| # taz.de -- Kriegsfilm „Warfare“: Ein abgerissenes Bein bleibt auf der Stra… | |
| > Der Film „Warfare“ von Alex Garland und Ray Mendoza zeigt einen | |
| > militärischen Einsatz im Irakkrieg. Erzählt wird real Erlebtes. Nun | |
| > erscheint er auf DVD. | |
| Bild: Im Film „Warfare“ sieht man Soldaten beim Kämpfen zu | |
| „Warfare“ ist mindestens eines: hochkonzentriert. Einheit von Raum, Zeit | |
| und Handlung fast wie im klassischen Theater: Es ist der 19. November 2006. | |
| Der Ort ist Ramadi, der Hintergrund der Irakkrieg. Eine schwer bewaffnete | |
| Truppe von US Navy Seals stürmt ein zweistöckiges Haus in der Stadt. | |
| Man durchbricht eine Wand, scheucht die irakische Familie in einem Zimmer | |
| zusammen, zwei arabisch sprechende Soldaten übersetzen dabei, sie sind im | |
| weiteren Verlauf von den anderen separiert. Dieses Haus, die Straße davor | |
| sind der Schauplatz. Hin und wieder Wärmebildluftaufnahmen dazwischen, | |
| satellitengestützt. | |
| Man baut sich auf. Ein Sniper beobachtet durch das Zimmerfenster die | |
| Straße, wo Menschen zunächst ihrem Alltag nachgehen. Drinnen tut sich erst | |
| nichts, alle warten und warten. Pissen in Plastikflaschen. Dann braut sich | |
| etwas zusammen. Gegnerische Kämpfer mit schweren Waffen erscheinen, | |
| Häuserdächer werden besetzt. Eine Granate wird geworfen, ein | |
| Ausbruchsversuch gerät zum Desaster, Rückzug, zwei der Soldaten sind schwer | |
| verletzt, ein abgerissenes Bein bleibt auf der Straße zurück. Man ruft nach | |
| Unterstützung, die lange nicht kommt. | |
| Mehr als das, was Filmbild und Filmton bezeugen, erfährt man nicht. Aus dem | |
| kodierten Kauderwelsch, das die Soldaten sprechen, wird man als Zivilmensch | |
| kaum schlau. Warum sie hier eingedrungen sind, die Schlacht von Ramadi, der | |
| Irakkrieg als ganzer: Über nichts davon setzt einen der Film ins Bild. What | |
| you see is what you get: Kämpfende Männer, Panik, Blut, Schweiß und | |
| Morphiumspritzen. Der Titel „Warfare“ sagt alles. | |
| Oder soll alles sagen. Er sagt jedenfalls: Die Reduktion, oder Abstraktion, | |
| ist Programm. Als Autoren und Regisseure sind zwei Männer genannt. Den | |
| einen, [1][Alex Garland, kennt man gut]. Der Brite hat sich, zunächst als | |
| Autor und Drehbuchautor vor allem für Danny Boyle, einen Namen gemacht. | |
| Der Roman zu „The Beach“, die Bücher zur Vampir-Reihe, die mit „28 Days | |
| Later“ begann. Dann eine Reihe von Filmen unter eigener Regie, „Ex | |
| machina“, die Serie „Devs“, zuletzt [2][„Civil War“], allesamt ziemli… | |
| smart, immer etwas opak, sehr elegant und tight inszeniert, gern | |
| Science-Fiction, meist Action- und Denkstück zugleich. | |
| ## Dabeigewesenseinsauthentizität | |
| Ray Mendoza, den Co-Autor und -Regisseur, hat Garland als Berater seines | |
| US-Bürgerkriegsfilms „Civil War“ (es geht um einen Krieg in der sehr nahen | |
| Zukunft) kennengelernt. Mendoza war Soldat in der Army. Was „Warfare“ | |
| erzählt, hat er genau so damals erlebt. Das ist die Behauptung: filmisches | |
| Reenactment, Dabeigewesenseinsauthentizität. | |
| Der Protagonist trägt tatsächlich den Namen Ray Mendoza (gespielt von | |
| D’Pharaoh Woon-A-Tai). Der minutenlange Abspann führt dann das Fiktive mit | |
| dem Realen zusammen, man sieht die Schauspieler und die realen Soldaten | |
| Bild für Bild nebeneinandergestellt, dazu Aufnahmen der einen wie der | |
| anderen (einen im Rollstuhl) am Drehort. | |
| Das nackte Erleben des Kriegs bietet „Warfare“ zum Nachvollzug dar. Keine | |
| Propaganda, keine Ideologie, keine Heldenverehrung, nur die Erfahrung. Das | |
| ist natürlich seinerseits Ideologie; als ließe sich irgendeine Erfahrung | |
| aus dem Kontext lösen, ohne damit sofort eine sehr andere zu sein. | |
| Im Ergebnis ist der Film zugleich konkret und abstrakt. Schwer auszuhalten, | |
| intensiv. Man wird nicht sagen können, dass er zur Identifikation mit den | |
| Kämpfenden nötigt. Höchstens dazu, sich zu wünschen, nie im Leben in eine | |
| solche Situation zu geraten. Die irakische Familie, die Stunden der | |
| Lebensangst verbringt, vergisst er ausdrücklich nicht. Es bleibt eine | |
| gewisse, vielleicht aber doch produktive Ratlosigkeit. | |
| 7 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Horrorfilm-Men-im-Kino/!5865777 | |
| [2] /Spielfilm-Civil-War-im-Kino/!6001976 | |
| ## AUTOREN | |
| Ekkehard Knörer | |
| ## TAGS | |
| DVD | |
| Spielfilm | |
| Irak-Krieg | |
| Krieg | |
| USA | |
| Film | |
| Kolumne Vierte Wand | |
| USA | |
| Spielfilm | |
| Film | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Isländischer Film über Trauer auf DVD: Wenn die anderen zu Tränen werden | |
| In Rúnar Rúnarssons Film „Wenn das Licht zerbricht“ müssen zwei Frauen m… | |
| dem Tod ihres Geliebten zurechtkommen. Nur eine der beiden weiß von der | |
| anderen. | |
| Glorifizieren Filme Krieg?: Ein Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt | |
| Antikriegsfilme? Gibt’s nicht, fand François Truffaut. Doch ein Film straft | |
| ihn Lügen, weil er die Brutalität des Krieges nicht glorifiziert. | |
| Spielfilm „Civil War“ im Kino: Land unbegrenzter Wirklichkeiten | |
| Mit „Civil War“ hat Regisseur Alex Garland einen immersiven Actionfilm über | |
| die gespaltenen USA gedreht. Dass er keine Moral hat, ist ein Vorteil. | |
| Horrorfilm „Men“ im Kino: Männer, die sich selbst gebären | |
| Alex Garland drehte bisher vor allem Science-Fiction-Filme. In „Men“ übt | |
| der britische Regisseur mit den Mitteln des Horrors Kritik am Patriarchat. | |
| Film „Auslöschung“ bei Netflix: Große Leinwand? Rechnet sich nicht | |
| Der Film „Auslöschung“ sollte da starten, wo er hingehört: im Kino. Jetzt | |
| gibt es ihn bei Netflix – eine Entwicklung, die Schule machen könnte. |