# taz.de -- Olympische Spiele in China: Die zerplatzte Illusion | |
> Während der Olympischen Spiele von 2008 wollte die Welt glauben, China | |
> würde sich liberalisieren. Das war ein fataler Irrtum. Eine | |
> Bestandsaufnahme. | |
Bild: Chinesische Polizisten fotografieren sich gegenseitig vor dem „Vogelnes… | |
Der Liangma-Fluss nördlich des Pekinger Diplomatenviertels zeigt sich am | |
chinesischen Neujahrstag von seiner schönsten Seite: Ein paar Angler warten | |
in der Februarsonne geduldig auf das Anbeißen von Fischen. Jogger:innen | |
sind in gemächlichem Tempo unterwegs, und ein Ur-Pekinger hat sich gar | |
trotz der Minusgrade ins bitterkalte Nass getraut. Alltag eben – so normal, | |
wie es im Land mit einer „No Covid“-Strategie derzeit möglich ist. | |
Doch nur einen Steinwurf entfernt herrscht pandemische Alarmbereitschaft: | |
Hinter grünen Trennwänden, teilweise durch Stacheldraht verstärkt, prangt | |
das Kunlun-Hotel neunundzwanzig Stockwerke in den strahlend blauen Himmel. | |
Das retrofuturistische Bauwerk ist seit nunmehr knapp zwei Wochen Teil der | |
sogenannten olympischen Bubble, einem geschlossenen Kreislauf, in dem sich | |
Sportler:innen mit ihren Begleiter:innen wie in einer Parallelwelt | |
bewegen. Das Kunlun-Hotel beherbergt mehrere Hundert der insgesamt 11.000 | |
Teilnehmer:innen während der Winterspiele. | |
Wie sehr hier zwei diametral unterschiedliche Umgangsweisen mit dem | |
Coronavirus aufeinanderprallen, wird bereits beim Anblick des vermauerten | |
Eingangs deutlich: Wie vor einer Festung wachen hier Polizeiwagen, | |
Sicherheitsbeamt:innen und Kameras. Nur ein kleines Torfenster gibt | |
den Blick in die Bubble frei: dahinter ein Mann mit Maske, Schutzbrille und | |
Gesichtsvisier. | |
Dreihundert Fälle haben die Behörden (zum Eerscheinungszeitpunkt dieses | |
Textes, Anm.d.Red) bereits hinter dem „Closed Loop“ der | |
Olympiateilnehmer:innen registriert, ein großer Teil davon betrifft | |
die Athlet:innen. Das sind täglich ähnlich viele Infektionsfälle wie im | |
gesamten 1,4-Milliarden-Land. Und doch hinterlassen die Sportstätten der | |
[1][Winterspiele in Peking] einen faden Beigeschmack, der so gar nicht zum | |
Olympischen Geist zu passen scheint. | |
## Emotionsmaschine Sport | |
Mehr noch, der Anblick des abgesperrten Kunlun-Hotels scheint auch eine | |
Metapher für den Status quo Chinas im Jahr 2022 zu sein: Die ausländischen | |
Gäste werden – als potenzielle Virusträger:innen – hinter Stacheldraht | |
und Überwachungskameras abgeschirmt. | |
Mit dem Rest der Bevölkerung wird es keinerlei Kontakt geben. Insofern | |
wirkt Olympia selbst vom Zentrum der chinesischen Hauptstadt betrachtet vor | |
allem eins: ziemlich weit entfernt. | |
Die Volksrepublik hat sich nicht zuletzt im Zuge der Pandemie immer stärker | |
vom Rest der Welt entfremdet. Doch auch abseits von Corona könnte der | |
Kontrast zu 2008, als Peking die Olympischen Sommerspiele austrug, gar | |
nicht größer sein: Die Welt schaute auf China. Und China hieß die Welt | |
willkommen. Der Andrang internationaler Staatsvertreter:innen und | |
Journalist:innen war groß, genau wie deren Hoffnung auf eine Öffnung | |
der Volksrepublik. | |
Es sind denn auch die großen Sportmomente, die von den Spielen von 2008 | |
vielen im Gedächtnis geblieben sind, die damals mit dabei waren. Usain | |
Bolts schier unfassbarer Weltrekord – 9,69 Sekunden – im nächtlichen | |
Olympiastadion über 100 Meter. | |
Die acht Goldmedaillen, zu denen Michael Phelps im azurblauen Aquatic | |
Centre geschwommen ist. Und die 461 Kilo, die Gewichtheber Matthias Steiner | |
zusammen gestoßen und gerissen hat, woraufhin er sich so gefreut hat, dass | |
