# taz.de -- Friedenspreisträger Serhij Zhadan: Der Preis der Freiheit | |
> Der Ukrainer Serhij Zhadan ist nicht nur Schriftsteller. Er ist auch | |
> Musiker, unterstützt die Armee, trommelt für Spenden und träumt vom Ende | |
> des Kriegs. | |
Bild: Serhij Zjadan mit seiner Band | |
Serhij Zhadan sitzt aufrecht, die Hände im Schoss gefaltet, den Blick starr | |
nach vorne gerichtet, auf einem Ecksofa in einem Hinterraum des Jüdischen | |
Museums Berlin. Es ist Sonntag, der 9. Oktober, später Nachmittag. Zhadan | |
hat kurz zuvor auf einer Podiumsdiskussion über den Krieg gesprochen. Und | |
über Zweifel. An der Literatur, am Schreiben. „Im Moment ist das | |
Wichtigste, morgens aufzuwachen und zu erfahren, dass alle noch am Leben | |
sind“, erklärte er, als eine Besucherin ihn nach seinen Plänen für neue | |
Bücher fragte. „Es wäre nicht richtig, gerade über zukünftige literarische | |
Projekte zu sprechen.“ | |
Jetzt, wenige Minuten nach dem Auftritt, sitzt er hochkonzentriert da, die | |
Stirn in Falten gelegt, und spult seine Antworten herunter. Für einen | |
Moment lang bekommt man eine Ahnung davon, welches Pensum Zhadan gerade | |
bewältigt, unter welchem Stress der ukrainische Schriftsteller und Sänger | |
steht. Mit seiner Skapunk-Band [1][Zhadan I Sobaky] („Zhadan und die | |
Hunde“) war der 48-Jährige gerade auf Tour, trat in Berlin, München und | |
Frankfurt am Main auf. Unterwegs hat er Spenden gesammelt, für die Armee. | |
Drohnen und Wärmebildkameras sollen davon gekauft werden. Zwischendurch war | |
Zhadan bei Lesungen und Diskussionsveranstaltungen zu Gast. Und in zwei | |
Tagen wird er wieder in Charkiw sein, wo er weiterhin lebt, 50 Kilometer | |
von der Front entfernt. Wo die Raketen einschlagen, wo das nackte Überleben | |
zählt. | |
Zhadan ist in diesen Tagen weniger ein Mann der Literatur als vielmehr | |
einer im Kampfmodus. Auch die Künstler stünden jetzt in der Pflicht, der | |
Ukraine zu dienen, sagt er. „Die ukrainischen Schriftsteller verstehen, | |
dass sie für ihr Land kämpfen müssen. Sie wissen ganz genau, warum sie zu | |
Waffen greifen“, sagt er. „Mit Militarismus hat das nichts zu tun. Es geht | |
um die Notwendigkeit, unsere Freiheit, unsere Unabhängigkeit und unsere | |
Zukunft zu verteidigen.“ Damit spielt er auf ukrainische Autorenkollegen | |
wie Artem Tschech an, die an der Front im Einsatz sind. | |
Zhadan selbst unterstützt die Soldaten auf seine Weise: er liefert | |
Hilfsgüter, Geräte, Medikamente. Auf Facebook trommelt er tagtäglich für | |
Spenden, mit dem Geld werden dann zum Beispiel ukrainische Armeefahrzeuge | |
repariert. Er versteigerte kürzlich zwanzig signierte Exemplare seiner | |
Gedichtsammlung „Dynamo Kharkiv“, umgerechnet 25.000 Euro kamen so | |
zusammen. Die Facebookposts, die er zwischen dem 24. Februar und dem 23. | |
Juni verfasst hat und in denen er seinen Alltag als Helfer beschreibt, | |
erscheinen nun auch als Buch. [2][„Der Himmel über Charkiw“] heißt es. Der | |
Himmel hat seit Beginn des Angriffskriegs für Zhadan zwei konträre | |
Bedeutungen: als Quelle der Gefahr, als Quelle der Hoffnung. | |
## „Herausragendes künstlerisches Werk“ | |
In diesem Jahr erhält Serhij Zhadan den [3][Friedenspreis des Deutschen | |
Buchhandels], kommenden Sonntag soll er ihn bei der Frankfurter Buchmesse | |
entgegennehmen. Vorausgesetzt, das Kriegsgeschehen lässt zu, dass er | |
anreisen kann. Er erhält die Ehrung „für sein herausragendes künstlerisches | |
Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im | |
Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft“, heißt es in | |
der Jurybegründung. Damit wird eine Symbolfigur des Kampfes der Ukraine um | |
ihre Freiheit geehrt. | |
Als Statement ist diese Entscheidung natürlich zu begrüßen. Preiswürdig | |
waren Zhadans Arbeiten aber schon lange, sein Roman „[4][Internat]“ (2018) | |
erzählt dicht, tief und dringlich von dem seit 2014 andauernden Krieg im | |
Donbass. Und dann denkt man sich auch: Hätten seine Gedichte, Romane und | |
Songtexte doch schon früher (noch) mehr Menschen im Westen gelesen, hätte | |
man ihm doch schon eher so viel Aufmerksamkeit geschenkt! Womöglich wären | |
die Ukrainer:innen nicht immer wieder so eklatant missverstanden, wäre | |
die russische Gefahr nicht derart unterschätzt worden. | |
Das Leben Serhij Zhadans ist eines voller Brüche und Zäsuren, von denen der | |
Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar die heftigste darstellt. | |
„In den ersten zwei oder drei Monaten des Krieges schien es mir absurd und | |
absolut fehl am Platz, Gedichte zu schreiben. Wenn man täglich so nah am | |
Tod ist, nimmt man vieles anders wahr. Viele Worte, die man vorher | |
verwendet hat, bekommen plötzlich einen anderen Klang“, sagt Zhadan, | |
während er weiter fast unbewegt auf dem Sofa sitzt. Inzwischen habe er aber | |
wieder angefangen, Lyrik zu verfassen: „Es ist etwas Zeit vergangen, man | |
bekommt eine gewisse Distanz zu den Ereignissen. Die Sprache kehrt zurück.“ | |
Er redet schnell, die neben ihm sitzende Dolmetscherin folgt ihm im | |
gleichen Tempo. Zhadan sieht aus wie ein Mann des Undergrounds: Die Haare | |
hat er an den Seiten abrasiert, während über der Stirn eine Tolle aufragt. | |
Er trägt schwarze Doc Martens, schwarze Jeans und einen hellbraunen | |
Rollkragenpullover, eine Kette um den Unterarm. | |
## Sprache in Zeiten des Kriegs | |
Was leistet Sprache in Zeiten des Krieges? Wer hört wem zu, und wer | |
(über-)hört wen? Diesem Thema hat sich Serhij Zhadan schon in den ersten | |
acht Jahren des Kriegs gewidmet. Das zentrale Langgedicht im Lyrikband | |
„Antenne“ von 2020 trägt den Titel „Seit drei Jahren reden wir über den | |
Krieg“, darin heißt es zunächst: „Wir haben Wörter, um unsere Wut zu | |
äußern./ Wir haben Wörter, um unser Mitleid zu äußern./ Wir haben Wörter, | |
um unsere Verachtung zu zeigen./ Wir haben Wörter für Flüche, für Gebete,/ | |
wir haben alle unverzichtbaren Wörter,/ um in den Zeiten des Krieges über | |
uns zu sprechen.“ Doch in diesem Long Poem, das eine kleine Geschichte | |
erzählt, findet die Sprache, findet die Literatur in dem Moment kein Gehör | |
mehr, in dem die Geschosse in die Bibliothek einschlagen: „Als die Truppen | |
kamen, (…)/ stand sie immer noch da und sagte etwas,/ versuchte | |
verständlich zu sprechen,/ versuchte überzeugend zu wirken./ Wer hat ihr | |
damals zugehört? Wen haben ihre Worte interessiert?/ Es ist hoffnungslos, | |
sich hinter der großen/ toten Literatur zu verstecken,/ wenn man Menschen | |
gegenübersteht,/ die in den Tod gehen./ Hoffnungslos,/ unfair.“ | |
Serhij Zhadans Biografie ist von den wilden Neunzigern in der Ukraine | |
geprägt. Geboren wird Zhadan 1974 in Starobilsk, Oblast Luhansk. Er kommt | |
aus sogenannten einfachen Verhältnissen, sein Vater ist Lastwagenfahrer, | |
