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# taz.de -- Rechte Szene streitet über Russlandkrieg: Putinversteher vs Ukrain…
> Trotz Russlandkrieg hält die rechtsextreme Szene zu Putin. Eine Gruppe
> Neonazis aber steht zur Ukraine – wegen lokaler Nationalisten.
Bild: Stellt sich klar auf Seiten Putins, und das seit Langem: Compact-Chefreda…
BERLIN taz | Der [1][Angriff Russlands auf die Ukraine] setzt auch die
rechtsextreme Szene in Deutschland in Wallung – indes mit unterschiedlichen
Positionierungen. Während der Großteil der Szene, trotz des Bombardements,
weiter zu Putin hält, stellt sich eine Gruppe Neonazis auf Seiten der
Ukraine.
Für die NPD ist der Schuldige klar. „Die Kriegshetze der NATO hat es nun
geschafft, dass die Brudervölker Russen und Ukrainer aufeinander schießen“,
heißt es in einem aktuellen Präsidiumsbeschluss der rechtsextremen Partei.
Verantwortlich seien die USA, welche die „berechtigten
Sicherheitsinteressen“ Russlands nicht anerkannt hätten – eine eigenwillige
Interpretation der eigenmächtigen Invasion Putins in der Ukraine und dessen
[2][Großmachtreden]. Die zentrale Forderung der NPD nach den Angriffen
dennoch: Amerikanische Soldaten müssten „sofortig“ Europa verlassen, „Ami
go home“.
Ins gleiche Horn stößt das [3][rechtsextreme Compact-Magazin]. Russland sei
„nicht der Aggressor“, schreibt deren Chefredakteur Jürgen Elsässer, auch
nachdem Putin bereits die Ukraine angriff. „Die Aggression geht von der
Nato unter Führung der USA aus.“ Diese würde die Ukraine als
„Offensivplattform gegen Russland“ nutzen. Eine erneute „Spaltung“ der …
in einen US-geführten und einen prorussischen Block wäre „eine gute
Nachricht“, offenbart Elsässer, was hinter seiner Positionierung steckt.
Denn: „Der zerstörerische Globalismus käme zum Stillstand.“
Deutschland jedenfalls müsse in dem Krieg „strikte Neutralität“ wahren, so
Elsässer. Deutsche und Russen dürften sich „nie mehr gegeneinander hetzen
lassen“. Und er fordert nicht nur einen Abzug der US-Truppen aus Europa,
sondern auch einen Austritt Deutschlands aus der Nato und eine neue
Friedensbewegung von rechts.
## Aufruf zu Friedensbewegung von rechts
Die Freien Sachsen, [4][die derzeit in Sachsen und darüber hinaus zu
Coronaprotesten mobilisieren], machen hier bereits einen Aufschlag.
„Friedensbewegung und Coronaprotest verbinden“, appelliert aktuell das
rechtsextreme Bündnis. „Nie wieder sollen sich Deutsche und Russen
bekriegen“, heißt es auch da. Schon fiel den Freien Sachsen zum russischen
Angriffskrieg nur ein: „Stoppt die Hetze gegen Russland.“ Die Nato habe die
ukrainische Regierung „regelrecht aufgestachelt und zu fortwährenden
Provokationen und Überfällen veranlasst“. Sanktionen gegen Russland seien
abzulehnen und die selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk im
Osten der Ukraine anzuerkennen. Denn, so die groteske Begründung: „Auch wir
Sachsen streben nach Autonomie.“
Zurückhaltender, aber dennoch deutlich gibt sich der [5][AfD-Rechtsextreme
Björn Höcke]. Der Thüringer fordert aktuell zwar, die Kriegshandlungen in
der Ukraine „sofort einzustellen“. Aber auch er nahm sofort die USA in
Mitverantwortung für den Russlandkrieg. Die Ukraine sei das Opfer einer
geopolitischen Auseinandersetzung. Sowohl Russland als auch die USA hätten
sich aus dem Land „rauszuhalten“, so Höcke. Nur zwei Tage zuvor hatte er
lakonisch erklärt, Russland tue schlicht, was auch andere Staaten täten –
„nämlich seine Pufferzone zu sichern“. Und Deutschland müsse „aufhören…
Interessenpolitik der USA zu betreiben und beginnen, Russland an Europa
heranzuführen“.
