# taz.de -- Debatte der Grünen um Steuerpläne: Nicht ohne meine Frau? | |
> Die Grünen richten ihre Finanz- und Steuerpolitik neu aus – müssen dabei | |
> aber an ihre gut verdienenden, verheirateten WählerInnen denken. | |
Bild: Grüne sind vorsichtiger geworden: Viele ihrer Wähler sind verheiratet u… | |
BERLIN taz | Die Grünen richten ihre Finanz- und Steuerpolitik in Zukunft | |
so aus, dass wohlhabende WählerInnen der bürgerlichen Mitte nicht stärker | |
belastet werden. Dieses Bemühen ist im Abschlussbericht einer | |
parteiinternen Finanz-Arbeitsgruppe zu erkennen, den Grünen-Chefin Simone | |
Peter am Montag vorstellte. „Wir haben uns auf einige Ziele fokussiert“, | |
sagte Peter. Das aktuelle Paket sei „nicht so weitreichend“ wie die Pläne | |
im Wahlkampf 2013. Die taz erklärt die wichtigsten Punkte des Konzepts. | |
Einkommensteuer: Der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer orientiert sich | |
am Existenzminimum in Deutschland und wird deshalb regelmäßig angepasst. | |
Eine Anpassung ab 2017 wollen die Grünen „aufkommensneutral“ | |
gegenfinanzieren. Sie schlagen vor, den Spitzensteuersatz zu erhöhen, aber | |
erst oberhalb eines zu versteuernden Single-Einkommens von 100.000 Euro im | |
Jahr. | |
Schon im Wort „aufkommensneutral“ steckt eine Bremse. Es bedeutet, dass die | |
Staatseinnahmen durch die Reform gleich blieben, der Staat also nicht | |
kräftig zulangen dürfte. Zum Vergleich: Im Wahlkampf 2013 wollten die | |
Grünen den Spitzensteuersatz für Einkommen ab 80.000 Euro von 42 auf 49 | |
Prozent erhöhen. Wohlhabende wären also stärker betroffen gewesen als durch | |
die aktuellen Pläne. | |
Ehegattensplitting: Das Ehegattensplitting ist ein Steuervorteil, der vor | |
allem wohlhabenden Alleinverdiener-Ehen nützt. Das Einkommen des | |
arbeitenden Partners wird dabei auf beide verteilt, und vom Finanzamt | |
entsprechend berücksichtigt. Ein Rechtsanwalt, der über 500.000 Euro im | |
Jahr verdient und dessen Ehefrau die Kinder hütet, spart durch das | |
Splitting knapp 16.000 Euro im Jahr. Eine Krankenschwester mit einem | |
25.000-Euro-Gehalt, deren Ehemann ähnlich verdient, profitiert überhaupt | |
nicht. | |
Die Grünen kritisieren diesen Steuernachlass seit Jahren, weil er Frauen in | |
die traditionelle Hausfrauenrolle drängt. „Um eine eigenständige | |
Existenzsicherung von Frauen zu unterstützen, […] wollen wir zur | |
individuellen Besteuerung übergehen“, heißt es in dem Bericht der | |
Grünen-AG. Wie genau das passieren soll, ist in der Partei aber umstritten. | |
Sie diskutiert mehrere Modelle, um das Splitting sanft abzuschaffen. Die | |
Grünen denken an einen Übergangszeitraum von 10 bis 15 Jahren. Paare, die | |
ihr Leben mit dem Splitting geplant haben, sollen so geschützt werden. | |
Im Wahlkampf 2013 warben die Grünen für eine schnellere Reform. Sie wollten | |
bestehende und neue Ehen gleich behandeln, den Splittingvorteil für | |
Haushalte mit einem Einkommen ab 60.000 Euro deckeln und diesen Deckel in | |
zehn Jahren abbauen. Die Grünen sind vorsichtiger geworden, weil viele | |
ihrer Wähler verheiratet sind und vom Splitting profitieren. | |
Vermögensteuer: Bei diesem wichtigen Punkt sind die Grünen uneins – er soll | |
zur Not auf dem Parteitag im November entschieden werden. Viele Grüne | |
möchten die Vermögensteuer wiederbeleben, die in Deutschland bis Ende 1996 | |
existierte. Der Freibetrag läge bei „mindestens einer Million Euro“, heißt | |
es in dem Papier der Finanz-AG. 99,8 Prozent des Aufkommens würden vom | |
reichsten einen Prozent der Gesellschaft getragen werden. Die Steuer soll | |
dem Staat Einnahmen von 10 Milliarden Euro bringen, sie würde vor allem | |
sehr reiche Menschen mit Millionenvermögen belasten. | |
2013 warben die Grünen für eine befristete Vermögensabgabe, die ebenfalls | |
das reichste Prozent treffen sollte. Was im Moment umstritten ist, stand | |
damals also im Programm. | |
11 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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