# taz.de -- Experte über Rüstungsexporte: „Mehr Regeln, mehr Kontrollen“ | |
> Noch immer exportiert Deutschland viel Kriegsgerät. Forscher Michael | |
> Brzoska hofft, dass neue Bundesregierung klare Beschränkungen | |
> durchsetzt. | |
Bild: Protest gegen Waffenhandel auf der Hauptversammlung von Rheinmetall | |
taz: Herr Brzoska, was ist die Bilanz der Merkeljahre beim Thema | |
Rüstungsexport? | |
Brzoska: Frau Merkel hat sich wenig um das Thema gekümmert. Aber es gab | |
auch Momente, bei denen ich positiv überrascht war. Das betrifft | |
Einschränkungen bei Kleinwaffen. Die neue Rüstungsexportrichtlinie schließt | |
deren Export in Nicht-Nato- oder EU-Staaten aus. | |
Das zweite – und auch da war Frau Merkel beteiligt – war das | |
[1][Exportverbot gegen Saudi-Arabien] und wie lange es durchgehalten wurde. | |
Selbst, als es um in Frankreich zusammengebaute Waffensysteme ging, die | |
geliefert werden sollten und die Regierung in Paris heftig protestierte. | |
Kritik haben Sie nicht? | |
Wenn ich positive Aspekte genannt habe, bedeutet dies ja nicht, dass es | |
nicht auch kritische Aspekte gab. Das Gesamtniveau der Rüstungsexporte ist | |
in der Ära Merkel nicht gesunken. Insbesondere in der Zeit der Koalition | |
mit der FDP hat die Regierung versucht, Rüstungsexporte aktiv zu befördern, | |
auch Frau Merkel persönlich zum Beispiel bei Staatsbesuchen im Ausland. | |
Was würde sich ändern, wenn SPD, Grüne und Linke die nächste | |
Bundesregierung bilden? | |
Merkel hat Beschränkungen auf Saudi-Arabien begrenzt, andere Beteiligte am | |
[2][Krieg im Jemen] wie die Vereinigten Arabischen Emirate oder Ägypten | |
aber wurden weiter beliefert. Das ist ein Punkt, bei dem ich erwarte, dass | |
eine neue Regierung ohne CDU und FDP anders handeln würde. Auch in anderen | |
Einzelfällen, insbesondere bei Kriegsbeteiligung, wäre mehr Kontrolle | |
wahrscheinlich. Dies würde sich auf das Gesamtniveau der Exporte zwar noch | |
nicht groß auswirken, aber ein paar kritische Fälle weniger bedeuten. | |
SPD, Grüne und Linke haben in ihren Wahlprogrammen angekündigt, dass sie | |
ein Rüstungsexportgesetz unterstützen … | |
Das ist schon seit langer Zeit eine Forderung von kritischen Beobachtern. | |
[3][Die Rechtslage ist bei Rüstungsexporten sehr zersplittert.] Vor allem, | |
wenn es nicht um komplette Waffensysteme geht, sondern auch um | |
Rüstungsgüter im weiteren Sinne, ist die Gesetzeslage schwach. Da fällt es | |
dann unter das grundsätzlich zivile Außenwirtschaftsgesetz, Hersteller | |
haben ein Klagerecht. Auch wenn es um Bürokratie geht, wird es kritisch. | |
Ein Rüstungsexportgesetz wäre daher schon ein Fortschritt. Es müssten dann | |
auch mehr Beschränkungen, mehr Kontrollen erfolgen. | |
Ist der politische Wille dafür da? | |
Was man aus SPD und von den Grünen hört, sind sie dazu bereit. Allerdings | |
steht dem entgegen, dass in beiden Parteien ein großes Interesse an „mehr | |
Europa“ in der Rüstungsproduktion besteht. Da unsere EU-Partner, | |
insbesondere Frankreich, mit Exporten rechnen, wird es schwer, beide Ziele | |
– mehr Kontrolle bei Bauteilen und mehr Europäisierung – in Einklang zu | |
bringen. | |
Die Linken würden ein Rüstungsexportgesetz sicher unterstützen. Sie sind ja | |
der Meinung, man sollte Rüstungsexportgeschäfte ganz unterbinden. Das wird | |
mit Rot und Grün wohl nicht zu machen sein. | |
Die Bundeswehr nutzt ja auch Waffen … | |
Wenn man die Bundeswehr und die Nato hat – die ich kritisch, aber | |
alternativlos sehe – dann muss es auch möglich sein, selbst Waffen zu | |
produzieren. Die Produktion kann man aber anders organisieren, eben | |
europäisch. | |
Was wäre die ideale Rüstungspolitik für Deutschland? | |
Meine Vision ist eine europäische Rüstungsindustrie, die weitgehend auf | |
Exporte verzichtet. Das müsste möglich sein. Der europäische Markt wäre | |
eigentlich groß genug. | |
Das wäre allerdings politisch schwer umzusetzen, weil Frankreich und | |
Großbritannien auf den Weltmarkt zielen. Oder wie Polen, aus politischen | |
Gründen lieber Panzer in den USA kaufen. | |
26 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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