# taz.de -- Neonazi-Partei „III. Weg“: Die rechte Sekte | |
> Der „III. Weg“ ist dabei, im deutschen Rechtsextremismus die Führung zu | |
> übernehmen. Und er profiliert sich mit der Nähe zu ukrainischen | |
> Nationalisten. | |
ZWICKAU taz | Matthias Fischer gibt sich gönnerhaft. Selbstverständlich | |
unterstütze man die „Kameraden“ in der Ukraine, sagt der „III. Weg“-Ch… | |
vergangenen Sonntag, als er anlässlich des Tags der Arbeit mit seiner | |
Partei durch das sächsische Zwickau marschiert. Die „nationalrevolutionäre | |
Demonstration“ läuft streng geordnet, vorneweg zwei Trommler, links und | |
rechts Polizisten, rechtsextreme Parolen hallen durch abgesperrte Straßen, | |
an den Straßenecken Gegenprotest. Fischer läuft mittendrin, tut | |
unbeeindruckt und beantwortet nebenbei Fragen zum Krieg in der Ukraine. | |
Denn in diesem will die Partei eine aktive Rolle spielen. | |
Die Idee mit den Spendentransporten sei früh in der Partei entstanden, sagt | |
der 45-Jährige, der sich „Aryan Hope“ über das linke Ohr tätowiert hat. … | |
wolle aber nur liefern, was die „Truppen“ in der Ukraine wirklich | |
bräuchten. [1][Deshalb die Militärkleidung, die Funkgeräte, die | |
Wärmebildkameras]. Das alles habe sich „privat angefunden“, behauptet | |
Fischer. Und in Wahrheit sei man nicht, wie bisher bekannt, zwei Mal in die | |
Ukraine gefahren, sondern etwa ein Dutzend Mal. „Wir sammeln andauernd, und | |
wenn genug zusammen ist, fahren wir los.“ | |
Überprüfen lässt sich das nicht, es ist zunächst mal wieder Teil der | |
Inszenierung des rechtsextremen „III. Wegs“. Und auf die setzt Fischers | |
Partei auch am 1. Mai in Zwickau. Gleich in die erste Reihe wird ein | |
Anhänger mit der Fahne des ukrainischen „Nationalen Korps“ geschickt – d… | |
politischen Arms der Asow-Bewegung. Rechtsextreme gründeten diese beim | |
Maidan-Aufstand 2014, mitsamt dem gleichnamigen Freiwilligenbataillon, das | |
heute vor allem in Mariupol gegen die russischen Invasoren kämpft. | |
Bei einer Rede ätzt Fischer später über Putins „Neobolschewiken“ und bit… | |
um Spenden, „damit unsere Truppen da drüben besser dastehen“. Sein | |
Stellvertreter und Parteigründer Klaus Armstroff verliest die Namen | |
gefallener ukrainischer „Märtyrer“. Und am Ende lässt die Partei blau-gel… | |
Luftballons aufsteigen. | |
Schon zuvor fuhr die Partei ihr Militärgut ins Kriegsgebiet. Im Internet | |
prahlte der „III. Weg“ mit zwei Fahrten, am 22. März und 1. April. Auf | |
Fotos sieht man säckeweise Tarnfleckkleidung, auf einem anderen eine Frau | |
in Armeekleidung mit einer Asow-Fahne, die eine Schutzplatte hält. Und | |
immer wieder dazu drapiert die moosgrüne Flagge mit Eichenkranz des „III. | |
Wegs“. | |
800 Kälteschutzanzüge der Bundeswehr will man an „nationalistische | |
Einheiten“ geliefert haben, „direkt an die Front“. Dazu 200 Kampfwesten, | |
vier Splitterschutzwesten, 24 Funkgeräte, zehn schusssichere Platten, drei | |
Wärmebildkameras. Wie genau diese Lieferung in die Ukraine gelangte, | |
darüber schweigt Anführer Fischer. Andere in der Partei mit mehr Zeit | |
hätten sie rübergefahren, er selbst sei nicht dabei gewesen, sagt er. | |
Die Materialfahrten jedenfalls sind ein Erfolg für die Neonazis, den es so | |
eigentlich nicht geben sollte. Denn Bundesinnenministerin [2][Nancy Faeser | |
