# taz.de -- Flucht aus der Ukraine: Deutschland wappnet sich und hilft | |
> 1.800 Geflüchtete aus der Ukraine erreichten bisher die Bundesrepublik. | |
> Sie sollen für bis zu drei Jahre Schutz erhalten. Viele Hilfsaktionen | |
> laufen. | |
Bild: Wie hier in Erfurt werden derzeit bundesweit Spenden für die Ukraine auf… | |
BERLIN taz | Sie kommen mit dem Zug, mit PKWs oder Bussen: Immer mehr | |
[1][Geflüchtete aus der Ukraine] erreichen inzwischen auch Deutschland. Ein | |
Sprecher von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach am Montag von | |
1.800 Geflüchteten, die seit Kriegsbeginn hierzulande eingereist seien. | |
Darunter sollen auch einige Menschen aus anderen Staaten sein, etwa | |
ausländische Studierende. | |
Die Zahl bleibt ein [2][Bruchteil aller Geflüchteter] – laut UN sind | |
inzwischen 500.000 Menschen aus der Ukraine auf der Flucht, die meisten | |
davon in Nachbarländer, mehr als die Hälfte nach Polen. Mit wie vielen | |
ukrainischen Geflüchteten in Deutschland noch zu rechnen ist, sei weiter | |
nicht abschätzbar, erklärte Faeser zuletzt. | |
Den deutschen Behörden ist zudem unklar, wie viele Geflüchtete bereits bei | |
Bekannten oder Verwandten in Deutschland untergekommen sind. | |
Ukrainer:innen dürfen in den Schengenraum für 90 Tage visafrei | |
einreisen, wenn sie einen biometrischen Pass haben – Deutschland | |
verlängerte diese Frist nun auf 180 Tage. Auch eine Arbeitsaufnahme ist | |
ihnen hierzulande erlaubt. | |
## EU will Ukrainer:innen Schutzstatus gewähren | |
Die Innenminister:innen der EU hatten sich am Sonntagabend geeinigt, | |
geflüchteten Ukrainer:innen für bis zu drei Jahre einen | |
[3][vorübergehenden Schutzstatus] zu gewähren. Sie müssen damit kein | |
langwieriges Asylverfahren durchlaufen. Der Europäische Rat der | |
Innenminister:innen soll dies am Donnerstag absegnen. Damit würde | |
eine EU-Richtlinie von 2001 erstmals wieder angewendet, die damals als | |
Reaktion auf den Balkankrieg eingeführt wurde. | |
Faeser lobte den „Schulterschluss“: Dass sich alle EU-Mitgliedsstaaten zur | |
Aufnahme bereit erklärten, sei „eine starke Antwort Europas auf das | |
furchtbare Leid, das Putin mit seinem verbrecherischen Angriffskrieg | |
verursacht“. Auch Faeser rechnet damit, dass die meisten Ukrainer:innen | |
vorerst in Nachbarländern bleiben, allen voran Polen. Dem Land bot sie | |
bereits Hilfen an: Medizin oder Personal und Logistik des Technischen | |
Hilfswerks. | |
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte am Montag, die EU und | |
Deutschland würden alle ukrainischen Geflüchteten aufnehmen, auch jene ohne | |
ukrainischen Pass. Man sei mit anderen Staaten an der Ukraine präsent, um | |
zu helfen. Baerbock versprach auch weitere humanitäre Hilfe. 16 Millionen | |
Euro seien bereits auf dem Weg, dazu kämen nun noch 5 Millionen Euro über | |
den Humanitären UN-Hilfsfonds und 10 Millionen Euro für das Internationale | |
Komitee vom Roten Kreuz. | |
## Kommunen bereiten Unterkünfte vor | |
Der Bund und die Länder riefen Kommunen auf, in Erstaufnahmeeinrichtungen, | |
Jugendherbergen oder städtischen Wohnungsgesellschaften vorsorglich Plätze | |
freizuhalten. Krankenhäuser wurden aufgerufen, Geflüchteten Coronatests | |
oder Impfungen anzubieten. Bisher bleiben die Zahlen aber überschaubar – | |
offenbar weil viele Ukrainer:innen tatsächlich privat unterkommen. So | |
meldete Berlin am Wochenende 235 aus der Ukraine Geflüchtete in | |