seine Mutter arbeitet in einem Laden. Zur Literatur kommt er über seine | |
Tante, die Dichterin [5][Oleksandra Kowaljowa]. „Vor allem wegen ihr habe | |
ich zu schreiben begonnen – ich las ihre Bücher, las die Bücher, die sie | |
mir empfahl, gab ihr das zu lesen, was ich geschrieben hatte. Ich liebe sie | |
sehr“, erzählt er in „Der Himmel über Charkiw“. Im Alter von 17 Jahren | |
zieht er ebendort hin, in die 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt Charkiw. Es ist | |
die Zeit, in der die Ukraine unabhängig wird. Zhadan gründet ein | |
Kreativkollektiv namens „Die Rote Fuhre“, ihr täglicher Treffpunkt ist das | |
Literaturmuseum. | |
Rückblickend beschrieb er sein damaliges Umfeld einmal als Gruppe von Punks | |
und „Charkiwer Verlierern“. Er studiert Literaturwissenschaft, Ukrainistik | |
und Germanistik, beschäftigt sich mit den ukrainischen Avantgarden. In den | |
Neunzigern schreibt er vor allem Gedichte. Rough, anarchisch, vogelfrei | |
geht es in dieser Dekade zu, in seinem ersten Roman „Depeche Mode“ (2004) | |
beschreibt er diese Zeit. Als das Buch 2007 ins Deutsche übersetzt wird, | |
wird er zunächst als Geheimtipp gehandelt. Spätestens in den Zehnerjahren | |
kennt die Literaturwelt seinen Namen. | |
Die Freiheit ist sein großes Thema, auch die Freiheit der Sprache. Zhadans | |
roadmovieartiger Roman „[6][Die Erfindung des Jazz im Donbass]“ (2012) um | |
einen Typen, der sich in der Peripherie des Donbass um die alte Tankstelle | |
seines Bruders kümmern muss, verbindet beides. In der Ukraine ist Zhadan | |
auch als Musiker bekannt. In den Nullerjahren arbeitet er mit der | |
Acidjazz-/Rockband Luk zusammen, 2007 wird er festes Bandmitglied bei | |
„Sobaky v kosmosi“ („Hunde im Weltall“), die sich später in Zhadan I S… | |
umbenennt. | |
Mit dem Berliner Musiker Yuriy Gurzhy, der ebenfalls aus Charkiw stammt, | |
hat er 2021 das Album „Foxtroty“ mit Texten alter ukrainischer Poesie | |
aufgenommen. Darauf verwenden sie unter anderem einen Text des ukrainischen | |
Dichters Mykola Bazhan, Synthesizer und Bässe pulsieren, in den Lyrics | |
heißt es: „Nie, nie wird die Ukraine zur Sklavin faschistischer Henker!“ | |
Berlin, 6. Oktober, 22 Uhr. Im Club Acud Macht Neu startet ein Festival des | |
Goethe-Instituts im Exil. Die Liveband: Zhadan I Sobaky. Auf der Bühne der | |
kleinen Location mit niedrigen Decken und Pfeilern reckt Sänger Zhadan das | |
Mikrofon hoch, skandiert den Song „Rock musicant“. | |
Das Publikum grölt den Refrain mit, hüpft zu hymnischen Trompeten- und | |
Posaunenklängen. Ein vielleicht 16-jähriges Mädchen versucht sich nach | |
vorne zu drängen, holt eine gelb-blaue Flagge aus der Tasche und hält sie | |
hoch. Der Club ist mit 120 Menschen proppenvoll, ausverkauft. Die meisten | |
Fans sind Ukrainerinnen und Ukrainer. Sie singen fast jede Zeile mit, bei | |
einer Ballade schwenken sie ihre Handytaschenlampen hin und her. Im | |
Innenhof warten ungefähr noch mal so viele Menschen, auch dort singen sie | |
die Songs mit. Ein paar Teenager versuchen, sich am Türsteher | |
vorbeizumogeln. | |
Zhadan ist ein einflussreicher Popstar in der Ukraine, einer der | |
berühmtesten Künstler des Landes. Auf Facebook folgen ihm 164.000 Menschen. | |
Auch in Kriegszeiten veranstaltet er Literaturfestivals und Konzerte in | |
Charkiw. An erster Stelle steht das Überleben. Aber auch im Überleben gibt | |
es ein Leben. „Selbstverständlich ist das Menschenleben das Wertvollste. | |
