# taz.de -- Schwerpunkt: der Adel und die Nazis: Adel bereichert | |
> Aus deutschen Adelsfamilien gingen nicht nur Widerstandkämpfer hervor. | |
> Die meisten versuchten, das Nazi-Regime für ihre Zwecke zu nutzen. | |
Bild: Hatte für Hitler durchaus Sympathien – wie dieser umgekehrt für ihn: … | |
HAMBURG taz |Der deutsche Adel und die Nationalsozialisten trafen sich in | |
einem Punkt: in ihrem Antisemitismus. Schon 1920 hatte die Deutsche | |
Adelsgenossenschaft einen internen „Arierparagraphen“ eingeführt, der – | |
ganz gemäß der Stammes-Ideologie der Nazis – weit zurückreichte: Mitglied | |
im „Eisernen Buch des deutschen Adels deutscher Art (EDDA) konnte nur sein, | |
wer „arische“ Vorfahren bis 1800 nachwies. | |
Denn Juden, das waren für den Adel Repräsentanten der Moderne, und damit | |
wollte diese monarchistisch gesinnte Kaste nichts zu schaffen haben. Zudem | |
war der Adel seit dem verlorenen Ersten Weltkrieg und dem Ende der | |
Monarchie – samt der als „Schmach“ gedeuteten Flucht Kaiser Wilhelms II. … | |
ohnehin geschockt und suchte nach neuen ideologischen Ankern. | |
Wenig überraschend also, dass vor allem junge Adlige bei völkisch | |
Rechtsnationalen, später bei den Nationalsozialisten ihre politische Heimat | |
fanden. Und auch wenn die meisten Familien ihre Archive bis heute unter | |
Verschluss halten: Fakt ist, dass schon 1930 Adlige massiv für die NSDAP | |
warben. August Wilhelm Prinz von Preußen etwa agitierte im Bierzelt für | |
Hitler, Prinz Max Egon zu Hohenlohe-Langenburg spann internationale Fäden | |
nach Westeuropa; die Mussolini-Kontakte organisierte Prinz Philipp von | |
Hessen. | |
Es gab im preußischen Adel „praktisch keine der berühmten Familien, die | |
nicht dabei war“, sagt Historiker Stephan Malinowski, Verfasser des Bandes | |
„Vom König zum Führer“. Und eine der Ursachen sei in der Tat der Status- | |
und Machtverlust nach 1918 gewesen, sagt Historikerin Karina Urbach, die | |
das Buch „Hitlers heimliche Helfer“ schrieb. Die Erfahrung der Revolution | |
und die Angst vor einer Bolschewisierung Europas hätten zu einem Umdenken | |
im Adel geführt, sagt Urbach. „Autoritäre Regime werden plötzlich | |
attraktiv.“ | |
Das äußert sich auch in Zahlen: Allein 70 Mitglieder des Hochadels traten | |
schon vor 1933 in die NSDAP ein; bis 1941 waren es schon 270. Der Kleinadel | |
tat es ihnen gleich: Aus 350 stichprobenartig untersuchten Familien traten | |
laut Malinowski fast 3.600 Adlige der NSDAP bei, darunter allein 43 | |
Bismarcks und 41 Schulenburgs. Und jeder vierte von ihnen vor 1933. | |
Hinter all dem stand die – irrige – Idee, das anfangs belächelte | |
plebejische „Parvenü“-Regime für eigene Interessen zu nutzen: Der Adel | |
spekulierte nicht nur auf Land, das Hitler im Zuge des Angriffskrieges in | |
Osteuropa erobern wollte. Das NS-Regime bot auch Karrieremöglichkeiten in | |
Diplomatie und Militär; die Anzahl der adligen Offiziere etwa stieg | |
zwischen 1933 und 1935 von 900 auf 2.300. Und in der berüchtigten | |
Totenkopf-SS waren 1938 rund 18 Prozent der Obergruppenführer adlig. „Dazu | |
kamen Karrierechancen infolge politischer Säuberungen im höheren | |
Verwaltungsdienst und der Diplomatie“, sagt Malinowski. Damit habe die | |
Mehrzahl der Adligen das NS-Regime gestützt. | |
Dabei leugnet der Historiker nicht, dass es auch ehrenwerte adlige | |
Demokraten gab – wie die Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 um Claus | |
Schenk Graf von Stauffenberg. Das gescheiterte Attentat sei im Wortsinn ein | |
„Aufstand des schlechten Gewissens“ gewesen. | |
„Ohne Adel hätte es keinen 20. Juli 1944 geben“, sagt Malinowski. Aber eben | |
auch nicht Hitlers Machtergreifung am 30. Januar 1933. | |
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2 Dec 2016 | |
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## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
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