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# taz.de -- Das Haus Oldenburg und die Nazis: Eine schrecklich braune Familie
> Nikolaus von Oldenburg wollte im Vernichtungskrieg von Wehrmacht und SS
> seinen Clan bereichern. Seine Enkelin ist Beatrix von Storch.
Bild: Gegenwärtig prominenteste Angehörige des Hauses Oldenburg: Beatrix von …
Hannover taz | Zumindest 1941 muss Nikolaus von Oldenburg noch an den
Endsieg geglaubt haben: „Ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich kurz
wissen lassen würden, ob grundsätzlich die Möglichkeit des Ankaufs größerer
Güter im Osten nach Kriegsende für mich gegeben sein wird“, schrieb der
letzte Erbgroßherzog Oldenburgs an den „Reichsführer SS“, Heinrich Himmle…
Schließlich habe er sechs Söhne, jammerte der einstige Thronfolger, dessen
Anspruch auf Oldenburg 1918 die Novemberrevolution hinweggefegt hatte – und
er erhielt prompt eine positive Antwort.
Der Bettelbrief an den millionenfachen Mörder Himmler, geschrieben am 2.
Juni 1941 – also 20 Tage vor dem Angriff auf die Sowjetunion – macht
deutlich, dass das NSDAP-Mitglied Nikolaus von Oldenburg den
Vernichtungskrieg seiner Parteigenossen zur massiven Bereicherung seines
Clans nutzen wollte. Der Ex-Großherzog, dessen Titel nach der Weimarer
Verfassung nichts mehr galt, schien offenbar zu wissen, dass die Nazis
weite Teile Osteuropas entvölkern wollten – und dass der „Reichsführer“…
Mann war, der den Mordplan umsetzen würde.
Ebenfalls im Juni 1941 kündigte Himmler vor SS-Gruppenführern an, 30
Millionen als „slawisch“ identifizierte Menschen töten lassen zu wollen.
Schon in den ersten Monaten des Krieges gegen die Sowjetunion ermordeten
Einsatzgruppen seiner „Sicherheitspolizei“ und seines „Sicherheitsdienste…
SD fast eine Million Menschen. Die Vernichtung der europäischen Juden
folgte.
## Typische Anbiederung an die Nazis
Die Anbiederung des Chefs des Hauses Oldenburg an die Nationalsozialisten
war durchaus typisch für den nord- und ostdeutschen Adel. Der Berliner
Historiker Stephan Malinowski hat bereits 2003 herausgearbeitet, dass die
meisten Adligen die nationalsozialistische „Bewegung“ als nützlich
empfanden – schließlich lehnten beide Gruppen die Republik mit ihrer
Demokratie und ihren Parteien ebenso ab wie Parlamentarismus und
Sozialdemokratie. Außerdem brachten Wiederaufrüstung, Krieg und die
Verfolgung von Juden sowie Sozialdemokraten viele Adelige, die nach dem
verlorenen Ersten Weltkrieg quasi arbeitslos waren, erneut in als
standesgemäß erachtete Positionen – ob in Offizierslaufbahnen oder in den
höheren Verwaltungsdienst.
Das galt auch für Nikolaus von Oldenburg. Im Heer nur Major der Reserve,
brachte er es in der SA immerhin zum Standartenführer, was dem
militärischen Rang eines Obristen entspricht. Er scheint aber nicht
versucht zu haben, unmittelbar aus der „Arisierung“ des Vermögens von
Deutschen jüdischen Glaubens zu profitieren. Im zum Freistaat erklärten
ehemaligen Großherzogtum, wo die NSDAP 1932, schon ein Jahr vor der
„Machtergreifung“ Hitlers, über die absolute Mehrheit im Landtag verfügte,
wurden die Juden genauso entrechtet, verfolgt und vernichtet wie im Rest
des Deutschen Reiches: Lebten 1925 noch 320 Juden in der Oldenburger
Kernstadt, waren es 1939 noch 99 – Ende 1943 gab es hier kein jüdisches
Leben mehr.
Die Enteignung Hunderter Mitbürger war aber auch nach 1945 jahrzehntelang
kein Thema im niedersächsischen Oldenburg. Durchbrochen wurde das Schweigen
erst durch die Ausstellung „Ein offenes Geheimnis“. Diese Ausstellung
zeigte das Ausmaß der „‚Arisierung‘ in Alltag und Wirtschaft in Oldenburg
im Zeitraum von 1933 bis 1945“. „Da bleibt nur Verhungern oder Flucht“,
wird Gustav Thal zitiert, der damals in Oldenburg drei Fotogeschäfte besaß.
Bis 1940 wurden nicht nur jüdische Geschäftsleute gezwungen, weit unter
Wert zu verkaufen. Unter dem Begriff „Ausländische Möbel“ oder
„Hollandmöbel“ stand die Einrichtung von zur Emigration gezwungenen oder
deportierten Juden billig zum Verkauf.
Immerhin: Seit 2013 erinnert eine Gedenkwand an die 175 ermordeten
jüdischen BürgerInnen Oldenburgs. Und bereits seit 1981 wird mit dem
„Erinnerungsgang“ an das Schicksal der jüdischen Männer erinnert, die nach
den Novemberpogromen 1938 an der noch brennenden Synagoge vorbei zur
Polizeikaserne am Pferdemarkt, der heutigen Landesbibliothek, getrieben
wurden. Erst nach Wochen und Monaten kehrten sie, gezeichnet von der Haft
im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin, vorerst zurück.
## Enkelin Beatrix von Storch hetzt gegen Europa
Ihrer historischen Verantwortung nicht stellen will sich die derzeit wohl
bekannteste Vertreterin der einstigen Adelsfamilie Oldenburg, Beatrix von
Storch. Die AfD-Hardlinerin, die nach Aussage ihres Vaters Huno von
Oldenburg im Ostholsteiner Anzeiger „nach alter deutscher Weise den Namen
ihres Mannes“ Sven von Storch angenommen hat, phantasiert lieber vom
Schusswaffengebrauch gegen Geflüchtete.
Für die selbsternannte „Alternative“, deren Vorsitzende Frauke Petry das
„Völkische“ positiv besetzen will, sitzt die Enkelin von Nikolaus von
Oldenburg im Europaparlament und hetzt dort gegen die europäische Idee –
was sie nicht daran hindert, jährlich Diäten und Aufwandsentschädigungen in
sechsstelliger Höhe abzugreifen.
Über so viel Geschäftssinn gefreut hätte sich sicherlich von Storchs
Großvater mütterlicherseits: Hitlers Finanzminister, der in Nürnberg wegen
der „Arisierung“ des Eigentums deportierter Juden durch die Finanzämter zu
zehn Jahren Haft verurteilte Kriegsverbrecher Johann Ludwig Graf Schwerin
von Krosigk.
5 Dec 2016
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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