hatte zuvor erklärt], Ausreisen von Rechtsextremisten ins ukrainische | |
Kriegsgebiet verhindern zu wollen. Die Bundesregierung aber bestätigt, dass | |
die beiden Fahrten am 22. März und 1. April tatsächlich stattfanden. Zu | |
Weiterem schweigt auch sie: um die Arbeit des Verfassungsschutzes nicht zu | |
gefährden, der die Partei überwacht. | |
Tatsächlich gibt es für den „III. Weg“ mit der Ukraine momentan im Grunde | |
nur ein Thema. Seit Beginn der russischen Invasion stellt sich die Partei | |
auf deren Seite – wegen dortiger nationalistischer Kämpfer. Fast täglich | |
berichtet sie auf ihrer Webseite von vermeintlichen Erfolgen vor allem des | |
Asow-Regiments. Gepriesen werden die „ukrainischen Brüder“, deren | |
„Widerstandswillen noch lange nicht gebrochen“ sei. | |
Der „III. Weg“ ist damit [3][ein Solitär in der deutschen rechtsextremen | |
Szene]. Denn dort wird mehrheitlich weiter zu Putins Russland gehalten und | |
die Nato als Schuldiger für den Krieg propagiert. Der „III. Weg“ geißelte | |
dagegen schon vor Jahren Russland als „Vielvölkerstaat“, in dem Asiaten, | |
Juden und Muslime ihren Platz hätten. Zwar ätzte die Partei auch, dass der | |
ukrainische Präsident Wolodimir Selenski „korrupt und jüdisch“ sei. Man | |
stehe aber nicht zur Regierung, sondern zu den dortigen Nationalisten – und | |
diese hätten die „mittelfristig größten Potenziale“ in Europa. | |
Die Solidarität kommt nicht von ungefähr: Schon seit Jahren hält der „III. | |
Weg“ Kontakt zu Asow-Vertretern. Und von jeher propagiert die Partei auch | |
hierzulande beständig Widerstands- und Umsturzaufrufe, bildet ein | |
Auffangbecken für Militante. Damit ist der „III. Weg“ inzwischen zum | |
radikalsten und aktivsten Posten der rechtsextremen Szene in Deutschland | |
avanciert. Und das bisher fast gänzlich ungestört. | |
„Der III. Weg sucht klar eine Führungsrolle in der rechtsextremistischen | |
Szene“, erklärt Jörg Müller, Verfassungsschutzchef in Brandenburg, der | |
Matthias Fischer genau im Blick hat – der Parteichef wohnt in dem | |
Bundesland. „Schon heute stellt die Partei mit ihren Aktivitäten die NPD in | |
den Schatten. Gleichzeitig ist sie mit ihrer Ideologie und | |
Gewaltbereitschaft besonders gefährlich.“ Und auch der Verfassungsschutz in | |
Sachsen, wo die Partei in Plauen ihre Zentrale hat, nennt den „III. Weg“ | |
inzwischen die „aktivste“ erwiesen rechtextreme Parteistruktur. | |
Nach dem 1. Mai in Zwickau sind es indes andere Schlagzeilen, mit denen der | |
„III. Weg“ mal wieder in der Öffentlichkeit steht. Anhänger hatten auf dem | |
Weg zu ihrem Aufmarsch [4][im sächsischen Glauchau linke Gegendemonstranten | |
in einem Zug mit Steinwürfen attackiert]. Einer, in grüner Parteijacke, | |
zeigte den Hitlergruß, dann schlug er Richtung Gegendemonstranten gegen | |
eine Zugscheibe. Videos dokumentieren den Angriff. Und dort auch zu sehen: | |
Parteigründer Armstroff, der der Gewalt ungerührt zuschaut. | |
Es ist das Bild, das den „III. Weg“ seit seiner Gründung 2013 prägt: | |
Radikale Neonazis, die den Nationalsozialismus verherrlichen und die es zur | |
Gewalt zieht. Und die für Aufmerksameit immer wieder provozieren – mit | |
Erfolg. | |
Schon 2015 veröffentlichte die Partei Standorte von Asylunterkünften und | |
befeuerte so Proteste und Gewalt gegen Geflüchtete. Am 1. Mai 2019 | |
imitierte sie in Plauen mit Fackeln, Trommeln und einem Galgen einen | |