das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Bilder seines Jubels bis | |
heute zu Werbezwecken nutzt. | |
Die Emotionsmaschine Sport hatte die Olympischen Sommerspiele zu einem | |
einzigartigen Erfolg für die Staats- und Parteiführung in China gemacht. | |
Die großen Sportstars überstrahlten alles, wofür das Land vor der | |
Eröffnungsfeier noch kritisiert worden war. | |
Kritik gab es schon damals zuhauf. Der Fackellauf, mit dem das Olympische | |
Feuer über die halbe Welt vom antiken Olympia in Griechenland bis nach | |
Peking getragen wurde, war immer wieder von Aktivist:innen, die sich für | |
die Unabhängigkeit Tibets eingesetzt hatten, so massiv gestört worden, dass | |
er nur mit erheblichen Sicherheitsvorkehrungen zu Ende geführt werden | |
konnte. | |
Anschläge in der Provinz Xinjiang vor den Spielen in Peking legten ein | |
erstes Augenmerk auf die Situation der muslimischen Uiguren in der | |
autonomen Provinz im Nordwesten der Volksrepublik. Ein Olympiatourist aus | |
den USA wurde zu Beginn der Spiele Opfer einer Messerattacke. All das ließ | |
keine rechte Olympiastimmung aufkommen. | |
## „Welcome to Beijing“ | |
Doch schnell war die Stadt Peking, über der die Sonne vom immer blauen | |
Himmel strahlte, nachdem die großen Industriedreckschleudern im Umland | |
abgestellt worden waren, von einem ganz eigenen olympischen Flair geprägt. | |
Olympiatourist:innen, die mit ihren blonden Kindern auf dem | |
Tian’anmen-Platz unterwegs waren, wurden von chinesischen Olympiareisenden | |
bestaunt, als seien sie die größten Sehenswürdigkeiten. Kinder auf den | |
Straßen riefen Besucher:innen aus dem Westen ein freundlichen „Welcome | |
to Beijing“ entgegen. | |
Und in den nagelneuen U-Bahnen staunten die westlichen Besucherinnen und | |
Besucher darüber, wie verbreitet das iPhone, das ein Jahre zuvor von Apple | |
vorgestellt worden war, in China schon war. | |
Die Volksrepublik hatte sich innerhalb von zwei Jahrzehnten von einem der | |
ärmsten Länder der Welt zu einem aufstrebenden Schwellenland mit | |
bescheidenem Wohlstand entwickelt. In Städten wie Peking, Shanghai und | |
Guangzhou vollzog sich der Wandel in einem Tempo, das den Rest der Welt | |
staunen ließ. | |
Und Peking präsentierte sich 2008 alles andere als hässlich, wozu gewiss | |
auch die Regeln beitrugen, nach denen die Städter ordentlich bekleidet das | |
Haus verlassen sollten. Und wer sich nicht allzu weit von den olympischen | |
Wettkampfstätten entfernt aufhielt, der bekam auch in kleineren Lokalen | |
eine Speisekarte in englischer Sprache vorgesetzt. | |
## Panzer vor dem Medienzentrum | |
Mit jedem architektonischen Schmuckstück der Spiele ging in diesen Tagen | |
die Hoffnung einher, die Gesellschaft würde sich nach den gleichen | |
westlichen Maßstäben öffnen, nach denen der Olympiapark gebaut worden ist. | |
Bisweilen versetzten die Chinesen diesen Hoffnungen einen gewaltigen | |
Dämpfer. | |
Als etwa plötzlich ein weißer Panzer vor dem Medienzentrum postiert wurde, | |
erinnerte sich so manche:r Olympiareporter:in erst wieder an die | |
Geschichten von der Repression, die im Vorfeld der Spiele so oft | |
beschrieben wurde. Doch diese Bilder hatten am Ende keine Chance gegen die | |
Aufnahmen vom weinenden deutschen Gewichtheber, der bei der Siegerehrung | |
ein Foto seiner verstorbenen Frau in die Kameras hielt. | |
Zwar war China auch 2008 schon ein autoritärer Staat. Und doch war die | |
Führung damals um ein freundlicheres Image bemüht. Sie führte ein Jahr vor | |
Beginn der Spiele ein neues Pressegesetz ein, das es ausländischen | |
Journalist:innen erlaubte, sich frei im Land zu bewegen und Leute auch | |
ohne Anmeldung bei den Behörden zu interviewen. | |
Und es gab zumindest die grundsätzliche Bereitschaft, sich an die | |
