen, die haben keinen Bock“, sagt ein Schüler. „Denen
ist langweilig und die wollen was Spannendes machen“, glaubt ein anderer.
Ist es am Ende so einfach?
Nach 45 Minuten, die Schüler:innen sind in der Pause, braucht Frau Bähre
erst einmal einen Kaffee und eine Selbstgedrehte. Heute arbeitet sie bis
halb fünf, eigentlich ist sie in Teilzeit.
Neukölln ist groß, hier leben über 300.000 Menschen. Es gibt Kieze im
Bezirk, in denen Jugendgewalt häufiger vorkommt als in anderen.
Gropiusstadt zum Beispiel, der Kiez, in dem das Wutzky-Center steht, der
Kiez, in dem Jasmin, Tarik und Co. zur Schule gehen.
Von dort fährt man neun Stationen mit der U-Bahn bis zum Rathaus Neukölln.
Wenige Gehminuten entfernt steht das Einkaufszentrum Kindl-Boulevard. Über
Supermarkt, Friseur und Reisecenter sitzen Abteilungen des Jugendamts
Neukölln.
Martina Kirstan ist die Teamleiterin der [4][Jugendgerichtshilfe] im
Bezirk. Ihr Büro befindet sich im achten Stock – von hier aus kann sie bis
zu den Hochhäusern der Gropiusstadt blicken. Ein Stockwerk tiefer sitzt
Nabil Aubeidy, er ist Sozialarbeiter bei der AG Kinder- und
Jugendkriminalität und arbeitet mit straffällig gewordenen Jugendlichen. Er
kommt etwas später zum Gespräch dazu, er hat nicht viel Zeit, der nächste
Termin wartet schon. Kirstan trinkt Tee, Aubeidy Cola Cherry.
„Wir sind keine, wie sagt man, Kuschelpädagogen“, sagt Kirstan. „Wir
konfrontieren die Jugendlichen mit ihren Straftaten und den Folgen. Und das
möglichst schnell.“ Aber sie erklärt auch: „Wir kennen die Täterinnen und
Täter von Silvester ja noch gar nicht.“ Und: „Würden wir jetzt alle
einsperren, was ist dann gewonnen?“
Albrecht Lüter von der Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention sagt: „Mit
Blick auf Jugendliche hat das Strafrecht einen Erziehungsauftrag. Das ist
ein Bereich, wo man mit harten Strafen nicht weiterkommt.“ Das Austesten
und Überschreiten von Grenzen gehöre zur Jugend. „In aller Regel sind das
Phänomene, die sich auswachsen.“ Schwierig werde es bei
Mehrfachtäter:innen, die kriminelle Karrieren einschlagen: „Die muss man
dann unterbrechen.“
Das ist die Aufgabe von Aubeidy und seinen Kolleg:innen in der AG
Kinder- und Jugendkriminalität. Die Sozialarbeiter*innen sind in
Kontakt mit Polizei, Jugendamt und Schulen. Wenn ein Jugendlicher mehrfach
auffällig wird, besprechen sich die Sozialarbeiter:innen, schauen, ob der
Fall an andere Einrichtungen wie die Drogenhilfe verwiesen werden sollte.
Sie klären ab, ob der Jugendliche bereit ist, mit ihnen zu kooperieren.
Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, beginnt die eigentliche Arbeit mit
den Kindern und mit ihren Familien: eine Beziehung aufbauen, das Leben und
die Bedürfnisse der Jugendlichen verstehen.
„Was toll ist an diesem Ansatz, ist das Bedarfsorientierte, sehr nah an
der einzelnen Person Ausgerichtete“, sagt Albrecht Lüter. „Kinder und
Jugendliche müssen Bindungen erleben, in denen sie Wertschätzung,
Selbstwert und Selbstwirksamkeit erfahren.“ Beziehungen aufbauen, das sei
eine Grundlage von Präventionsarbeit.