NS-Aufmarsch – anschließend wurde bundesweit darüber diskutiert. Gleiches | |
geschah, als sie zuletzt im Bundestagswahlkampf in Zwickau Plakate mit der | |
Aufschrift „Hängt die Grünen“ aufhängte. Oder in Würzburg drei Leichens… | |
auf die Straße legte, vor den Bildern der Kanzlerkandidaten Laschet, Scholz | |
und Baerbock. Später sorgte der „III. Weg“ für Wirbel, als er in | |
Brandenburg Grenzkontrollgänge gegen Geflüchtete ausrief. Zudem reihte sich | |
die Partei zuletzt offensiv in die bundesweiten Coronaproteste ein. Und nun | |
folgt das Thema Ukraine. | |
Dabei ist die Partei immer noch überschaubar, 600 Mitglieder zählt der | |
Verfassungsschutz bundesweit und 20 „Stützpunkte“, vor allem in | |
Ostdeutschland, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Aber ihre Zahl steigt. Im | |
September 2013 hatte Klaus Armstroff, ein 65-jähriger Elektriker mit | |
Schnauzer und früherer NPD-Funktionär aus Rheinland-Pfalz, den „III. Weg“ | |
ins Leben gerufen – weil ihm die NPD zu lasch wurde. Die Partei wurde | |
schnell zum Auffangbecken für radikale Neonazis, deren Kameradschaften von | |
Verboten bedroht waren. Allen voran das 2014 verbotene „Freie Netz Süd“, zu | |
dem auch der heutige Parteichef Fischer gehörte. | |
Auch Matthias Fischer ist seit vielen Jahren eine Szenegröße. Der | |
großgewachsene Handwerker, 45 Jahre alt, mit dem strengen Scheitel lebte | |
lange Jahre in Bayern, baute dort Kameradschaften mit auf, die | |
NSU-Terroristen führten ihn auf einer Kontaktliste. Zunächst war auch | |
Fischer in der NPD, wurde Bezirksvorsitzender in Mittelfranken, bevor er | |
2008 austrat, weil auch ihm die Partei zu wenig „revolutionär“ war. Zuletzt | |
kehrte Fischer nach Brandenburg zurück, in die Uckermark. Den „III. Weg“ | |
baute er mit auf, lange Jahre als Vizechef. | |
Seit November 2021 führt Fischer nun die Partei an, mit straffer Hand und | |
radikalen Tönen. Bei seiner Antrittsrede hetzte er über eine „bunte | |
Republik der Antimenschen“, das „totalitäre antideutsche System“ und ein… | |
„Coronawahnsinn“. Danach pilgerte die Partei in das oberfränkische | |
Wunsiedel, zum Gedenken an den dort einst begrabenen Hitler-Stellvertreter | |
Rudolf Heß. | |
Das passt zum Parteiprogramm. Ideologisch gehört der „III. Weg“ zum | |
Radikalsten, was die rechtsextreme Szene in Deutschland derzeit zu bieten | |
hat. Angestrebt wird ein „deutscher Sozialismus“, samt Wiederherstellung | |
eines „Gesamtdeutschlands“, das „größer als die BRD“ sei. Die „biol… | |
Substanz des Volkes“ sei zu erhalten, erwerbslose Migranten „stufenweise | |
auszuweisen“. Der Verfassungsschutz sieht Anleihen bei der NSDAP. | |
Der „III. Weg“ macht aus seinen Umsturzplänen keinen Hehl. „Eine nationa… | |
Revolution ist nicht nur nötig, sondern auch machbar“, verkündete Fischer | |
zuletzt. Freiheit werde einem nicht geschenkt, „die muss erkämpft werden“. | |
Die Partei selbst versteht sich dabei als revolutionäre Elite. | |
Parteimitglieder müssen sich erst als Anwärter bewähren und Schulungen | |
absolvieren. Mit Kampfsport und einem „Ordnungsdienst“ wird Gewalt | |
eingeübt, veranstaltet werden „Leistungsmärsche“. Auf Demonstrationen | |
präsentiert man sich geschlossen mit den moosgrünen Parteihemden und | |
Fahnen. In Sicherheitskreisen zieht man Vergleiche zu einer Sekte. | |
