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# taz.de -- Bebauung auf dem Tempelhofer Feld: Viel Platz für Begehrlichkeiten
> Die Grünen sprechen sich trotz steigender Mieten weiter gegen eine
> Randbebauung des Tempelhofer Feldes aus – allerdings nicht alle.
Bild: Also ein bisschen Platz wäre schon noch auf dem Tempelhofer Feld
Berlin taz | Spricht man mit Fraktionschefin Antje Kapek, dann ist die
Haltung klar: Die Grünen wollen keine Randbebauung des Tempelhofer Felds.
Redet man jedoch mit anderen Vertretern der Partei, klingt das weniger
entschieden. Nach dem Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian
Schmidt, spricht sich jetzt auch sein Amts- und Parteikollege aus
Tempelhof-Schöneberg dafür aus, den Platz für Wohnungen zu nutzen. „Ich
halte eine Randbebauung für richtig“, sagte Baustadtrat Jörn Oltmann der
taz.
Florian Schmidt hatte bei einer Pressekonferenz im Februar eine
Randbebauung des Tempelhofer Feldes als Möglichkeit wieder ins Gespräch
gebracht. Das sorgte innerhalb der Grünen offenbar für Irritationen. In
einem auf Twitter veröffentlichten Statement stellte Schmidt anschließend
klar: „Eine Bebauung ist nur denkbar, wenn experimentelle, 100 Prozent
leistbare, dauerhaft abgesicherte und in demokratischer Koproduktion
entwickelte Nutzungskonzepte vorliegen.“ Er nannte Bedingungen für eine
Bebauung, schloss sie aber nicht aus.
Auch Jörn Oltmann betont: Nach dem Volksentscheid sei es „politisch
geboten, die Bürgerinnen und Bürger vor einer möglichen Bebauung zu
befragen“. Ihm sei zudem wichtig, mit neuen Häusern ganz am Rand zu bleiben
und nicht ins Feld hineinzugehen. „Die Qualität des Feldes, die Weite muss
man erhalten.“ Oltmann plädiert für eine Randbebauung, weil die
innerstädtischen Flächen ansonsten knapp sind. Er wäre auch dafür, dass
sich die Grünen die Forderung nach einer Bebauung im nächsten Wahlkampf
2021 zu eigen machen – „das werden wir diskutieren müssen“.
Im Mai 2014 hatten die BerlinerInnen bei einem Volksentscheid dafür
gestimmt, das Feld nicht zu bebauen: 64 Prozent der Teilnehmenden
unterstützten den Gesetzentwurf der Initiative, der jegliche dauerhafte
Veränderung des einstigen Flugfelds verbietet. Der Bebauungsplan des
rot-schwarzen Senats wurde abgewatscht – und mit ihm der damalige
Stadtentwicklungssenator und Michael Müller (SPD).
## Druck auf den Wohnungsmarkt steigt
Die Grünen hatten vor dem Volksentscheid für einen dritten Weg plädiert –
sie wollten eine Bebauung, aber behutsamer als der Senat. Es gab
Verhandlungen, aber keine Einigung. Am Ende unterstützten die Grünen doch
die Initiative für ein freies Feld, ebenso wie die Linken. Das Volk stimmte
ab – eindeutig gegen die Baupläne. Im Koalitionsvertrag 2016 schloss
Rot-Rot-Grün sie dann auch klar aus.
Seitdem ist der Druck auf den Wohnungsmarkt weiter gestiegen. Die SPD
fasste im vergangenen November bereits einen Beschluss: Man wolle das
Tempelhofer Feld als „grüne Lunge erhalten“, trotzdem sprachen sich die
Genossen für eine „sozialverträgliche Randbebauung“ aus – allerdings �…
Respekt vor der Volksgesetzgebung“ nicht mehr in dieser Wahlperiode.
Wenig verwunderlich: Auch Michael Müller, inzwischen Regierender
Bürgermeister, macht sich immer mal wieder für eine Randbebauung des Feldes
stark. Er gehe davon aus, dass das Tempelhofer Feld im Wahlkampf vor der
nächsten Abgeordnetenhauswahl 2021 wieder Thema werde, sagte er kürzlich
bei einer Veranstaltung. .„Mit einem anderen Konzept als 2014 haben wir
eine Chance“, so Müller. Würde das Land Häuser ausschließlich von den
kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften bauen lassen,
„dann, glaube ich, kann man eine Mehrheit haben“.
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) winkt ab: „Es gibt ein
gültiges Gesetz, das eine Bebauung untersagt. Und eine Fläche allein löst
nicht alle städtischen Probleme“, sagt sie. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop
(Grüne) schlug in einem Interview etwas andere Töne an: Bis die Bürgerinnen
und Bürger das anders sähen, bleibe das Feld bei der Bebauung außen vor,
sagte sie. „Aber die Grünen waren schon vor dem Volksentscheid dafür, über
eine maßvolle Randbebauung auf der Tempelhofer Seite zu diskutieren.“
## Badesee statt Bebauung
Antje Kapek dagegen erteilt einer Bebauung weiterhin eine klare Absage. Sie
sagt, die Stadt sei schon mit den bisher geplanten Quartieren überfordert.
„Neue ins Portfolio zu nehmen, hilft da nicht.“ Die Freifläche auf dem
Tempelhofer Feld sei eine Investition in die Zukunft. Kapek argumentiert:
„Wir haben nicht nur einen Mangel an Wohnungen, sondern auch an
Grünflächen.“ Sie könne sich einen Volkspark oder einen Badesee auf dem
Feld vorstellen, aber keine Bebauung.
„Es mag Einzelne geben, die das anders sehen. Aber das ist nicht die
Mehrheit“, so Kapek. Sie verweist auf den Beschluss „Grün statt Grau“ von
der Landesdelegiertenkonferenz im November. In dem elfseitigen Papier steht
auch: „Ein erneutes Aufrufen des Tempelhofer Feldes für eine Bebauung
halten wir nicht für sinnvoll.“
Wie lange diese Position so zu halten ist? Die SPD jedenfalls verfolgt
Äußerungen wie die von Schmidt und Pop mit Interesse. „Es gibt auch bei den
Grünen Bewegung“, sagte Fraktionschef Raed Saleh der taz.
Tatsächlich könnte das Gesetz für ein freies Feld jederzeit von einer
Mehrheit im Parlament wieder geändert werden – wie andere Gesetze auch.
Setzten sich die Abgeordneten allerdings einfach über den Volksentscheid
hinweg, würden sie wohl viele der 740.000 BerlinerInnen, die mit Ja
gestimmt haben, vor den Kopf stoßen.
Die SPD will deshalb eine erneute Befragung der BürgerInnen ermöglichen.
Aber auch das ist – wie der zukünftige Umgang mit dem Tempelhofer Feld –
innerhalb der Koalition längst noch nicht ausgemacht.
27 Mar 2019
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Tempelhofer Feld
Gentrifizierung
Sozialer Wohnungsbau
Wohnungsbau
Verdrängung
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