# taz.de -- Kommentar zu Radtoten in Berlin: Wo sind die Kampfradler der Grüne… | |
> Seit zwei Jahren regiert Rot-Rot-Grün in Berlin. Doch die Koalition traut | |
> sich nicht, radikale Maßnahmen für die Sicherheit der Radler umzusetzen. | |
> Das ist erbärmlich. | |
Bild: Und schon wieder müssen Radler eine Mahnwache abhalten, wie hier Anfang … | |
Es ist der zehnte tote Radfahrer dieses Jahr. Und er hat wieder einmal | |
alles richtig gemacht: Er hat einen „Fahrradschutzstreifen“ genutzt, um bei | |
Grün eine Kreuzung zu überqueren – und wurde von einem rechtsabbiegenden | |
Laster überrollt. [1][Wer sich ausmalt, was da passiert,] muss kotzen. So | |
drastisch muss man das formulieren. | |
Zum Glück wird ja jetzt alles besser. Sollte man meinen. Schließlich | |
regiert seit zwei Jahren Rot-Rot-Grün in Berlin, die Verkehrssenatorin wird | |
von den Grünen gestellt. Optimaler wird es für Radfahrer nicht. Doch das | |
ist ja das Schlimme: Alles, was R2G hinbekommen hat, ist ein | |
Mobilitätsgesetz. Daraus kann man nun den Unfallopfern bei ihrer Beerdigung | |
vorlesen. Na danke. | |
Zwar soll in wenigen Tagen an der Holzmarktstraße der erste wirklich | |
geschützte Radstreifen fertig werden, in Grün und mit Pollern. Aber nur auf | |
einer Seite. Und nach gerade 400 Metern endet er. Im Desaster. Vor der | |
Kreuzung werden rechtsabbiegende Autofahrer so zwischen die Radler geführt, | |
dass der Konflikt programmiert ist. Hoffentlich verkeilen sich dort alle so | |
sehr im Stau, dass, wenn es knallt, niemand schwer verletzt wird. Das soll | |
der Maßstab für die künftige Verkehrsgestaltung sein? Da möchte man als | |
Radfahrer nur noch in die Bordsteinkante beißen. | |
Seit Jahren gibt es reihenweise [2][kluge Vorbilder in Holland] oder | |
Dänemark, die zeigen, wie man Kreuzungen so gestalten kann, dass Konflikte | |
und damit Unfälle wirklich verhindert werden könnten. Aber dort gibt es | |
auch Politiker, die den Mut haben, Autofahrer in die Schranken zu weisen. | |
In Berlin aber … | |
Wo ist die grüne Verkehrssenatorin, die den zehnten getöteten Radler zum | |
Anlass nimmt für ein paar radikale und schnelle Maßnahmen? | |
1.: sofortiges Fahrverbot für Schwerlaster in der Innenstadt, bis die | |
Transportlobby nachhaltige Initiativen vorweist, um Unfälle zu verhindern. | |
Ach, das traut sich eh keine Grüne? | |
Na dann, 2.: sofortige Umwidmung der wenigen Fahrradstraßen in | |
Fahrradstraßen, die ihren Namen verdienen. Also mit Nutzungsverbot für | |
motorisierten Verkehr, damit Radler wenigstens dort sicher sind. Auch zu | |
radikal? | |
Dann 3.: Umwandlung aller vorhandenen Radstreifen in durch Poller vom | |
Autoverkehr abgegrenzte Protected Bike Lanes. Das wäre binnen vier Wochen | |
machbar. Natürlich nicht mit der vorhandenen Verwaltung, aber wenn der | |
Senat die engagierten Radler der Stadt um Hilfe bäte, würden die ruck, zuck | |
die gefährlichsten Ecken absichern. | |
Klingt immer noch utopisch? Stimmt. Aber nicht, weil es nicht dringend | |
notwendig wäre. Dass Rot-Rot-Grün es nicht hinbekommt, liegt auch am | |
fehlendem Dampf unterm Satttel: Wo sind eigentlich die Kampfradler bei den | |
Grünen? Die Linkslenker in der Linken? Die strampelnde Arbeiterklasse in | |
der SPD? Wo sind die Basisinitiativen, die ihren Parteien klarmachen, dass | |
die die überfällige Verkehrswende gerade mit Volldampf in den Sand setzen? | |
Da bleibt nur noch der müdeste, aber leider häufig wirksamste Hinweis an | |
Politiker: Auch Radfahrer sind Wähler. Und selbst wenn sie bis 2021 den | |
Berliner Verkehr überleben sollten, ist bisher kein einziger Grund | |
ersichtlich, warum sie den verantwortlichen PolitikerInnen noch mal ihre | |
Stimme geben sollten. | |
18 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Lkw-ueberrollt-Radfahrerin/!5307057 | |
[2] https://youtu.be/FlApbxLz6pA | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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