Dennoch kann der „III. Weg“ bereits seit fünf Jahren in Plauen ungehindert | |
ein „Bürgerbüro“ betreiben, dort Frühstücke, Nachhilfe oder eine | |
Kleiderkammer anbieten, fast alles kostenlos und natürlich „nur für | |
Deutsche“. Gezielte Imagepflege, die verfängt: Der Chef des Plauener | |
Parteibüros und sächsische „III. Weg“-Anführer Tony Gentsch sitzt | |
inzwischen im Stadrat und Kreistag, gibt sich dort aber zurückhaltend. | |
Wie die Partei wirklich tickt, zeigt sich am 1. Mai in Zwickau auf der | |
Straße. Ordner choreografieren die Aufmarschteilnehmer, verteilen Fahnen | |
und Schilder. Präsentiert wird ein Banner mit Gefängnisstäben und dem | |
Slogan „Reserviert für Volksverräter“. Auf die Parole „Kriminelle Ausl�… | |
raus“, skandiert ein Redner: „Und die anderen?“ Antwort der Meute: „Auch | |
raus!“ Die Polizei lässt es zu. Dazwischen geht sie erst, als Neonazis | |
Pressevertreter bedrängen und Parteichef Fischer einige von ihnen | |
„Dreckschweine“ nennt. Am Ende wird auf der Bühne ein Soldatenlied von Hans | |
Baumann angestimmt, der einst zur NS-Reichsjugendführung gehörte. | |
Es ist die alte Neonazi-Schule. Und Zwickau zeigt auch: Die Mobilisierung | |
stößt an ihre Grenzen. Dass trotz bundesweiter Bewerbung nur gut 250 | |
Anhänger nach Zwickau reisen, ist für den „III. Weg“ eine Enttäuschung. … | |
den Gekommenen zählen indes einige, die man früher bei der NPD-Jugend oder | |
in der Kameradschaftsszene sah. Doch tatsächlich erfährt der „III. Weg“ | |
Zuwachs – während sich die restliche Neonaziszene in der Dauerkrise | |
befindet. So zählt zwar die NPD immer noch weit mehr Mitglieder. Deren Zahl | |
aber sinkt seit Jahren, auch finanziell steht die Partei vor dem Ruin, | |
politische Impulse kommen von ihr schon länger keine mehr. Die Parteispitze | |
plädiert derzeit für eine Umbenennung. Auch die Neonazi-Partei „Die Rechte�… | |
bleibt ein nordrhein-westfälisches Regionalphänomen, ebenso wie die „III. | |
Weg“-Abspaltung „Neue Stärke“ in Thüringen. | |
Und mit dem Thema Ukraine hat der „III. Weg“ ein neues | |
Alleinstellungsmerkmal. Eines mit Vorlauf. Schon 2017 berichtete der „III. | |
Weg“ von einem Besuch in Kiew bei der Asow-Bewegung und dem „Nationalen | |
Korps“. Mit dabei: Fischer, Armstroff und Gentsch. Gemeinsam standen die | |
deutschen Neonazis beim „Marsch der Nation“ auf der Straße, der von | |
ukrainischen Nationalisten veranstaltet wurde. Auch in den Folgejahren | |
beteiligte sich die Partei an dem Marsch und vernetzte sich in Kiew auf | |
einer „Reconquista“-Konferenz mit anderen Rechtsextremen aus dem Ausland. | |
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Asow-Bewegung in der Ukraine längst | |
nicht so verankert ist, wie der „III. Weg“ es propagiert. Das gleichnamige | |
Regiment hat sich inzwischen von der Bewegung abgekoppelt, sich teils von | |
seinen rechtsextremen Wurzeln losgesagt und ist schon länger der | |
Nationalgarde unterstellt. Und auch das „Nationale Korps“ verpasste bei der | |
ukrainischen Wahl 2019, obwohl es sich mit anderen rechtsextremen Parteien | |
zusammentat, den Parlamentseinzug. | |
Der „III. Weg“ feiert in einem Parteibericht dennoch Asow als „bewaffneten | |
Arm der nationalen Bewegung“, der sich in einem „heldenhaften Kampf um die | |
Freiheit“ der Ukraine befinde. Unverhohlen wird auch bewundert, wie | |
