# taz.de -- Flüchtlinge in Turnhallen: Das Elend beenden | |
> Der Senat will jetzt schnell handeln: Bis Jahresende sollen alle | |
> Flüchtlinge aus Turnhallen in anderen Unterkünften untergebracht werden. | |
Bild: Noch immer müssen in Berlin etwa 3.000 Flüchtlinge in Turnhallen aushar… | |
BERLIN taz | Der neue Senat zeigt sich anpackend. Gleich in der ersten | |
Sitzung beschloss Rot-Grün-Rot am Dienstag verschiedene Maßnahmen, um die | |
knapp 3.000 in Turnhallen verbliebenen Flüchtlinge möglichst bis Jahresende | |
dort heraus zu bekommen. „Uns erreichen täglich Nachrichten von allen | |
Seiten, wie groß die Not dort ist. Wir müssen dieses Elend beenden“, sagte | |
die neue Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) in der wöchentlichen | |
Senatspressekonferenz. Ziel sei ein Leerzug bis Ende der Jahres. | |
Mit der Not der Flüchtlinge argumentiert der Senat nun auch, um „im Rahmen | |
des Gefahrenabwehrrechts“, also des Allgemeinen Sicherheits- und | |
Ordnungsgesetzes (Asog), Wohlfahrtsverbände dafür zu gewinnen, | |
übergangsweise als Träger für fertige Gebäude einzuspringen. | |
In Vorgesprächen hätten diese grundsätzlich zugestimmt, so Breitenbach. | |
„Heute Nachmittag beginnen wir mit den Verhandlungen.“ Außerdem habe sie | |
die Behörden anderer Bundesländer gebeten, ihr Amtshilfe zu geben. Dazu | |
habe sich der Träger „Fördern und Wohnen“ aus Hamburg bereit erklärt, ei… | |
landeseigene Gesellschaft, die selbst Flüchtlingsunterkünfte betreibt. | |
Grund für die Eile des Senats sind nicht nur die vielen Berichte über | |
wachsende Verzweiflung in den Notunterkünften, die immer wieder zu | |
Protesten der Betroffenen führen. Hinzu kommt, dass vor wenigen Wochen das | |
zuständige Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) zugeben musste, | |
dass man die neuen Unterkünfte, die derzeit als Ersatz für die Turnhallen | |
gebaut werden, vorerst gar nicht nutzen kann. Das Amt hatte bei den | |
EU-weiten Ausschreibungen für den Betrieb der Unterkünfte gepatzt, | |
unterlegene Mitbieter hatten die Vergaben mit Erfolg beanstandet. | |
Der bisherige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) hatte danach erklärt, man | |
bereite derzeit neue Ausschreibungen vor, die frühestens Ende Januar | |
abgeschlossen seien – so dass dann mit den ersten Umzügen aus den | |
Turnhallen begonnen werden könne. | |
## Ausreichend Container-Plätze | |
Nun soll dies doch schneller möglich sein. Laut Finanzsenator Matthias | |
Kollatz-Ahnen (parteilos) sind bislang zwei „Tempohomes“ genannte | |
Containerdörfer fertig und bezogen, zwei weitere seien fertig. Dazu sollten | |
bis Jahresende noch Container-Standorte in Neukölln, Pankow und Lichtenberg | |
fertig werden sowie zwei „MUF“-Standorte (Modulare Flüchtlingsunterkünfte, | |
also Häuser in Leichtbauweise) in Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf. | |
All dies plus eine fertige, leerstehende Unterkunft in der Spandauer | |
Heerstraße ergäben rund 3.500 Plätze – also genug für alle | |
Turnhallenbewohner, so Kollatz-Ahnen. „Ob es uns gelingt, bis Jahresende | |
diese gesamten Kapazitäten zu nutzen, müssen wir sehen, aber wir bemühen | |
uns nach Kräften“, erklärte er. | |
Gleichzeitig, betonte Sozialsenatorin Breitenbach, werde man die regulären | |
Ausschreibungen mit Unterstützung anderer Berliner Behörden vorantreiben. | |
Dass der Senat nun aufs Tempo drückt, sei auch dem neuen Blick auf das | |
Thema geschuldet, erklärte Kollatz-Ahnen. So haben Breitenbachs Vorgänger | |
Czaja die Handlungsmöglichkeiten mit der Amtshilfe sowie das Argument mit | |
der Gefahrenabwehr „nicht gesehen“. | |
Überhaupt sei dieser der „Fehleinschätzung“ unterlegen, man brauche keine | |
Containerdörfer mehr, weil kaum noch neue Flüchtlinge ankämen. Tatsächlich | |
kämen weiterhin täglich 30 bis 40 Flüchtlinge nach Berlin. Der Bau neuer | |
Tempohomes und MUFs werde daher auch im kommenden Jahr weitergehen – zumal | |
weitere 20.000 Menschen in Notunterkünften leben. | |
13 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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