# taz.de -- Simone Peter über Grünen-Steuerpläne: „Es geht um mehr Gerecht… | |
> Simone Peter zieht Bilanz aus dem Wahldebakel 2013. Im Kampf gegen die | |
> Arm-Reich-Schere setzt die Grünen-Vorsitzende auf Erbschaft- und | |
> Vermögensteuer. | |
Bild: „Unsere Richtung ist klar: gerechter, ökologischer, familienfreundlich… | |
taz: Frau Peter, 2013 haben die Grünen schlechte Erfahrungen mit der | |
Forderung nach höheren Steuern gemacht. Welche Konsequenz zieht die Partei | |
für 2017 daraus? | |
Simone Peter: Es gab 2013 eine Reihe von Gründen für unser Ergebnis – die | |
Steuern waren dabei nicht die Hauptsache. Aber wir hatten zu viel in das | |
Gesamtpaket hineingepackt und zudem Probleme, den WählerInnen unsere | |
Botschaft zu vermitteln. Wir haben daraus gelernt, weniger die steuerlichen | |
Instrumente als die politischen Ziele in den Vordergrund zu rücken – | |
nämlich mehr Ökologie und Gerechtigkeit. Es gibt bei den Kommunen einen | |
Investitionsstau von 136 Milliarden Euro, eine wachsende Spaltung in Arm | |
und Reich und viele ungelöste Umweltprobleme. Die Themen sind heute nicht | |
weniger dringlich als 2013. Aber wir werden sie anders kommunizieren. | |
2013 forderten die Grünen, dass, wer über 60.000 Euro im Jahr verdient, | |
mehr Einkommensteuer zahlen soll. Davon war ein Teil der grünen Klientel | |
nicht sehr angetan. Und jetzt? | |
2013 stellte die Grenze von 60.000 plus die Abschaffung des | |
Ehegattensplittings eine Überforderung für manche unserer WählerInnen dar. | |
Wenn wir nach der Wahl den Einkommensteuertarif anfassen, dann sollte eine | |
Besteuerung erst ab 100.000 Jahreseinkommen für Singles greifen. Wir legen | |
den Fokus auf die Abgeltungsteuer und die Erbschafts- und Vermögensteuer. | |
Denn die tiefe Spaltung gibt es in Deutschland bei Vermögen und | |
Kapitalerträgen, mehr als bei den Arbeitseinkommen. | |
Aber genau in diesem Punkt ist sich die grüne Arbeitsgruppe, die Sie zwei | |
Jahre geleitet haben, uneins. Es gibt bei Erbschafts- und Vermögenssteuer | |
keine Einigung. Warum? | |
Weil derzeit nicht klar ist, wie im Wahljahr der Stand bei der | |
Erbschaftssteuerreform sein wird. Der nicht verfassungskonforme | |
Gesetzentwurf der Großen Koalition ist jetzt dank der grünregierten Länder | |
zur Nachbesserung im Vermittlungsausschuss – und wir müssen abwarten, ob es | |
am Ende ein verfassungskonformes Gesetz gibt. Falls ja, werden wir die | |
Debatte um die Erbschaftssteuer, nur schwer neu entfachen können. Falls | |
sich die Regierung aber weiterhin stur stellt, haben wir für eine neue | |
Reform nach 2017 das Modell einer gerechten Flat-Tax für Privat- und | |
Betriebsvermögen griffbereit. Damit sollte der Staat dann aber auch mehr | |
einnehmen als bisher. | |
Und die Vermögensteuer? | |
Die favorisiere ich. Es kann nicht sein, dass kleine und mittlere Einkommen | |
überproportional viel für das Gemeinwesen zahlen, während sich Superreiche | |
entziehen. Deshalb ist es gerecht, wenn wir Leute, die mehr als eine | |
Millionen Euro besitzen, einen Beitrag abverlangen. Die Vermögensteuer | |
kommt zudem den Bundesländern zu Gute, die angesichts der Schuldenbremse | |
dringend Mittel für Zukunftsinvestitionen benötigen. | |
Die Vermögenssteuer bringt laut Berechnungen des DIW knapp 10 Milliarden | |
Euro im Jahr. Die Realos sperren sich gegen diese Steuer. Bekommen die | |
linken Grünen die Vermögensteuer gegen die Realos durch? | |
Im Beschluss der Arbeitsgruppe steht die Vermögensteuer schon mal drin… | |
….aber als umstritten! | |
Wir sind uns einig, dass wir der extremen und wachsenden | |
Vermögensungleichheit mit einer Vermögensbesteuerung entgegenwirken wollen. | |
Über das Instrument entscheiden wird unser Parteitag im Herbst. Ich weiß, | |
dass viele unserer Mitglieder und WählerInnen Sympathien für die Einführung | |
der Vermögensteuer haben. | |
Also wird die Vermögensteuer das Flaggschiff der Grüne für den Wahlkampf | |
2017? | |
Nein. Sie ist ein Steuerinstrument, um mehr Gerechtigkeit herzustellen, | |
neben dem Kampf gegen Steuerhinterziehung, der ökologischen Finanzreform | |
und der besseren Familienförderung. | |
Es gibt derzeit einen Haushaltsüberschuss von knapp 20 Milliarden Euro. | |
Können die Grünen in dieser Situation plausibel machen, dass der Staat noch | |
mehr Geld braucht? | |
Ja. Wir können leider nicht davon ausgehen, dass die öffentlichen Haushalte | |
dauerhaft Etatüberschüsse erzielen, die ja ein Effekt historisch niedriger | |
Zinsen und guter Konjunktur sind. Statt die ‚Schwarze Null‘ heilig zu | |
sprechen, sollte mehr Geld für die Integration von Flüchtlingen, für den | |
kommunalen Klimaschutz, und für bessere Kitas und Schulen zur Verfügung | |
stehen. | |
Wolkig ist bis jetzt auch die Abschaffung des Ehegattensplittings. Es sind | |
verschiedene Varianten im Gespräch – aber eine klare Forderung fehlt. Wieso | |
tun sich die Grünen so schwer mit der Steuerpolitik? | |
Tun wir nicht. Unsere Richtung ist klar: gerechter, ökologischer, | |
familienfreundlicher. Wir haben nach 2013 erkannt, dass wir gerade bei | |
Paaren mit Kindern genauer hinschauen müssen, wie sich eine Reform des | |
Ehegattensplittings für sie auswirkt. Wir wollen zukünftig Verheiratete | |
individuell besteuern und zudem die materielle Förderung von Kindern | |
verbessern. Damit stärken wir die eigenständige Existenzsicherung von | |
Frauen und gehen die beschämende Kinderarmut in Deutschland an. Die Ziele | |
sind die gleichen wie 2013. Aber der Weg ist anders. | |
10 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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