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# taz.de -- Film „Auslöschung“ bei Netflix: Große Leinwand? Rechnet sich …
> Der Film „Auslöschung“ sollte da starten, wo er hingehört: im Kino. Jet…
> gibt es ihn bei Netflix – eine Entwicklung, die Schule machen könnte.
Bild: Natalie Portman bestaunt als Biologin Lena eine ihr völlig unbekannte Na…
Die Biologin Lena (Natalie Portman) ist mit einem Forschertrupp unterwegs
in die „Area X“. Eine seltsame Zone, die von einem regenbogenfarbenen
„Schimmer“ umgeben ist und in die schon diverse Erkundungsteams geschickt
wurden. Zurück kam bisher niemand. Und wenn doch, überlebten die Rückkehrer
nicht lang. Lena gehört zum ersten rein weiblichen Team, das unter Leitung
der Psychologin Dr. Ventress (Jennifer Jason Leigh) die Zone untersuchen
und Antworten auf die Frage liefern soll, was dort überhaupt los ist.
„Auslöschung“ ist ein Science-Fiction-Film im besten Sinn des Worts.
Regisseur Alex Garland („Ex Machina“) folgt in weiten Teilen der
literarischen Vorlage, dem gleichnamigen Roman von Jeff VanderMeer, dem
ersten Band der erfolgreichen Trilogie Southern Reach, einer Geschichte um
irrwitzige Mutationen und die Grenzen des Menschlichen.
Der Film, produziert von Paramount Pictures und Scott Rudin Productions,
sollte eigentlich ganz normal ins Kino kommen. In den USA, Kanada und China
startete der Film Ende Februar auch regulär in den Kinos.
In der restlichen Welt hingegen kann man „Auslöschung“ lediglich auf dem
Streamingdienst Netflix anschauen. Der Grund dafür: Zwischen den
beteiligten Produzenten Scott Rudin und David Ellison von Skydance Media,
ein – auch finanzieller – Partner von Paramount, gab es Streit. Man war
sich uneins über die endgültige Fassung des Films, wie der „Hollywood
Reporter“ [1][berichtete].
## Zu kompliziert für die Leinwand?
David Ellison erschien der Film zu kompliziert. Immerhin geht es darin um
eine entregelte Natur, die durch mutmaßlich außerirdischen Einfluss die DNA
sämtlicher Lebewesen ohne Rücksicht auf die bekannten
naturwissenschaftlichen Gesetze neu kombiniert – Pflanzen, Tiere, Menschen
kommen in der „Area X“ zu bizarren genetischen Neuschöpfungen zusammen,
manche davon wunderschön, andere furchterregend und gefährlich. Die damit
verbundenen Reflexionen über die apokalyptische Kraft der Genetik – eine
Zerstörung, die zugleich schafft – schienen Ellison wohl zu intellektuell
für ein größeres Kinopublikum.
Scott Rudin hingegen verteidigte Garlands Fassung und konnte sich
schließlich durchsetzen, da er die Rechte an der Endfassung hatte. Allemal
gut für den Film. Doch der Preis war hoch. Denn Paramount und Ellison waren
nach mittelmäßigen Testvorführungen besorgt, der Film könnte in den Kinos
nicht das gewünschte Einspielergebnis bringen. Man einigte sich dann mit
Netflix für den internationalen Verleih, zudem übernahm der Streamingdienst
einen Teil der Produktionskosten.
Die Zahlen scheinen zunächst einmal für diese Entscheidung zu sprechen. Bei
Produktionskosten von 40 Millionen US-Dollar spielte der Film bisher nur
knapp 30 Millionen Dollar ein. Über die Einnahmen durch Netflix liegen noch
keine Zahlen vor.
Ganz unabhängig davon ist es aber ein Verlust für das Kino, einen Film wie
„Auslöschung“ dort nicht sehen können. Seine surreal-psychedelischen Bild…
von einer anarchisch blühenden Blumenpracht, Tieren mit Zweigen als Hörner
und dem ölfilmartig flirrenden „Schimmer“ könnten im großen Format nach …
vor mehr Freude bereiten als am heimischen Bildschirm. Auch Alex Garland
bedauert, dass sein Film, der für das Kino gemacht ist, dort kaum gezeigt
wird.
## Neuer Trend im Filmgeschäft
Das Geschäftsmodell, auf das sich Paramount und Netflix geeinigt haben,
deutet dabei auf eine neue Entwicklung im sich rapide ändernden
Filmgeschäft hin. Bisher hatte Netflix dem Kino vor allem mit seinen
„Netflix Originals“ Konkurrenz gemacht, Eigenproduktionen von Netflix, die
Dokumentar- und Spielfilme einschließen, bei denen gar keine Verwertung im
Kino eingeplant ist.
Im Fall von „Auslöschung“ ist jedoch ein Film, der eigentlich für das Kino
gedacht war, aus dem herkömmlichen Verleihwesen herausgekauft worden. Für
die Zukunft lässt das befürchten, dass Filme mit mittlerem
Produktionsbudget und begrenztem Blockbusterpotenzial verstärkt den
direkten Weg ins Netz gehen könnten. Will sagen: Viele gute Filme kann man
bald vermutlich bloß noch streamen. Netflix und die wachsende
Heimstreamgemeinde können sich freuen. Leinwandfreunde eher nicht.
19 Mar 2018
## LINKS
[1] https://www.hollywoodreporter.com/heat-vision/annihilation-how-a-clash-betw…
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Film
Netflix
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