# taz.de -- Spannungen zwischen Australien und China: „Wolfskrieger“ empör… | |
> Australiens Premierminister Morrison fordert eine Entschuldigung Pekings | |
> für einen provokanten Tweet des chinesischen Außenamtssprechers. | |
Bild: Entrüstet: Australiens Premierminister Scott Morrison | |
PEKING taz | Das Bild brennt sich in das Gedächtnis eines jeden Betrachters | |
ein: Ein irre lächelnder Soldat der australischen Streitkräfte hält ein | |
blutiges Messer an die Kehle eines afghanischen Kindes. Nicht weniger | |
makaber fällt die Unterzeile der fotorealistischen Collage aus: „Hab keine | |
Angst, wir sind gekommen, um Frieden zu bringen.“ | |
Was man in den Tiefen verschwörungstheoretischer Internetforen vermuten | |
würde, postete der Sprecher des chinesischen Außenministeriums auf (dem in | |
China verbotenen) Twitter: „Schockiert über die Morde von australischen | |
Soldaten an afghanischen Zivilisten und Gefangenen“, schrieb Zhao Lijian an | |
seine fast 800,000 Follower. Damit spielte er auf eine Untersuchung über | |
mutmaßliche Kriegsverbrechen australischer Elitesoldaten an. | |
Doch ist das Mitgefühl des chinesischen Diplomaten nur geheuchelt, der | |
Zweck seiner Botschaft eine pure Provokation. Seit in China Xi Jinping die | |
Macht übernommen hat und eine Außenpolitik der Stärke verfolgt, bedienen | |
sich immer öfter auch Regierungsvertreter einer solchen Taktik. | |
Sein Ziel hat Zhao erreiht: Australiens Premierminister Scott Morrison | |
schäumte vor Entrüstung und forderte eine Entschuldigung für das | |
„empörende“ Posting sowie dessen umgehende Löschung. | |
## Provokation folgt auf Provokation | |
Doch stattdessen streute am Montag eine Kollegin Zhaos noch mehr Salz in | |
die Wunde: Ob die australische Regierung durch ihre Entrüstung etwa | |
nahelegen wolle, dass es unvernünftig sei, das rücksichtslose Töten | |
afghanischer Zivilisten zu verurteilen? | |
„Wolfskrieger“-Diplomatie nennt sich dieses Vorgehen junger chinesischer | |
Regierungsvertreter, angelehnt an eine patriotische Actionserie, in der | |
ein Rambo-Verschnitt es mit feindlichen Auslandsmächten aufnimmt. Besonders | |
laut bellt Außenamtssprecher Zhao Lijian, der während seiner Zeit als | |
Diplomat in Pakistan die Briten als „Nachfahren von Kriegsverbrechern“ | |
bezeichnet hat. In den meisten Ländern würde das zur Maßregelung führen, | |
doch in China wartet die Beförderung. Die Provokation hat System. | |
Die chinesisch-australischen Beziehungen sind seit April [1][angespannt], | |
als die Regierung in Canberra eine Untersuchung zur Frage einer | |
[2][möglichen Vertuschung] Pekings des Ausbruchs Virusausbruchs der | |
Coronapandemie forderte. Chinas Staatsführung reagierte, wie sie stets in | |
solchen Fällen reagiert: mit wirtschaftlicher Vergeltung. | |
## Mit Sanktionen drängt Peking auf australisches Wohlverhalten | |
Zunächst führte China Strafzölle auf australische Gerstenprodukte ein, | |
später traf es Rindfleisch- und Kohlimporte und am Freitag schließlich | |
Weine aus down under. Dass es einen Handelsstrieit zwischen Peking und | |
Canberra geben würde, stritt die parteitreue Global Times noch am Freitag | |
ab. | |
Die australische Regierung solle endlich „erwachsen werden“, ansonsten | |
müsse sie sich auf „mehr Leid“ einstellen, schreibt das Propagandaorgan der | |
Kommunistischen Partei. Chinas Hebel ist gewaltig: 40 Prozent aller | |
australischen Exporte werden an die Volksrepublik verkauft. | |
Für Europa sollte dies eine Warnung sein. Wirtschaftliche Abhängigkeit von | |
China birgt immer ein unausgesprochenes Risiko: Wer politisch aufmuckt, | |
bekommt Pekings ökonomische Vergeltung zu spüren. | |
Seit Jahren führt dies bereits zu vorauseilendem Gehorsam, der nicht selten | |
zum Fremdschämen ist: Wenn sich etwa deutsche Auto-Manager selbst im | |
Hintergrundgespräch mit westlichen Journalisten nicht zu den Arbeitslagern | |
in Xinjiang äußern wollen, oder auf Messen Lobreden auf die Regierung | |
halten. Die Angst vor Pekings ökonomischer Vergeltung hat sich längst tief | |
in die Köpfe der Unternehmer eingebrannt. | |
30 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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