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# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Neonazis wollen an die Front
> Rechtsextreme rufen in Deutschland zu Ausreisen in die Ukraine auf.
> Innenministerin Faeser will das verhindern, die Polizei prüft
> Ausreisesperren.
Bild: Innenministerin Nancy Faeser will die Ausreisen deutscher Neonazis in die…
Berlin taz | Die Ansagen sind klar. „Möchte mich den ukrainischen Truppen
anschließen. Wie kommt man am besten hin?“, fragt ein Nutzer in einem
rechtsextremen Telegramkanal. Ein anderer erklärt, ihm gehe es um einen
Kampf der „Kameraden“ gegen die russischen „Neobolschewiken“. Ein dritt…
wiederum erkundigt sich bereits nach der Ausrüstung. „Hauptsache man
bekommt ein funktionierendes Sturmgewehr und Handwaffen.“
Es sind Nachrichten, die in rechtsextremen Social Media Kanälen auftauchen,
seit Russland seine Invasion in der Ukraine begann. [1][Zwar hält ein Teil
der Szene zu Putin] und wettert gegen die Nato und den „Globalismus“.
Andere aber stellen sich auf Seiten der Ukraine – aus Sympathie für
nationalistische Kampftruppen wie das [2][Asow Bataillon], das dort unter
vielen anderen aktiv ist.
Das Bundesinnenministerium spricht inzwischen von Ausreisen deutscher
Rechtsextremer „im niedrigen einstelligen Bereich“, die bekannt seien. Dazu
gebe es Aufrufe in der Szene, „die Kampfhandlungen auf ukrainischer Seite
zu unterstützen“. Gleichzeitig wird in Sicherheitskreisen eingeräumt, dass
Hinweise auf Ausreisen derzeit schwer zu verifizieren seien.
## Innenministerin Faeser will Ausreisen verhindern
[3][Innenministerin Nancy Faeser] (SPD) kündigte nun an, weitere Ausreisen
stoppen zu wollen. Hier lebenden Ukrainer:innen, die sich an den Kämpfen
beteiligen wollten, könne man das rechtlich nicht verbieten, sagte sie am
Donnerstag dem Deutschlandfunk. Bei Extremisten aber sei es anders. „Da
wollen wir verhindern, dass sie sich an kriegerischen Aktionen beteiligen.“
Und auch Landesinnenminister wie der Thüringer Georg Maier (SPD) stimmen
ein. „Wir nehmen die Aufrufe in der rechtsextremen Szene, sich an Kämpfen
in der Ukraine zu beteiligen, sehr ernst und haben das genau im Blick“,
erklärte Maier der taz. Es sei richtig, Ausreisen von Rechtsextremisten zu
unterbinden.
Laut Bundesinnenministerium wurde die Bundespolizei [4][schon vor Tagen
„sensibilisiert“], Rechtsextreme an einer Ausreise in die Ukraine zu
hindern. Würden solche Absichten bekannt, prüfe die Polizei
Fahndungsnotierungen und Ausreiseuntersagen, so das Ministerium. Bei
Verdachtsfällen gebe es „intensive Kontrollmaßnahmen“. Auch ein führender
Verfassungsschützer erklärt: „Wir verfolgen die Werbungsversuche mit großer
Aufmerksamkeit.“
Reisen die Rechtsextremen allerdings etwa privat per PKW ins Kriegsgebiet,
gibt es kaum Möglichkeiten, sie zu erwischen – es sei denn sie werden an
der ukrainischen Grenze nicht durchgelassen. Der ukrainische Präsident
Wolodymyr Selensky hatte zuletzt indes internationale Freiwillige
aufgerufen, sich am Widerstand gegen die russischen Angriffe zu beteiligen.
## Beteiligung an Kämpfen rechtlich erlaubt
Und tatsächlich ist eine Ausreise zu den Kämpfen völkerrechtlich erstmal
nicht verboten. „Die Einreise in die Ukraine mit dem Ziel, sich dort an
Kampfhandlungen zu beteiligen oder dafür ausbilden zu lassen, ist als
solche nach dem deutschen Strafrecht nicht strafbar“, erklärt das
Bundesjustizministerium. Die Betroffenen müssten aber als Kombattanten von
Streitkräften, Milizen oder Freiwilligenkorps aufgenommen werden, als
solche erkennbar sein und dürften sich nicht an Kriegsverbrechen
beteiligen.