## Der III. Weg hält zu ukrainischen Nationalisten
Anders positioniert sich hingegen die [6][rechtsextreme Splitterpartei „Der
III. Weg“]. Zwar heißt es auch da, man lehne sowohl „den russischen
Imperialismus“ als auch den „US-amerikanischen Globalismus“ ab. Dann aber
spricht die Partei klar von einer „russischen Invasion“ und stellt sich auf
Seiten der Ukraine – offensichtlich wegen dort aktiver nationalistischer
Bataillone. Die Partei bejubelt die „ukrainischen Brüder“ und „nationalen
Aktivisten“, deren „Widerstandswillen noch lange nicht gebrochen“ sei.
Nach eigener Auskunft beteiligten sich Anhänger des III. Wegs auch an einer
Friedenskundgebung am Donnerstagabend vor dem russichen Generalkonsulat in
Frankfurt/Main. Ein Foto zeigt einen Aktivisten mit einem Asow-Emblem –
[7][einem rechtsextremen ukrainischen Freiwilligenbataillon]. Tatsächlich
hält der III. Weg schon länger Kontakte zu Asow, berichtete schon vor
Jahren von Besuchen bei dem Bataillon. Und erst vor wenigen Tagen lobte die
Partei Asow als „bewaffneten Arm der nationalen Bewegung“ in der Ukraine,
der sich in einem „heldenhaften Kampf um die Freiheit ihres Landes“
befinde.
## „Ideologische Kolonnen über Moskau hinaus“
Für den Rechtsextremismusforscher Matthias Quent sind die Szenereaktionen
keine Überraschungen. Er erwartet, dass extreme Rechte und Antidemokraten
den Russlandkrieg auch in Deutschland ausnutzen werden, „um die liberale
Demokratie weiter zu destabilisieren“. Schon länger existiere ein
„Wirkungsbündnis“, das auch hierzulande Desinformation und Aufstachelung
verbreite. „Moskaus ideologische Kolonnen und Helfer reichen weit über die
Ukraine hinaus.“
Auch sei zu erwarten, dass die Szene schnell wieder zu prorussischen
Protesten wie den [8][montäglichen Friedensmahnwachen vor einigen Jahre]n
zurückkehren werde, so Quent. Dies könnte „ein Comeback von Relativierung
und Revisionismus“ bedeuten.
## Ausreise deutscher Rechtsextremisten verbieten
Die Bundesregierung kündigte derweil an, Ausreisen deutscher
Rechtsextremisten ins ukrainische Kriegsgebiet unterbinden zu wollen.
Würden solche Reiseabsichten bekannt, werde die Bundespolizei
Fahndungsnotierungen und Ausreiseuntersagen prüfen, erklärte das
Bundesinnenministerium auf eine Linken-Anfragen, die der taz vorliegt. Die
Bundespolizeidirektionen seien in dieser Frage bereits „sensibilisiert“
worden. Bei Verdachtsfällen werde es „intensive Kontrollmaßnahmen“ geben.
Auch die Linken-Innenexpertin Martina Renner forderte die
Sicherheitsbehörden auf, hier wachsam zu bleiben und Ausreisen deutscher
Neonazis in die Ukraine und nach Russland „besonders im Blick zu haben“.
Zuletzt hatte etwa der frühere NPD-Funktionär Baldur Landogart auf Telegram
zum Krieg in der Ukraine erklärt, er werde, wenn es ihm möglich sei, „an
den Kämpfen teilnehmen“. Gleichzeitig offerierte er: „Wer anstelle von
einem 1000ten Corona-Spaziergang einmal an einem richtigen Kampf teilnehmen
möchte, kann sich melden.“ Anschließend verschickte Landogart
Kontaktadressen des rechtsextremen National Korps in der Ukraine. Und an
Putinversteher in der eigenen Szene gerichtet erklärte er: „Ihr seid nicht
mehr meine Kameraden und Ihr gehört auch nicht mehr meinem Volk an.“
25 Feb 2022
## LINKS
[1] /Nachrichten-zum-Angriff-auf-die-Ukraine/!5837663
[2] /Putins-Motive/!5837546
[3] /Compact-Magazin-in-der-Krise/!5676890
[4] /Freie-Sachsen-heizen-Coronaprotest-an/!5820715
[5] /Immunitaet-von-Bjoern-Hoecke-aufgehoben/!5817905
[6] /Rechtsradikale-Kleinstpartei-III-Weg/!5803324
[7] /Rechtsextreme-in-der-Ukraine/!5426354
[8] /Neue-Montagsmahnwachen/!5039394
## AUTOREN
Konrad Litschko
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