## Den „Wilden Mustang“ bändigen
Aubeidy erinnert sich an viele Jugendliche, die er begleitet hat, einer ist
ihm ganz besonders in Erinnerung geblieben. Ein Intensivtäter, ein „wilder
Mustang“, wie Aubeidy sagt. Niemand konnte mit ihm arbeiten, niemand konnte
ihn einfangen. Der Fall reizte Aubeidy. „In drei Monaten ging die
Kriminalität von hundert auf null.“ Was hat dem Jungen gefehlt? „Ihn ernst
nehmen“, sagt Aubeidy. „Er hatte Angst davor, ins Heim zu müssen.“ Die
Drohung schwebte über ihm. Aubeidy sagt dem Jungen: „Wir können dafür
sorgen, dass du nicht ins Heim musst.“ So entstand ein Deal. „Er hat mit
allem aufgehört.“
Vier Sozialarbeiter:innen arbeiten für die AG Kinder- und
Jugendgewalt. Eine andere AG kümmert sich um Schulschwänzer:innen. Aubeidy
und seine Kolleg:innen betreuen jeweils zehn bis zwölf Jugendliche, das
sind etwa vier Stunden pro Woche, die sie für jeden Einzelnen haben. Sie
sind ausgelastet, aber nicht überlastet. Die Finanzierung stehe, die AG
arbeitet unabhängig von Sonder- oder Projektmitteln. „Natürlich gibt es
mehr Anfragen als Kapazitäten. Aber es gibt ja auch noch andere Hilfen“,
erklärt Aubeidy. Und dann sagt er einen Satz, den man wohl selten von
Sozialarbeiter:innen hört: „Wir sind hier super ausgestattet und
super aufgestellt.“ Ein Satz, der zeigt, dass in Neukölln viel passiert
ist. Ein Satz, der aber auch zeigt, wie ungewöhnlich eine sichere
Finanzierung und gute personelle Ausstattung in der sozialen Arbeit sind.
Deshalb verlangt Martina Kirstan mehr Mittel für Jugendclubs und
Schulsozialarbeit, also Orte, wo Jugendliche ihren Alltag verbringen.
Notwendig sei eine dauerhafte Finanzierung von erfolgreichen Projekten, die
bisher nur temporär erfolgt.
Auch Lüter sagt: „Jeder, der sich mit Jugendarbeit in Berlin auskennt,
weiß, dass da massiver Finanzierungsbedarf besteht. Es gibt nicht genug
Angebote.“ Aber er fragt sich auch, wo das Personal herkommen soll. Und er
betont, dass Prävention auch die Lebensverhältnisse vor Ort in den Blick
nehmen muss. Etwa, was bauliche Maßnahmen betrifft, damit Orte entstehen,
an denen Jugendliche in engen Städten und kleinen Wohnungen Platz zum Leben
haben. Man müsse anders denken über Kinder und Jugendliche in Kiezen wie
der Gropiusstadt. „Vielleicht sitzt da der nächste Sido, der nächste Zidane
oder die nächste Erfinderin eines Impfstoffs.“
Im Büro von Martina Kirstan im achten Stock ist es spät geworden. Nabil
Aubeidy ist schon weg, der nächste Termin. Zuvor hat er gesagt: „Hier hat
ein Wandel stattgefunden. Und natürlich gibt es Schattenseiten, aber ich
würde gern mehr über die Sonnenseiten sprechen.“
Es ist dunkel, Neukölln funkelt in der Abenddämmerung, irgendwo explodiert
ein Böller. Kirstan spricht von den Menschen im Bezirk, von ihren Stärken,
sie grinst dabei und sagt: „Neukölln sollte sehen, dass es unglaublich
viele Ressourcen hat.“
Alle Namen der Kinder wurden verändert.
13 Jan 2023
## LINKS
[1] https://wutzky-einkaufen.de/
[2] https://gemeinschaftsschule.campus-efeuweg.de/
[3] https://www.berlin.de/lb/lkbgg/praevention/arbeitsstelle-jugendgewaltpraeve…
[4] https://www.berlin.de/ba-neukoelln/politik-und-verwaltung/aemter/jugendamt/…
## AUTOREN
Oskar Paul
## TAGS
Lesestück Recherche und Reportage
Berlin-Neukölln
Jugendgewalt
GNS
Lesestück Interview
Berlin-Neukölln
Jugendgewalt
Berliner Volksbühne
Jugendgewalt
Boxen
Silvester
Hochhaus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Nancy Faeser
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Wochenkommentar
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Schwerpunkt Rassismus
Silvesterknallerei
antimuslimischer Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Künstler Kain Karawahn: „Halte mich mit Feuer über Wasser“
Seit Jahrzehnten beschäftigt sich Kain Karawahn mit Flammen. Warum Feuer
den Menschen erst zum Menschen gemacht hat.
Silvester in Berlin: Abfrusten in der Großsiedlung
Die Befürchtungen vor erneuten Silvesterkrawallen in Berlin sind groß.