Olympische Charta zu halten, etwa was Meinungsfreiheit betrifft. Das hatte | |
das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter seinem Präsidenten | |
Jacques Rogge auch noch eingefordert. Zu den Spielen musste Peking sogar | |
eigens eine Zone für Proteste einrichten. Die war zwar schon damals eine | |
Farce, zivilgesellschaftliche Akteure hatten aber Spielräume. | |
Heute muss die chinesische Führung nicht einmal solch symbolischen Goodwill | |
zeigen. Peking allein diktiert die Bedingungen, unter denen die Spiele | |
stattfinden. Die [2][Bubble in der chinesischen Hauptstadt] ist zwar der | |
Pandemie geschuldet, aber die Isolation viel strikter als in Tokio. Bei den | |
um ein Jahr verschobenen Sommerspielen, die dann schließlich im vergangenen | |
August in der japanischen Hauptstadt auch unter Pandemiebedingungen | |
stattfanden, durfte es in Innenräumen zwar auch keine Zuschauer:innen | |
geben. | |
## „Wolfskrieger“-Diplomatie | |
Die Teilnehmenden waren jedoch nicht komplett eingesperrt, Spaziergänge in | |
der Umgebung waren möglich. In China dürfen sich die Athlet:innen | |
außerhalb der ihnen vorgeschriebenen Routen und Orte nicht bewegen. Mauern | |
und Zäune trennen sie von der Außenwelt. Bei den Zuschauer:innen | |
entscheidet China allein, wer dabei sein darf. Der jetzige IOC-Präsident | |
Thomas Bach scheint es nicht für nötig zu halten, über die Olympische | |
Charta zu reden. | |
Peking ist als bisher einzige Olympiastadt der Welt Gastgeber von Sommer- | |
wie Winterspielen. Die Eröffnungs- und Abschlussfeiern finden auch im | |
gleichen – Vogelnest genannten – Nationalstadion statt. Auch der Choreograf | |
der Shows damals und heute, der Filmregisseur Zhang Yimou, ist identisch. | |
Doch in den 14 Jahren hat sich China stark verändert, jetzt finden die | |
Spiele unter ganz anderen Vorzeichen statt. Und das liegt nicht nur am | |
Unterschied zwischen Sommer und Winter und an den starken Einschränkungen | |
durch Covid-19. | |
China tritt heute ganz anders auf. Und die Welt blickt heute anders auf die | |
Volksrepublik. 2008 fanden die Spiele in Peking noch mit der Illusion | |
statt, sie könnten zur Öffnung und Liberalisierung des Landes und seiner | |
weiteren Integration in die vom Westen dominierte Weltordnung beitragen. | |
Diese Illusion hat heute niemand mehr. | |
Bemühte sich China damals noch um ein freundliches Gesicht, hat man der | |
Welt in den vergangenen Jahren mit seiner aggressiven | |
[3][„Wolfskrieger“-Diplomatie] signalisiert, dass man keine Rücksichten | |
mehr nehmen will. Von „einem Signal der Integration zu einer Demonstration | |
geopolitischer Macht“ hätten sich die Spiele in Peking gewandelt, meint | |
Bernhard Bartsch vom Berliner China-Forschungsinstitut Merics. | |
Chinas Macht ist auch wirtschaftlich begründet. 2008 war China die | |
drittgrößte Ökonomie der Welt mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von | |
7.620 US-Dollar. Die kurz nach Olympia 2008 ausgelöste Lehman-Pleite und | |
folgende Weltfinanzkrise sowie der vielfach als unzureichend empfundene | |
Umgang mit dem Coronavirus in anderen Ländern bestärke Chinas Führer nur in | |
ihrem autoritären Herrschaftsmodell. | |
Heute ist es die Nummer zwei mit einem Pro-Kopf-BIP von 17.080 Dollar | |
(2020). China war für westliche Konzerne einst der Markt der Zukunft, jetzt | |
ist es ein unangenehmer Wettbewerber, und es gibt Tendenzen der Abkopplung. | |
Im Internet ist dies schon erfolgt. 2008 waren Facebook und Google noch in | |
China präsent. Jetzt sind sie dort längst verboten und durch IT-Giganten | |
ersetzt, die Peking kontrolliert. China hat sich hinter seiner Firewall | |
