| # taz.de -- Berlin will Nestlé-Eis loswerden: Alleinherrschaft über Kühltruh… | |
| > Die Grün Berlin garantiert Nestlé den exklusiven Verkauf seiner | |
| > Speiseeis-Produkte in Parks. Dank Nachbohrens der Linken ist das bald | |
| > vorbei. | |
| Bild: Bald auch in Berliner Parks: Freier Eisverkauf ohne Nestlé-Monopol | |
| Berlin taz | Die Verkaufszahlen von Eis am Stiel dürften gerade an ihrem | |
| saisonalen Tiefpunkt angelangt sein: Schließlich reicht es zur Abkühlung, | |
| einen tiefen Atemzug zu nehmen. Trotzdem befasst man sich im | |
| Abgeordnetenhaus und der Senatsverwaltung für Umwelt gerade mit Evergreens | |
| wie Kaktus, Bum Bum und Caretta von Schöller, aber auch den höherpreisigen | |
| Leckerbissen der Marke Mövenpick – alles Produkte des Nestlé-Konzerns. | |
| Was die mit Berliner Landespolitik zu tun haben? Ganz einfach: In allen von | |
| der landeseigenen Grün Berlin GmbH betriebenen Parks, also etwa im Britzer | |
| Garten, in den Marzahner Gärten der Welt oder auf dem Tempelhofer Feld, | |
| dürfen nur diese Nestlé-Eismarken verkauft werden. Die PächterInnen der | |
| dortigen Gastronomiebetriebe müssen sich an einen zwischen der Grün Berlin | |
| und dem Eisgroßhandel Froneri Schöller geschlossenen „Kooperationsvertrag“ | |
| halten, welcher der Vertriebsfirma und dem Nahrungsmittel-Riesen dahinter | |
| seit 2016 ein kleines, kühl-cremiges Monopol sichert. | |
| Diese Garantie ist Froneri Schöller nach taz-Informationen rund 100.000 | |
| Euro im Jahr wert, die sie an die Grün Berlin zahlt. Und sollte der | |
| Eishunger witterungsbedingt schwächeln, ist das nicht tragisch für den | |
| Großhändler: Der jeweilige Vertrag – die aktuelle Laufzeit endet am 31. | |
| Dezember 2020 – verlängert sich, bis ein vereinbartes Umsatzziel erreicht | |
| ist. | |
| Aber damit hat es nun ein Ende: Vor allem dank des hartnäckigen Nachbohrens | |
| der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg hat sich der Senat dazu | |
| durchgerungen, aus dem Exklusivvertrag auszusteigen. Laut | |
| Umweltstaatssekretär Stefan Tidow (Grüne) hat der Grün-Berlin-Aufsichtsrat | |
| – dessen Vorsitzender er ist – in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, „… | |
| bisherige Modell schnellst- und bestmöglich zu beenden“. Darüber sei er | |
| „froh“, so Tidow zur taz. Für die betroffenen Gastronomiebetriebe gelte ab | |
| 2020: „möglichst wenig Verpackungsmüll und eine nachhaltige | |
| Produktpalette“. | |
| ## Ende 2019 ist Schluss mit der „Lizenz zum Eisverkaufen“ | |
| Ob der Müll weniger wird, wenn Nestlé die Alleinherrschaft über die | |
| Kühltruhen verliert, sei dahingestellt. Raum für kleinere, eventuell auch | |
| lokale Marken entsteht jedoch in jedem Fall. Und darum ging es Gennburg: | |
| „Wirtschaftspolitisch macht es keinen Sinn, dass das Bundesland den kleinen | |
| Produzent*innen nicht einmal den Vertrieb in landeseigenen Parks | |
| ermöglicht“, teilt sie der taz mit. „Gerade für eine linke Landesregierun… | |
| sei die Privilegierung des internationalen Players, der noch nicht einmal | |
| in Berlin produziert, „politisch unhaltbar“. Schon mit einer im September | |