Neuköllns Jugendstadträtin bleibt trotzdem verhältnismäßig gelassen.
Gewaltprävention nach Silvesterrandale: Nicht wirklich der Kracher
20 Millionen Euro sollte es dieses Jahr zur Prävention von Jugendgewalt
geben. Jetzt ist die Stimmung wieder mal explosiv, das Geld aber fließt
nicht.
Silvesterkrawalle in Berlin: Männliches Geltungsbedürfnis
Das Bild von frei drehenden muslimischen Jugendlichen festigte sich nach
den Silvesterkrawallen. In der Volksbühne wurde über die Folgen diskutiert.
Tötung eines Mädchens in Freudenberg: Verdächtigte Mädchen ohne Strafe
Die 12-jährige Luise wurde von zwei gleichaltrigen Mädchen erstochen. Diese
sind noch nicht strafmündig. Die AfD fordert eine Änderung des Strafrechts.
Tiktok-Krawalle beim Film „Creed III“: Im Kino Döner essen ist ein Frevel
Nun werden Kinosäle verwüstet anlässlich eines Boxerfilms. Bei der „Rocky
Horror Picture Show“ dagegen ist Verwüsten Kult. Dabei gibt es Schlimmeres.
Silvesterrandale in Berlin: Erste Anklagen
Nach den Angriffen auf Sicherheitskräfte liegen zwei Anklagen vor. Sie
betreffen Vorfälle in Prenzlauer Berg und Wedding, nicht in Neukölln.
Romanverfilmung „Sonne und Beton“: Gropiusstadt, hack, hack, hack
David Wendt hat den Bestsellerroman von Felix Lobrecht verfilmt. „Sonne und
Beton“ inszeniert die harte Realität einer Westberliner Hochhaussiedlung.
Treffen mit der Neuköllner Rap-Crew AOB: Shisha, Zimt und Baklava
Der Song „Sonnenallee“ von AOB ist eine Hymne auf ihre Hood. Beim
Hähnchenessen im Kiez geht es um Musik, das Leben in Neukölln und die
Bullen.
Debatte über Silvesternacht: Alis im Wunderland
Nach dem unruhigen Silvester in Berlin entdecken manche ihren Fetisch für
migrantische Vornamen. Es ist ein einziger, sich wiederholender Wahnsinn.
Debattenkultur in Deutschland: Gefangen im Diskursteufelskreis
Schuld sind wieder mal Ausländer, Fleisch ist Leitkultur,
Klimaaktivist*innen sind respektlos. In Deutschland dominieren die
fauligen Debatten.
Als Konsequenz aus Silvesterkrawallen: Faeser will doch schärfere Strafen
Die Innenministerin will Hinterhalte gegen Einsatzkräfte härter ahnden.
Justizminister Buschmann und die Grünen sind aber skeptisch.
Berliner Abgeordnetenhauswahl 2023: Giffey knöpft sich die CDU vor
Auf Klausur in Brandenburg stimmt Raed Saleh seine SPD-Fraktion auf den
Berliner Wahlkampf ein.
Politik gegen Jugendgewalt in Berlin: Viel Wahlkampf, viele Tabus
Beim Gipfel gegen „Jugendgewalt“ wurden Millionen für mehr Sozialarbeit
angekündigt. Das ist schön – löst aber nur einen kleinen Teil der Probleme.
taz Talks zur Berlin-Wahl (1): Giffey gibt sich grün
Beim Wahltalk in der taz-Kantine lobt Regierungschefin Franziska Giffey
(SPD) ihre Klimapolitik. Doch das Publikum glaubt ihr nicht so ganz.
Feuerwehrmann über Silvestereinsatz: „Dieser Beruf ist gefährlich genug“
Die Worte von Baris Coban über den Migrationshintergrund einiger
Silvester-Angreifer nahmen Medien auf. Sein Lob migrantischer Ersthelfer
nicht.
Reaktion auf Randale an Silvester: Erfolg für Giffeys Krawall-Gipfel
Berlins Regierungschefin spricht mit Experten, Polizei und Politikern über
Folgen der Silvesternacht. Für die Ergebnisse gibt es überraschend viel
Lob.
Debatte um die Silvesternacht: Sozialisation raus aus der Tabuzone
Nach Ausschreitungen zu Silvester warnen die einen vor jungen Männern, die
anderen vor Rassismus. Besser wäre, offen miteinander zu reden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.