Erstaufnahmeeinrichtungen. In Sachsen waren es am Montag 41, in Brandenburg | |
16. Betont wurde aber, größere Kapazitäten zu haben. So war in Sachsen die | |
Hälfte der 4.600 Unterkunftsplätze frei, in Brandenburg ebenfalls die | |
Hälfte von 3.200. | |
Eine Sprecherin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sagte der taz, | |
man gehe „aufgrund der überwältigenden Aufnahmebereitschaft der | |
Bundesländer zurzeit nicht davon aus, dass es zu Engpässen bei der | |
Unterbringung kommen wird“. Dies auch, weil der größte Teil der | |
Geflüchteten wohl in den direkten Nachbarländern der Ukraine bleiben werde, | |
die sich ebenfalls „überwältigend“ hilfsbereit zeigten. | |
## Eine Hilfswelle läuft an | |
Daneben läuft in Deutschland auch eine zivilgesellschaftliche Hilfswelle | |
an. In vielen deutschen Städten gibt es private Sammlungen von Hilfsgütern, | |
Konvois von Vereinen, Feuerwehren oder Privatpersonen fahren an die | |
ukrainische Grenze. Das Deutsche Rote Kreuz kündigte den Aufbau einer | |
Versorgungslinie mit Hilfsgütern an, ein erster Transport sollte am | |
Dienstag ins polnische Lublin aufbrechen. Ein Zusammenschluss mehrerer | |
Initiativen, darunter die GLS Bank und Ecosia-Suchmaschine, startete eine | |
[4][Homepage], auf der Freiwillige Übernachtsplätze für ukrainische | |
Geflüchtete anbieten können. | |
Die Bahn wiederum erklärte, dass Geflüchtete mit ukrainischem Pass ab | |
sofort kostenlos alle Fernzüge aus Polen bis Berlin nutzen können. Eine | |
taz-Nachfrage, was mit Flüchtenden anderer Nationalität ist, blieb vorerst | |
unbeantwortet. | |
## 160 Kinder aus ukrainischem Kinderheim gerettet | |
Eine größere Rettungsaktion gab es in Freiburg. Die Evangelische | |
Stadtmission teilte mit, dass bereits am Sonntag 157 Kinder und 32 | |
Erwachsene aus einem evakuierten Kinderheim nahe Kiew nach 70-stündiger | |
Busfahrt in der Stadt angekommen seien. Man sei „glücklich und | |
erleichtert“. Die Stadtmission unterhält mit dem Kinderheim bereits seit | |
Längerem eine Partnerschaft. | |
Auch Pro Asyl sprach von einer „überwältigenden“ Hilfsbereitschaft. | |
Berichte aber, dass nicht-ukrainische Staatsangehörige an der Ausreise aus | |
der Ukraine gehindert werden, stimmten „extrem besorgt“. Die EU-Grenzen | |
müssten auch für andere Staatsangehörige offen sein, die als Geflüchtete | |
oder Studierende in der Ukraine lebten. „Die Bomben machen keinen | |
Unterschied, was Staatsangehörigkeit oder Hautfarbe betrifft, und genauso | |
wenig darf an den Grenzen ein solcher Unterschied gemacht werden“, erklärte | |
Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von Pro Asyl. | |
Die Initiative forderte auch, Ukrainer:innen ohne biometischen Pass eine | |
visumsfreie Einreise ins Schengengebiet zu gewähren – da nur 19 der 44 | |
Millionen Staatsangehörigen einen solchen Pass hätten. Auch brauche es | |
einen formellen Abschiebestopp für alle Ukrainer:innen. Diesen hatten | |
einige Bundesländer [5][bereits angekündigt]. | |
28 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Menschen-fliehen-aus-der-Ukraine/!5837581 | |
[2] /Ukrainische-Fluechtlinge/!5837613 | |
[3] /Ukrainische-Fluechtlinge/!5837613 | |
[4] https://elinor.network/gastfreundschaft-ukraine/ | |
[5] /Menschen-fliehen-aus-der-Ukraine/!5837581 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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