eingerichtet und ist führend in Sachen Künstlicher Intelligenz und | |
digitaler Überwachung. Bei den Spielen zwingt es jetzt allen | |
Teilnehmer:innen und Betreuer:innen eine Smartphone-App auf, mit der | |
mutmaßlich die Daten aller Nutzer:innen ausgespäht werden können. | |
## Tibet, Hongkong, Taiwan | |
Auch 2008 gab es schon viel Kritik, etwa wegen Chinas Unterdrückung der | |
Tibeter. Von den Tibetern ist in der Außenwelt kaum mehr etwas bekannt, | |
weil unabhängige Journalist:innen schon seit über einem Jahrzehnt nicht | |
mehr nach Tibet reisen dürfen. | |
2019 erfolgte dann Pekings Niederschlagung der Demokratiebewegung in | |
Hongkong und de facto Aufhebung des Sonderstatus der einstigen britischen | |
Kronkolonie, die bei der Übergabe 1997 den Hongkongern für 50 Jahre | |
völkerrechtlich zugesichert wurde. Seinen Nachbarn droht Chinas Führung mit | |
militärischer Gewalt, darunter Taiwan. | |
Und während Xi Jinping inzwischen alle Macht von Staat und Partei | |
unbeschränkt in seiner Person konzentriert, ist die Zivilgesellschaft | |
völlig geknebelt. Menschenrechtsanwälte sitzen im Gefängnis, Intellektuelle | |
schweigen oder sind geflohen, soziale Medien werden nahezu perfekt | |
kontrolliert. | |
Was die chinesische Führung seit etwa 2015 an brutalen | |
Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang gegen die | |
[4][muslimische Minderheit der Uiguren] begeht, übersteigt sämtliche | |
Vorstellungen. Von Zwangsarbeit, Gehirnwäsche und Zwangssterilisation | |
berichten Überlebende, bis hin zu systematischen Misshandlungen und | |
Folterungen. | |
Unabhängige Beobachter gehen davon aus, dass in den vergangenen fünf Jahren | |
über eine Million der rund 12 Millionen Uiguren zeitweise in Haft oder | |
sogenannte Umerziehungslager interniert wurden, ohne rechtlichen Beistand, | |
viele von ihnen mehrfach über Monate oder gar Jahre. | |
## „Kultureller Genozid“ | |
Dabei gelten solche Lager auch in China offiziell als abgeschafft. | |
Menschenrechtsorganisationen und mehrere Regierungen sprechen von | |
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, einem „kulturellen Genozid“. | |
Wer empirisch belegt wissen möchte, wie viel autoritärer China im Jahr 2022 | |
geworden ist, als es während seiner Periode relativer Freiheit in den | |
Nullerjahren war, der muss nur in die jährlich erscheinende Umfrage des | |
Pekinger Auslandskorrespondentenclubs (FCCC) schauen. Dieser liest sich | |
nochmals niederschmetternder als im Vorjahr: „Der FCCC ist besorgt über das | |
halsbrecherische Tempo, mit dem die Medienfreiheit in China abnimmt“, heißt | |
es. | |
Fast zwei Drittel der internationalen Journalist:innen berichten von | |
Interventionen von Polizisten oder Sicherheitsbeamten während Recherchen. | |
Noch nie haben so viele Korrespondent:innen das Land verlassen, ja oft | |
verlassen müssen: sei es durch Visa-Entzug, Einschüchterungskampagnen oder | |
schlicht aufgrund der coronabedingt unsicheren Einreiseregelungen und | |
langen Quarantänezeiten. Die Entkopplung schreitet immer weiter fort: Viele | |
Journalist:innen setzen ihre Berichterstattung über China von Taipeh | |
oder Seoul fort. | |
2008 gaben westliche Staats- und Regierungschefs wie etwa George W. Bush, | |
Nicolas Sarkozy oder Horst Köhler durch ihren Besuch der Spiele Peking noch | |
ihren Segen. Wegen Pekings Vorgehen gegen die Uiguren und dem gebrochenen | |
Autonomieversprechen gegenüber Hongkong haben mehrere westliche | |
Regierungen, darunter die USA, Australien, Neuseeland und Großbritannien, | |
nun einen diplomatischen Boykott der Spiele beschlossen. Die | |
Bundesregierung hat sich offiziell an einem solchen Boykott nicht | |
beteiligt, schickt aber ebenfalls keine Regierungsvertreter:innen zu | |