Aber was ist der Sinn des Lebens ohne Museen, Theater, Bibliotheken und | |
Buchhandlungen?“, schreibt Zhadan in „Der Himmel über Charkiw“. | |
Bei der Veranstaltung des Goethe-Instituts betont er die Bedeutung der | |
Kultur zu Kriegszeiten: „Bei der Kultur geht es nicht um Unterhaltung, sie | |
ist viel mehr als das. Wenn unsere Künstler und Dichter still bleiben, gibt | |
es keine Stimmen für die Ängste, die wir Ukrainer im Moment mit uns | |
herumtragen.“ | |
## Auftritte an der Front | |
In Charkiw hat Zhadans Band deshalb auch Konzerte in der Metro gegeben, wo | |
die Menschen Zuflucht gesucht hatten. Auch auf die Musik hat sich der Krieg | |
ausgewirkt, erzählt er: „Unsere Songs sind leicht und lustig und oft sehr | |
ironisch. Über viele Sachen kann man aber gerade nicht ironisch sprechen.“ | |
Mit einem Song haben Zhadan i Sobaky direkt auf den Krieg reagiert, im | |
Frühjahr komponierten sie mit der Band Vertep das Lied „Diti“, deutsch: | |
„Kinder“. „Es bleibt von der Nacht der dunkle Himmel/ Der Krieg geht | |
weiter, die Kinder wachsen!/ Und du gibst ihnen Liebe, denn außer dir/ Wird | |
sie keiner hier lieben!“, singt Zhadan darin. | |
Auch für die Bataillone an der Front hat die ukrainische Ska-Combo Konzerte | |
gespielt. Meist waren diese Auftritte spontane, hektische, gefährliche | |
Aktionen. „Wenn sich sehr viele Soldaten an einem Ort versammeln, ist die | |
Gefahr eines Raketenbeschusses groß.“ An ein Konzert könne er sich | |
besonders gut erinnern: In einem ehemaligen Werkgebäude hätten sie in | |
Windeseile die Technik aufgebaut, etwa 100 Soldaten seien gekommen. „Nur | |
zweihundert Meter entfernt schlug ein Geschoss ein. Wir sahen, dass etwas | |
getroffen wurde, eine Fabrik oder ein Lagerhaus, schwarzer Rauch zog auf.“ | |
Kurz herrschte Unsicherheit, alle dachten, sie müssten fliehen. Doch dann | |
hätten sie das Konzert trotzdem gespielt. | |
Am Freitag, den 14. Oktober, ist Zhadan zurück in [7][Charkiw]. Er ist via | |
Videochat aus seiner Wohnung im Stadtzentrum zugeschaltet. Aktuell lebt er | |
allein dort, seine Frau und seine Familie sind in der Westukraine, wo es | |
etwas sicherer zugeht. Zhadan sitzt auf einem grauen Sessel, hinter ihm | |
sind Bücherregale zu sehen. Etwas gelöster wirkt er, zwischendurch lacht er | |
auch mal. Charkiw ist an diesem Tag einmal mehr von Raketen getroffen | |
worden, zweimal habe er es krachen hören, erzählt er. „Ich fühle mich | |
dennoch besser, wenn ich zu Hause in Charkiw bin. Derzeit fällt es mir | |
immer etwas schwer, die Ukraine zu verlassen.“ | |
In seiner Heimatstadt wird er gebraucht, von hier aus fährt Zhadan | |
regelmäßig Material zur Front: Generatoren, Spaten, schusssichere Westen, | |
Rucksäcke, Lebensmittel, Medikamente. Zuletzt haben er und Freunde den | |
Soldaten zehn Pick-Ups für Geländefahrten geliefert. Für Charkiw spricht | |
Zhadan von einer seltsamen Normalisierung: Im Zentrum herrsche reges | |
Treiben, die Alarme würden meist ignoriert. Bauunternehmen hätten ihre | |
Arbeit wieder aufgenommen. Ein gutes Zeichen. | |
## Das wichtigste ist Aufmerksamkeit | |
Als er gefragt wird, was ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels | |
bedeute, muss er einen Moment überlegen. Ob das Geld – der Preis ist mit | |
25.000 Euro dotiert – auch wichtig sei, wo er doch derzeit so viel in die | |
Armee investiert? „Nein, es gibt etwas, das ist wichtiger als Geld, das ist | |