Rechtextreme in der Ukraine „gegen alles kämpfen, was sie schädigt und ihre | |
Zukunft zerstört“: Spielkasinos würden angegriffen, Genderaktivismus | |
„militant bekämpft“, für die Jugend gebe es „Ausbildung an der Waffe“… | |
Faszination des „III. Wegs“ für den Ukrainekrieg liegt wohl hierin | |
begründet: dass hier auch Rechtsextremisten mit Waffen für ihre Sache | |
kämpfen. | |
Die Sicherheitsbehörden beobachten das mit Sorge. Tatsächlich wissen sie | |
von bisher rund 20 deutschen Rechtsextremen, die ins ukrainische | |
Kriegsgebiet ausreisten, eine Handvoll soll feste Kampfabsichten gehabt | |
haben. Innenministerin Faeser versicherte zuletzt, dies „sehr stark im | |
Blick“ zu haben. Und Brandenburgs Verfassungsschutzchef Müller erinnert an | |
Kampftrainings, die deutsche Rechtsextremisten schon in der Vergangenheit | |
in der Ukraine absolvierten. „Wenn wir eins nicht gebrauchen können, dann | |
sind es Neonazis, die nun an Waffen kommen und weiter verrohen.“ | |
Matthias Fischer weist solche Pläne nur halbherzig zurück. Er selbst rate | |
seinen Parteifreunden ab, sich an den Kämpfen in der Ukraine zu beteiligen, | |
behauptet er. „Wir führen in Deutschland ja auch einen politischen Kampf, | |
für den wir jeden brauchen.“ Aber letztlich sei das, so Fischer, eine | |
individuelle Entscheidung, die er niemandem verbieten könne. | |
Tatsächlich ist „Der III. Weg“ bereits heute ein Sammelbecken für Militan… | |
– auch wenn Fischer erklärt, die Partei lehne Gewalt ab. Auch die Angriffe | |
seiner Leute in Glauchau bezeichnet er als „kontraproduktiv“ – wobei er | |
sogleich einschränkt, es sei erst mal zu klären, was genau passiert sei. In | |
einem Parteihandbuch wird Gewalt sogar legitimiert: „Aus Gründen des | |
Selbstschutzes“ sei diese durchaus vertretbar. Und auch Fischer ist wegen | |
Volksverhetzung vorbestraft, saß bereits im Gefängnis, ebenso wie | |
Sachsen-Chef Tony Gentsch. Klaus Armstroff wiederum reiste nach | |
taz-Informationen mit Parteifreunden im August 2020 zu einem Schießtraining | |
nach Tschechien. Und zum bayerischen Parteivorstand gehört mit Karl-Heinz | |
S. ein Mann, der 2003 einen Anschlag auf die Grundsteinlegung des jüdischen | |
Gemeindezentrums München plante – und der im NSU-Prozess Kontakt zu den | |
Angeklagten André Eminger und Ralf Wohlleben hielt. Das Verfahren geißelte | |
die Partei als „Schauprozess“. | |
Im vergangenen Jahr wurde zudem [5][die bayrische „III. Weg“-Aktivistin | |
Susanne G.] wegen eines rechtsterroristischen Anschlagsplans verurteilt: | |
Sie hatte Morddrohungen samt Patronen an Politiker, eine Moschee und einen | |
Hilfsverein für Geflüchtete verschickt und bereits Material zum Bombenbau | |
beschafft. Laut Anklage gehörte sie seit 2015 zum „III. Weg“, nahm an | |
Parteitreffen und Aufmärschen teil, hielt ebenfalls engen Kontakt zu den | |
NSU-Helfern Eminger und Wohlleben. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe trat sie | |
zwar aus der Partei aus – hielt aber weiter Kontakt insbesondere zu | |
Armstroff. Und: Auch Susanne G. reiste nach taz-Informationen im Oktober | |
2019 mit dem „III. Weg“ nach Kiew. | |
Trotz alledem kann die Partei bislang recht ungestört agieren. In Plauen | |
verfügt der „III. Weg“ neben seinem Parteibüro inzwischen über eine zwei… | |
Immobilie. Und deren soziale Angebote fänden regen Zuspruch, berichtet | |
