# taz.de -- Die Hohenzollern und ihre Schlösschen: Preußens klammer Adel irri… | |
> Die Preußen fordern Entschädigung in Form von kostenfreien Wohnrechten | |
> und Geld. Dafür müssen sie erst mal ihre Geschichte aufhübschen. | |
Bild: So sieht Armut aus: Georg Friedrich Prinz von Preußen und seine Frau, So… | |
BERLIN taz | Was wollen die Preußen? Was wollen die Hohenzollern? Und was | |
will ihr Wortführer, der 1976 geborene Georg Friedrich Ferdinand Prinz von | |
Preußen, Ururenkel des letzten Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, | |
Wilhelms II.? Auf alle Fälle viel Geld vom deutschen Staat und eine | |
erhebliche Aufwertung im öffentlichen Erscheinungsbild. | |
Der Bund versucht zwar zu schlichten, auch das Land Brandenburg, doch die | |
Streitigkeiten werden, wie diesen Freitag angekündigt, vor Gericht | |
fortgesetzt werden. Von einer Einigung scheint man weit entfernt – und aus | |
Sicht der Republik ist das auch gut so. | |
Denn was Georg Friedrich und sein Clan materiell beanspruchen, berührt die | |
Verfassungsprinzipien des seit 1989 vereinigten Deutschland und dessen | |
klare Abgrenzung von den historischen Verbrechen seiner Vorgängerregime. | |
Nach dem Sturz des Kaisertums, das durch den Ersten Weltkrieg schwere | |
Schuld auf sich geladen hatte, waren die Hohenzollern in der Weimarer | |
Republik privat recht glimpflich davongekommen. Sie durften viele | |
Besitztümer behalten, darunter 39 Schlösser. | |
Der Weimarer Republik haben sie die Milde nicht gedankt. Sie waren vielmehr | |
führend an deren Beseitigung beteiligt. Ihre damaligen Chefs und | |
„Oberhäupter“ [1][agitierten für die Nazis] und warben bei den adligen | |
Eliten leidenschaftlich für die Machtergreifung Hitlers. Nach 1945 wurden | |
ihre Vermögenswerte im Osten, deren man habhaft werden konnte, von daher | |
eingezogen. | |
## Versteigerungen mit Millionengewinn | |
1994 wurde nach der Vereinigung Deutschlands ein Gesetz verabschiedet, das | |
es untersagte, Entschädigungen an in den Nationalsozialismus verstrickte | |
Personen, Institutionen oder deren Erben zu leisten. Bund und Länder waren | |
trotzdem darauf erpicht, mit den Hohenzollern nach 1989 und auch nach 1994 | |
zu gütlichen Einigungen zu gelangen. | |
Einerseits gehört es zum guten demokratisch-republikanischen Anspruch, | |
[2][Nachfahren von Verbrechern] nicht in fortdauernde Sippenhaftung zu | |
nehmen. Andererseits konnte die preußische Linie der Hohenzollern nach 1945 | |
viele Kunstschätze in den Westen „retten“, die man auch weiterhin für | |
(staatlich organisierte) Ausstellungen als Leihgaben nutzen wollte. | |
Doch verwundert reibt man sich jetzt die Augen, dass das vorhandene | |
Vermögen der Hohenzollern nicht ausreichen soll, um den Clan wirtschaftlich | |
sinnvoll leben zu lassen und die laufenden Kosten zu decken. Über die Höhe | |
der den Familienmitgliedern zustehenden Apanagen, der monatlichen | |
Leibrenten, möchte Prinz Georg Friedrich nicht so gern öffentlich reden. | |
Im Vergleich zu anderen europäischen Fürstenhäusern sollen sie auch eher | |
gering ausfallen. Über dem Hartz-IV-Satz dürften sie dennoch liegen. In den | |
letzten Jahren versteigerte der Clan immer wieder Antiquitäten und | |
historische Kunstgegenstände mit Millionengewinn. | |
## „Freies Wohnrecht“ im Museum? | |
Angesichts dessen scheint eine jetzt diskutierte Forderung an das Land | |
Brandenburg nach Zahlung von 1,2 Millionen Euro gar nicht mal so hoch. Aber | |
warum sollten die Urenkel eines monarchischen Kolonialherrn, eines der für | |
den Ersten Weltkrieg Hauptverantwortlichen, Urenkel von Steigbügelhaltern | |
des Naziregimes, warum sollten diese nun Geld oder „freies Wohnrecht“ in | |
Schlössern wie Cecilienhof in Potsdam bekommen? Schloss Cecilienhof dient | |
als öffentliches Museum und wurde gerade mit über 10 Millionen Euro | |
saniert. | |
Um neue Bedeutung zu gewinnen und an Geld zu gelangen, versucht Georg | |
Friedrich aus historischen Rivalitäten im faschistischen Lager eine | |
Widerstandslinie für sich und seinen Clan zu reklamieren. Nun, vielleicht | |
hat ja die AfD von Björn Höcke dafür noch einen Podestplatz frei. | |
26 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-der-Adel-und-die-Nazis/!5359327 | |
[2] /Enkel-arbeitet-NS-Vergangenheit-auf/!5395662 | |
## AUTOREN | |
Andreas Fanizadeh | |
## TAGS | |
Lesestück Meinung und Analyse | |
Adel | |
Preußen | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
Deutsche Einheit | |
Hohenzollern | |
Hohenzollern | |
Schwerpunkt Landtagswahl 2019 in Brandenburg | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Hannover | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
30 Jahre Einheit in Neuruppin: Anderswo ist es noch schlimmer | |
Neuruppin ist Zentrum einer strukturschwachen Region Brandenburgs. | |
Behaupten kann es sich, weil es einen See gibt, Möwen und schnurgerade | |
Straßen. | |
Hohenzollern und Nationalsozialismus: Noch Platz auf dem Sofa | |
In Schloss Cecilienhof in Potsdam stiefelten die Hohenzollern mit | |
Hakenkreuzbinden herum. Heute will der Clan dort wieder wohnen. | |
Restitutionsforderung der Hohenzollern: Antisemitischer Adel | |
Der Hohenzollern-Clan sieht sich neuerdings im NS-Widerstand. Dem | |
widersprechen HistorikerInnen und belegen das mit eindeutigem Material. | |
Cecilienhof wird Thema für die Linke: Ein Prinz als Wahlkampfhelfer | |
Die Hohenzollern fordern Wohnrecht im Brandenburger Schloss Cecilienhof. | |
Das befeuert den Wahlkampf: Die Linke startet eine Volksinitiative. | |
Polizei im Nationalsozialismus: Rendezvous mit der Vergangenheit | |
Künftige Beamte werden in Bayern mit der Geschichte der Behörde | |
konfrontiert. Denn oft wird die Nazi-Zeit an den Akademien nicht genug | |
behandelt. | |
Verarmter Hochadel: Teures Geschenk | |
Welfen-Prinz Ernst-August will das Schloss Marienburg von seinem Sohn | |
zurück. Der wollte es quasi weiterverschenken – um Kosten einzusparen. | |
Schwerpunkt: der Adel und die Nazis: Adel bereichert | |
Aus deutschen Adelsfamilien gingen nicht nur Widerstandkämpfer hervor. Die | |
meisten versuchten, das Nazi-Regime für ihre Zwecke zu nutzen. |