# taz.de -- Cannabis in Berlin: Grüne wollen Cannabis anbauen | |
> Seit zwei Jahren gibt es Cannabis auf Rezept. Die Grünen wollen nun die | |
> lokale Wirtschaft durch den Anbau in Berlin stärken. | |
Bild: Grün ist die Hoffnung | |
Sattgrüne Pflanzen mit sechszackigen Blättern wiegen sich auf dem | |
Tempelhofer Feld im Wind. Das war das Bild, das die Grünen am Mittwoch bei | |
ihrer Pressekonferenz im Abgeordnetenhaus an die Wand gebeamt hatten. Es | |
illustrierte eine Vision, die vielleicht Wirklichkeit werden könnte: Geht | |
es nach den Grünen, soll Berlin landeseigene Flächen für den Anbau von | |
Cannabis zu medizinischen Zwecken zur Verfügung stellen. | |
Ein landeseigener Verbund wäre dafür zu gründen, präzisierten | |
Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel und die gesundheitspolitische Sprecherin | |
Catherina Pieroth am Mittwoch die Pläne. Dieser würde dann stadteigene | |
Flächen Firmen überlassen, die für den Cannabisanbau lizenziert sind. | |
Darüber hinaus wollen die Grünen mit einer Anschubfinanzierung die | |
Engpässe bei der Versorgung mit Medizinalcannabis beenden und so auch die | |
lokale Wirtschaft stärken. | |
Dass die Grünen ihre Pläne am 20. März bekannt gaben, war kein Zufall: Am | |
selben Tag beschäftigte sich auch der Gesundheitsausschuss des Bundestags | |
mit dem Thema. Seit März 2017 können Cannabisblüten und THC-haltige | |
Produkte in Deutschland als Medikament verschrieben werden. Im Bundestag | |
ging es um den Antrag von Grünen und Linken, den sogenannten | |
Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei der Verschreibung von | |
medizinischem Cannabis abzuschaffen. Derzeit lehnen die Kassen etwa ein | |
Drittel der Anträge auf Versorgung mit THC ab. | |
Seit Cannabis verschrieben werden kann, ist die Nachfrage laut Pieroth | |
explodiert. Bei der Belieferung der Apotheken komme es zu erheblichen | |
Engpässen. 2017 hätten die Kassen bundesweit 27.000 Rezepte bearbeitet, | |
2018 seien es bereits 95.000 gewesen. Medizinalcannabis wird bisher zumeist | |
aus den Niederlanden und Kanada nach Deutschland importiert. | |
## Große Player aus den USA und Kanada ausgeschlossen | |
Noch darf niemand in Deutschland Medizinalcannabis anbauen. Allerdings | |
läuft bereits ein zweites Ausschreibungsverfahren, das eine sogenannte | |
Cannabisagentur im Auftrag des Bundesamts für Arzneimittel und | |
Medizinprodukte zur Vergabe der Lizenzen durchführt. Ein erstes | |
Ausschreibungsverfahren war wegen Verfahrensfehlern gescheitert. 79 Firmen | |
haben sich beworben. Bedingung ist, dass der Bewerber bereits einen | |
Standort in Europa hat. Damit soll verhindert werden, dass sich nur große | |
Player aus den USA und Kanada bewerben, die mit Cannabis inzwischen | |
Milliardenumsätze erzielen. | |
Dass zur Ausschreibung stehende Gesamtvolumen beläuft sich auf 10,4 Tonnen, | |
angebaut werden sollen davon jährlich 2,6 Tonnen. Vergeben wird der Auftrag | |
in Form von dreizehn Losen à 200 Kilo Jahresmenge, wobei eine Firma | |
höchstens fünf Lose erhalten kann. Das heißt, mindestens drei Firmen werden | |
eine Lizenz bekommen. | |
Vor Ende des Jahres 2020 werde in Deutschland wohl kaum mit dem Anbau | |
begonnen, schätzt Georg Wurth, Sprecher des Deutschen Hanfverbands. Dass | |
die Berliner Grünen für den Anbau landeseigenes Gelände zur Verfügung | |
stellen und die regionale Cannabiswirtschaft fördern wollen, sei sinnvoll | |
und bedeute viele Arbeitsplätze. Die Nachfrage zeige: „Medizinisches | |
Cannabis ist eine Zukunfsbranche“. | |
Der Anbau sei an die Bedingung von Sicherheitsvorkehrungen geknüpft, sagte | |
Pieroth. Das Tempelhofer Feld selbst sei deshalb als Standort nicht so gut | |
geeignet. Eher die Hangars. Auch die Stadtgüter oder ein Gelände in Buch | |
kämen als Anbauflächen in Betracht. Was der SPD-Koalitionspartner zu den | |
Plänen sage? Der sei nicht informiert, sagte Gebel. „Das ist ein Projekt | |
der Grünen, das über den Koalitionsvertrag hinausgeht“. | |
20 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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