Bei den Ausreisesperren für Rechtsextreme könnte die Polizei aber auf einen
Passus im Passgesetz zurückgreifen, wonach eingeschritten werden darf, wenn
deutsche Staatsangehörige „erhebliche“ Handlungen im Ausland planen, die
die auswärtige Beziehungen oder das internationale Ansehen der
Bundesrepublik schädigten.
## Rechtsextreme mobilisieren zu Sammelpunkten
Die Rechtsextremen mobilisieren derweil weiter. Besonders offensiv stellt
sich [5][„Der III. Weg“] auf Seiten der Ukraine. Die rechtsextreme
Splitterpartei hält bereits seit Jahren Kontakt zu Asow. „Während der
Kämpfe in der Ukraine stehen Nationalisten an vorderster Front“, wird dort
bejubelt. Und bei den „ukrainischen Brüdern“ sei der „Widerstandswillen
noch lange nicht gebrochen“.
Zuletzt betonte die Partei auch, dass „ausländische Freiwillige“ derzeit
visafrei in die Ukraine einreisen könnten. Zudem hätten sich in Kiew zwei
Brigaden aus Nichtukrainern gebildet. „Viele Freiwillige“ aus verschiedenen
EU-Staaten hätten sich „bereits dem Kampf gegen die russischen Invasoren
angeschlossen“. Es las sich wie ein indirekter Aufruf.
Andere Rechtsextreme werden noch konkreter. Als einer der Wortführer tritt
derzeit der frühere [6][NPD-Funktionär Tobias Schulz] auf, der unter dem
Pseudonym Baldur Landogart firmiert. In seinem Telegramkanal erklärte er,
er werde, wenn es ihm möglich sei, „an den Kämpfen teilnehmen“. Auf älte…
Fotos zeigte er sich mit Asow-Kämpfern. Nun offerierte Schulz: „Wer
anstelle von einem 1000ten Corona-Spaziergang einmal an einem richtigen
Kampf teilnehmen möchte, kann sich melden.“ Anschließend verschickte Schulz
Kontaktadressen des rechtsextremen National Korps in der Ukraine.
In einem anderen rechtsextremen Telegramkanal wird als Treffpunkt für
„Freiwillige“ die Stadt Lviv im Westen der Ukraine benannt, auch hier mit
direkter Adresse. Diese führt zu einem Apartmenthotel. Ob sich dort
tatsächlich deutsche Neonazis sammelten, ist aber unklar.
## „Große Gefahr für die Innere Sicherheit“
Die Linken-Innenexpertin Martina Renner warnt bereits: „Deutsche Neonazis,
die an Kampfhandlungen in der Ukraine teilnehmen, stellen durch ihre im
Kampfeinsatz gewonnenen Erfahrungen nach ihrer Rückkehr eine große Gefahr
für die Innere Sicherheit dar.“ Die Bundesregierung müsse daher „alles
unternehmen“, um die Ausreisen zu verhindern und einen Plan erarbeiten, wie
mit möglichen Rückkehrern umzugehen sei.
Tatsächlich scheint der Druck auf die Szene zu steigen. Ex-NPDler Tobias
Schulz, der sich offenbar noch in Deutschland befindet, berichtete am
Mittwoch auf seinem Telegramkanal, dass die „Staatsmacht gerade bei mir zu
Hause war“. Er wolle deshalb klarstellen, dass man „lediglich humanitäre
und politische Hilfe“ leiste. In früheren, teils nun gelöschten, Postings
von ihm und anderen Rechtsextremen klang das indes anders.
3 Mar 2022
## LINKS
[1] /Rechte-Szene-streitet-ueber-Russlandkrieg/!5837676
[2] /Rechtsextreme-in-der-Ukraine/!5426354
[3] /Die-Ampel-Politik-wird-weiblicher/!5818635
[4] /Rechte-Szene-streitet-ueber-Russlandkrieg/!5837676
[5] /Rechtsradikale-Kleinstpartei-III-Weg/!5803324
[6] /Rechte-Szene-streitet-ueber-Russlandkrieg/!5837676
## AUTOREN
Konrad Litschko
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