den Spielen. | |
Die Ironie ist, dass bei der Wahl des jetzigen Austragungsortes durch das | |
IOC im Jahr 2015 Peking und die kasachische Metropole Almaty in der | |
Endauswahl standen. Angesichts der jüngsten Unruhen in Kasachstan im Januar | |
dürfte das IOC sehr froh sein, dass die Wahl damals trotz Pekings | |
inzwischen im Westen stark verschlechterten Images auf die chinesische | |
Hauptstadt fiel. | |
Allein die Gästeliste der nur knapp über zwanzig Staatschefs, die zur | |
Eröffnungsfeier am Freitag gereist sind, liest sich wie ein „Who is Who“ | |
der globalen Autokratien und Diktaturen, darunter Russlands Präsident | |
Wladimir Putin. Ausländischen Zuschauer:innen wird die Einreise für die | |
Spiele kategorisch verwehrt, nicht mal die eigene Bevölkerung wird sich | |
Tickets kaufen können. | |
Nur eine vom Staat handverlesene Menge wird in den Zuschauerrängen sitzen. | |
Da passt auch ins Bild, dass der Designer des Pekinger | |
„Vogelnest“-Stadions, wo auch diesmal die Athlet:innen einlaufen werden, | |
im portugiesischen Exil sitzt: Der berühmte Künstler Ai Weiwei. Er ist | |
mittlerweile in seiner chinesischen Heimat eine Persona non grata. | |
## Die Zensur funktioniert | |
Innerhalb Chinas ist all dies kein Thema. Die staatlich kontrollierten | |
Medien ignorieren schlicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit Kritik | |
aus dem Ausland. Das gilt insbesondere auch für die Olympischen Spiele: | |
„Über viele dieser Themen wird einfach nicht berichtet. Diplomatische | |
Boykotte werden ebenfalls kein großes Thema sein“, sagt der in Peking | |
lebende US-Amerikaner Mark Dreyer, der die Online-Plattform [5][China | |
Sports Insider ] gegründet hat. | |
Zumindest die Hauptstadtbewohnerinnen und -bewohner, die angesichts des | |
repressiven Apparats die aktuelle Politik ausblenden oder sich | |
grundsätzlich nicht für Politik interessieren, empfinden aber durchaus zum | |
Teil auch Stolz. Im Chaoyang-Park, einer riesigen Grünanlage im Ostteil der | |
Stadt, dessen Zentrum eine Landschaft künstlich angelegter Seen bildet, | |
haben sich an diesem Wintervormittag etliche Pekingerinnen und Pekinger | |
zum Schlittschuhlaufen getroffen. | |
Einer von ihnen, Herr Shi, sagt: „Ich freue mich auf jeden Fall auf die | |
Spiele! Peking ist schließlich die erste Stadt, die sowohl Olympische | |
Sommer- als auch Winterspiele ausrichtet. Das ist eine seltene Leistung.“ | |
In der Tat: War Peking noch vor 14 Jahren eine zwar charmante, aber | |
chaotische Agglomeration, die von Verkehrsstaus und Feinstaub geplagt | |
wurde, ist sie zur hochmodernen Megastadt mit einem der besten öffentlichen | |
Verkehrsnetze und beachtlichem Wohlstand avanciert. | |
Die Stahlhochöfen wurden aus den Stadtgrenzen verbannt, jedoch auch die | |
Arbeitsmigrant:innen, Garküchen und Underground-Musikkneipen. Errichtet | |
wurden stattdessen gläserne Geschäftsviertel, Hunderte Kilometer an | |
U-Bahnlinien und etliche überdimensionale Konsumtempel. Peking, das | |
mittlerweile so viele Milliardäre beherbergt wie kein anderer Ort weltweit, | |
hat viel von seinem früheren Charme verloren, für viele Bürger:innen | |
jedoch gleichzeitig einiges an Lebensqualität gewonnen. | |
Nur seinen Mund aufmachen, das sollte man hier lieber nicht. | |
4 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Korruptes-IOC-und-Olympia/!5828719 | |
[2] /Zensur-bei-Winterspielen-in-Peking/!5807364 | |
[3] /Spannungen-zwischen-Australien-und-China/!5732136 | |
[4] /Protest-gegen-Olympia-in-China/!5829803 | |
[5] https://chinasportsinsider.com/ | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
Andreas Rüttenauer | |
Fabian Kretschmer | |
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