die Aufmerksamkeit für die Ukraine. Die Leute im Westen müssen wieder und | |
wieder daran erinnert werden, dass es in Osteuropa diesen riesigen und | |
blutigen Konflikt gibt.“ | |
Für ihn fühle es sich eher so an, als sei es ein Preis für die ganze | |
Ukraine, nicht nur für ihn. „Die Auszeichnung ist nicht nur ein | |
Literaturpreis, sondern ein Zeichen der Solidarität der deutschen | |
Gesellschaft mit unserem Land.“ Preise hat Zhadan in Deutschland auch | |
vorher schon bekommen, doch keinen dieses Ranges. Sein Name steht gut in | |
einer Reihe mit früheren Preisträger:innen wie Swetlana Alexijewitsch | |
oder Orhan Pamuk. | |
Die heutige Solidarität der deutschen Gesellschaft – schön und gut. Aber | |
ist er nicht auch maßlos enttäuscht von der deutschen Russland- und | |
Ukrainepolitik nach 2014? „Es ist bekannt, dass deutsche Politiker eine | |
sehr spezielle Beziehung zu Russland pflegten und viele Kontakte dorthin | |
hatten oder haben. Jetzt bekommen wir die Rechnung dafür, nicht nur die | |
Ukraine, sondern ganz Europa“, sagt Zhadan. | |
Um die ukrainische Literatur muss man sich insgesamt nicht sorgen – neben | |
Serhij Zhadan gibt es ja schließlich auch noch Juri Andruchowytsch, Tanja | |
Maljartschuk und viele weitere Autor:innen mit ihrem jeweils eigenen | |
Sound. Doch Zhadan denkt in diesen Tagen nicht nur an die heimische, | |
sondern auch an die russische Literatur: „Es wird interessant sein, ob es | |
einen russischen Brecht geben wird. Einen Schriftsteller, der diesen | |
verbrecherischen Angriffskrieg des eigenen Landes in seinen Werken | |
verurteilt. Ich vernehme aktuell keine Stimmen aus Russland, weder in der | |
Prosa noch in der Poesie, die diesen Krieg eindeutig verurteilt.“ | |
Nun hat Russland zwar mit Vladimir Sorokin, Dmitry Glukhovsky oder Sergey | |
Lebedew schon Autoren, die gegen Putin ätzen oder sein System entlarven, | |
allerdings schwebt ihm wohl eher ein wirkmächtiges Opus magnum vor: „Ich | |
denke an starke Prosa, an einen Schriftsteller, dessen Dissidenz sich in | |
einem großen Werk widerspiegelt.“ | |
Zhadan ist ein Mutmacher, ein Vorbild auch für jüngere. Und er steht Pars | |
pro Toto für die so wache, mutige, entschiedene Zivilgesellschaft in der | |
Ukraine. Den letzten Post des Tags auf Facebook beendet er seit Beginn des | |
Krieges oft mit den gleichen Worten: „Haltet durch, Freunde, morgen früh | |
sind wir unserem Sieg wieder einen Tag näher.“ Wann dieser Tag dieses | |
Sieges kommt, ob dieser Tag kommt, das kann im Moment keiner sagen. Doch | |
was er tun wird, wenn dieser verdammte Krieg endlich vorbei ist, das weiß | |
Serhij Zhadan schon jetzt, wie er auf dem Podium im Jüdischen Museum | |
verrät: „Ich sehe mich nach dem Krieg in einer Bibliothek, die ich nicht so | |
schnell wieder verlassen werde. Ich werde jede Menge Bücher lesen.“ | |
18 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=iksBDYYGpII | |
[2] https://www.suhrkamp.de/buch/serhij-zhadan-himmel-ueber-charkiw-t-978351843… | |
[3] https://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/ | |
[4] https://www.suhrkamp.de/buch/serhij-zhadan-internat-t-9783518428054 | |
[5] http://culturmag.de/litmag/lyrik-in-charkiw/83370 | |
[6] https://www.suhrkamp.de/buch/serhij-zhadan-die-erfindung-des-jazz-im-donbas… | |
[7] /Millionen-Metropole-Charkiw/!5839527 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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