| gestellten parlamentarischen Anfrage zur Schöller-Thematik hatte Gennburg | |
| die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auf das | |
| Bekenntnis festgenagelt. Die Förderung der lokalen Ökonomie sei ihr ein | |
| wichtiges Anliegen. | |
| Und so soll der Nestlé-Ausstieg aussehen: Wie die Umweltverwaltung | |
| bestätigte, wird Grün Berlin den Vertrag mit Froneri Schöller schon zu Ende | |
| 2019 kündigen und dabei auf ausstehende Beträge für die von ihr gewährte | |
| „Lizenz zum Eisverkaufen“ verzichten. Damit das der landeseigenen | |
| Parkverwaltung kein Loch in die Bilanz reißt, ersetzt der Senat ihr diese | |
| Summe. Aus parlamentarischen Kreisen erfuhr die taz, dass es sich um einen | |
| Betrag von circa 150.000 Euro handelt. | |
| Für Froneri Schöller ist das natürlich von Nachteil. Dass die Firma dagegen | |
| klagt, dürfte dennoch unwahrscheinlich sein, denn ein Rechtsstreit wäre mit | |
| einem Imageschaden verbunden. Und dass Schöller- und Mövenpick-Eis auch | |
| künftig von Pächtern der Grün Berlin verkauft wird, ist ja keineswegs | |
| ausgeschlossen. Nur die Exklusivitätsgarantie entfällt – und auch | |
| ökologische Kriterien sollen künftig eine größere Rolle spielen, so Jan | |
| Thomsen, der Sprecher der Umweltverwaltung. Wettbewerbsrechtlich sei es | |
| aber nicht möglich, einzelne Anbieter auszuschließen. | |
| Katalin Gennburg bereitet derzeit mit ihrer Fraktion einen Antrag vor, auf | |
| dessen Grundlage der Ausstieg stattfinden soll. Sie finde es wichtig, dass | |
| der Schritt parlamentarisch legitimiert sei, so die Linken-Abgeordnete. | |
| Zusammen mit ihrem Kollegen Michael Efler hat sie darüber hinaus | |
| Akteneinsicht beantragt, um herauszufinden, ob es noch mehr | |
| Exklusivregelungen mit landeseigenen Betrieben gibt. Laut Antwort der | |
| Wirtschaftsverwaltung auf die Anfrage vom September sind „dem Senat | |
| vergleichbare Verträge nicht bekannt“. | |
| 29 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
| ## TAGS | |
| Die Linke Berlin | |
| Berlin | |
| Nestlé | |
| Monopol | |
| Eis | |
| Tempelhofer Feld | |
| Grüne Woche | |
| Landwirtschaft | |
| R2G Berlin | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bebauung auf dem Tempelhofer Feld: Viel Platz für Begehrlichkeiten | |
| Die Grünen sprechen sich trotz steigender Mieten weiter gegen eine | |
| Randbebauung des Tempelhofer Feldes aus – allerdings nicht alle. | |
| Berliner Senator zur Grünen Woche: „Mehr Brandenburger Bioprodukte“ | |
| Senator Dirk Behrendt (Grüne) über die Ernährungsstrategie der Stadt | |
| Berlin, das geplante „House of Food“ – und besseres Schulessen. | |
| Biobauer über „Wir haben es satt“-Demo: „Nur ‚Mehr mehr mehr‘ geht n… | |
| Der brandenburgische Landwirt Heinz-Günther Klass kommt mit dem Trecker zur | |
| „Wir haben es satt!“-Demo. Er hofft auf eine gerechtere Förderung | |
| ökologischer Höfe. | |
| Die Grüne Woche kommt: Viele Köche verbessern den Brei | |
| Mit einer vom Senat finanzierten Ernährungswende will Rot-Rot-Grün die | |
| Ernährung der Berliner verbessern – dafür stehen 1,2 Millionen Euro bereit. |