# taz.de -- Kompromiss im Bundesrat: Grüne segnen Erbschaftsteuer ab | |
> Im Bundestag dagegen, in der Länderkammer dafür: Die Grünen werden | |
> mehrheitlich einer Reform im Bundesrat zustimmen, die sie scharf | |
> kritisieren. | |
Bild: Ist auch für ein „Ja mit Bauchschmerzen“: Robert Habeck, grüner Min… | |
BERLIN taz | Die meisten von Grünen mitregierten Bundesländer werden den | |
Kompromiss zur Erbschaftsteuer mittragen – und dem Gesetz der Großen | |
Koalition am Freitag zu einer Mehrheit im Bundesrat verhelfen. Das erfuhr | |
die taz am Donnerstag von mehreren grünen Landespolitikern. | |
„Es läuft auf eine fast geschlossene Zustimmung der Grünen in den Ländern | |
zu“, hieß es. Sicher enthalten werden sich demnach nur die | |
Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Thüringen. In dem einen Fall | |
blockiert die FDP in der Ampelkoalition, in dem anderen die Linkspartei in | |
einer rot-rot-grünen Koalition. | |
Die Grünen regieren in zehn Bundesländern in unterschiedlichen Koalitionen | |
mit. Sie verfügen somit über eine Sperrminorität in der Länderkammer. Die | |
Große Koalition ist auf ihre Hilfe angewiesen, um die vom | |
Verfassungsgericht angemahnte Steuerreform zu beschließen. Das Gesetz | |
selbst war hochumstritten – vor allem bei den Grünen. Nachdem das | |
Verfassungsgericht im Dezember 2014 eine Neuregelung der Erbschaftsteuer | |
angemahnt hatte, weil Firmenerben zu großzügige Verschonung genössen, | |
stritt die Große Koalition gut eineinhalb Jahre lang. | |
Die von SPD, Grünen und Linken regierten Länder stoppten das Gesetz | |
zunächst im Juli im Bundesrat, der Vermittlungsausschuss wurde angerufen. | |
Der neue Kompromiss sieht unter anderem vor, dass Erbfälle bis 26 Millionen | |
Euro meist steuerfrei bleiben – über dieser Grenze sind Bedürfnisprüfungen | |
und eine weitere Verschonung vorgesehen. Die Bundestagsfraktion der Grünen | |
stimmte vor zwei Wochen gegen das Gesetz. | |
## Sympathie für die Erbschaftsteuer | |
In den Ländern kommen die Strategen der Ökopartei zu einer anderen | |
Abwägung: „Nach langem Ringen mit mir selbst empfehle ich Zustimmung, auch | |
wenn das Gesetz nicht meinem Gerechtigkeitssinn entspricht“, sagte | |
Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) am Donnerstag | |
der taz. „Aber wir brauchen Rechtssicherheit für die Betriebe und | |
Verfassungskonformität. Zudem dürfen wir nicht die Einnahmen der Länder | |
riskieren.“ | |
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte sich auch | |
früh für den Kompromiss ausgesprochen. Die Regierungsgrünen in Hessen, | |
Hamburg und Bremen werden nach taz-Informationen ebenfalls das Ja der | |
jeweiligen Landesregierung mittragen. Nordrhein-Westfalens Regierung samt | |
Grünen tendierte am Donnerstag auch zur Zustimmung, wollte ihre Position | |
aber erst am Abend endgültig festlegen. | |
Kretschmann, als einziger grüner Ministerpräsident der Verhandlungsführer | |
der Ökopartei, spielte eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung. In | |
Baden-Württemberg sitzen viele wichtige Familienunternehmen. Deshalb pochte | |
er intern darauf, nicht nur auf finanz- und verteilungspolitische Fragen zu | |
schauen. Für ihn gehe es darum, eine Unternehmensstruktur zu schonen, die | |
beim ökologischen Umbau der Wirtschaft entscheidend sei, hieß es. | |
Familienunternehmen leisten sich oft eine niedrigere Renditeerwartung und | |
mehr Investitionen als Aktiengesellschaften, die Investoren gehören. | |
Auch die Frage, ob das Gesetz am Ende den Ansprüchen von Karlsruhe genüge, | |
spielte eine Rolle. Heinold, eine der drei grünen Landesfinanzministerinnen | |
in Deutschland, ließ es von Juristen in ihrem Haus durchleuchten. Das | |
Ergebnis: Der jüngste Kompromiss sei verfassungskonform. Außerdem wogen die | |
Ländergrünen ab, was bei einer Blockade im Bundesrat passiert wäre. Dann | |
hätte Karlsruhe, fürchteten viele, die Erbschaftsteuer ganz abschaffen | |
können. | |
Ein Länderstratege sagt: „Den Tod der Erbschaftsteuer wollte keiner.“ Ob | |
das Szenario wirklich stimmt, ist aber fraglich. Die Verfassungsrichter | |
haben bisher Sympathie für die Erbschaftsteuer erkennen lassen und hätten | |
zur Not eigene Regeln erlassen können. | |
13 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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