Doritta Kolb-Unglaub vom Colorido-Verein, der vor Ort Demokratiearbeit | |
leistet. „Das zieht viel Jugend an.“ Die Stadt tue dagegen wenig. „Außer | |
heißen Worten kommt da nichts.“ Oberbürgermeister Steffen Zenner (CDU) | |
erklärt dazu, der „III. Weg“ sei eine zugelassene Partei, man habe „wenig | |
Möglichkeiten der Einflussnahme“. Mehrfach sei die Stadt etwa mit | |
Demonstrationsverboten vor Gerichten gescheitert. Man fördere aber breite | |
soziale Angebote, „um Kinder und Jugendliche nicht dem braunen Spektrum zu | |
überlassen“, versichert Zenner. | |
Tatsächlich geht das Kalkül der Neonazis, sich als Partei zu gründen, | |
bisher auf. Umso mehr, seit das Bundesverfassungsgericht 2017 ein Verbot | |
der NPD ablehnte: Die Partei sei zwar klar verfassungsfeindlich, aber viel | |
zu einflusslos, um die Demokratie an sich zu gefährden, befanden die | |
Richter damals. Für den „III. Weg“, mit noch mal weniger Mitgliedern dürf… | |
dies nach dieser Logik umso mehr gelten. | |
Immerhin: In Zwickau erhält der Aufmarsch der Partei enge Auflagen. Fackeln | |
und paramilitärisches Formieren sind verboten, nur zwei Trommeln erlaubt – | |
zum Unmut Fischers. Auch die Grenzaktion seiner Partei im Herbst in | |
Brandenburg wurde von der Polizei gestoppt. Und in Siegen verlor der „III. | |
Weg“ zuletzt ein Parteibüro, der Mietvertrag wurde gekündigt. | |
Dennoch baut der „III. Weg“ weiter seine Strukturen aus. Zuletzt schuf sich | |
die Partei einen Nachwuchsverband, die „Nationalrevolutionäre Jugend“. Erst | |
zu Jahresbeginn eröffnete die Partei ein weiteres Büro im Thüringer | |
Ohrdruf, im März dann eines in Hilchenbach in Nordrhein-Westfalen. Zudem | |
gründete die Partei neue „Stützpunkte“ in Baden-Württemberg und | |
Sachsen-Anhalt. Parteichef Fischer reiste jeweils eigens dafür an, pries | |
die „stabile Basisarbeit“. Für Brandenburgs Verfassungsschutzpräsidenten | |
Müller ist der nächste Schritt schon absehbar: „Demnächst wird der ‚III. | |
Weg‘ der NPD-Jugend den Rang ablaufen oder versuchen, diese zu | |
vereinnahmen.“ | |
Die Linken-Innenexpertin Martina Renner fordert nun deutlich mehr Druck auf | |
die Partei: Die Behörden müssten deren Finanzen und Immobilien genau in den | |
Blick nehmen, Verstöße sofort ahnden. Vor allem aber müsse die hohe | |
Gewaltbereitschaft der Parteianhänger konsequenter bekämpft werden. „Dort, | |
wo Angriffe geschehen, muss schneller und umfassender als bisher gehandelt | |
werden.“ In der Ampelkoalition gehen einige sogar noch weiter. Der „III. | |
Weg“ sei eine „glasklare Neonazi-Partei“, sagt dort SPD-Innenexperte Uli | |
Grötsch. „Ein Verbotsverfahren ist längst überfällig.“ | |
Matthias Fischer sagt, mit einem Verbot müsse seine Partei immer rechnen. | |
Wenn der Staat das wolle, werde er es tun. Auch dann würden er und die | |
anderen aber ihren Kampf weiterführen, gibt sich der Neonazi trotzig. | |
Dennoch wäre es ein Schlag: Fischers neunjährige Aufbauarbeit für den „III. | |
Weg“ wäre erst mal hinfällig. Bisher aber muss der 45-Jährige wenig | |
fürchten. Fragt man im Bundesinnenministerium zu der Verbotsforderung nach, | |
wird darauf verwiesen, dass der Bundestagspräsident dem „III. Weg“ zuletzt | |
die Parteieigenschaft anerkannte. Und dass ein Parteiverbot „sehr hohe | |
Hürden“ habe. | |
7 May 2022 | |
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