| # taz.de -- Reform der Erbschaftsteuer: 100 Prozent auf alles | |
| > Bayerns Ministerpräsident Seehofer ist „sehr zufrieden“, Erben dürften … | |
| > auch sein. Denn auch weiterhin können sie von der Erbschaftsteuer befreit | |
| > bleiben. | |
| Bild: Cheers. Für Erben ändert sich wenig, nach der Erbschaftsteuerreform | |
| Berlin rtr | Die Reform der Erbschaftssteuer ist in trockenen Tüchern. Der | |
| gemeinsame Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einigte sich | |
| in der Nacht zum Donnerstag in Berlin nach monatelangem Streit in der | |
| großen Koalition und zwischen Bund und Ländern auf ein Modell zur | |
| Neufassung der Steuerprivilegien von Betriebserben. Sie sollen auch künftig | |
| zu einhundert Prozent von der Steuer befreit werden können, wenn sie | |
| Betrieb und Arbeitsplätze erhalten. Die Voraussetzungen dafür werden | |
| allerdings auf Druck des Bundesverfassungsgerichts erhöht. | |
| Eigentlich hatten die Karlsruher Richter der Politik Ende 2014 aufgetragen, | |
| die grundgesetzwidrige Überprivilegierung von Betriebserben bereits bis zum | |
| 30. Juni 2016 zu korrigieren. Die Frist war jedoch ohne Ergebnis | |
| verstrichen. Nachdem die CSU in der Koalition auch für die Zukunft | |
| weitreichende Sonderrechte für Firmenerben durchgeboxt hatte, hatten die | |
| von SPD und Grünen regierten Bundesländer im Bundesrat die Notbremse | |
| gezogen und den Vermittlungsausschuss angerufen. | |
| Dieser einigte sich nun auf ein Kompromissmodell, das noch von Bundestag | |
| und -rat abgesegnet werden muss. Das Verfassungsgericht hatte nach der | |
| verstrichenen Frist gedroht, den Fall kommende Woche erneut an sich zu | |
| ziehen. Damit drohte, dass die Richter die Privilegien endgültig kippen. | |
| Der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, Hamburgs Erster Bürgermeister | |
| Olaf Scholz (SPD), sagte, es sei gut, dass eine Lösung gefunden worden sei: | |
| „Denn letztendlich wäre es ein schlechtes Zeichen, wenn das | |
| Bundesverfassungsgericht das Erbschaftssteuerrecht neu regelt, weil der | |
| Gesetzgeber nicht in der Lage ist, sich zu verständigen.“ Teilnehmern | |
| zufolge wurde der Konsens in einer Vierergruppe mit Bayerns | |
| Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Scholz, NRW-Finanzminister Norbert | |
| Walter-Borjans (SPD) und dem Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, | |
| Michael Meister (CDU), erreicht. Die Vertreter der | |
| Grünen-Bundestagsfraktion stimmten im Ausschuss allerdings dagegen. | |
| ## Der Kompromiss liegt im Detail | |
| Wichtigster Knackpunkt war die Unternehmensbewertung, die wegen der derzeit | |
| extrem niedrigen Zinsen zu stark erhöhten Ergebnissen führt. Künftig gilt, | |
| dass das Betriebsergebnis des Unternehmens maximal mit dem Faktor 13,75 | |
| multipliziert wird. Im ursprünglichen Gesetz war noch ein Faktor von | |
| maximal 12,5 vorgesehen. Zudem soll in Fällen, in denen ein Erbe finanziell | |
| überfordert ist, die fällige Steuer nicht mehr für zehn Jahre zinslos | |
| gestundet werden können, sondern nur für sieben Jahre, wobei außerdem ab | |
| dem zweiten Jahr Zinsen fällig werden. Bei großen Betriebserbschaften ab 26 | |
| Millionen Euro wird es ein Wahlrecht geben: Entweder der Erbe begleicht die | |
| Steuerschuld auch aus seinem Privatvermögen oder der Steuererlass wird | |
| abgeschmolzen, bis er bei 90 Millionen Euro ganz entfällt. | |
| Auch in zahlreichen anderen Detailfragen schafften die je 16 Vertreter von | |
| Bundestag und -rat im Vermittlungsausschuss eine Einigung. So soll es nicht | |
| möglich sein, private Vermögenswerte wie eine Kunstsammlung in das – | |
| begünstigte – Betriebsvermögen zu verschieben. Fraglich ist noch, wann der | |
| Kompromiss im Bundestag- und rat zur Abstimmung gestellt wird. Scholz | |
| sagte, das Signal an Karlsruhe sei dennoch, dass eine Einigung stehe. | |
| Walter-Borjans erklärte, es sei gelungen, den ursprünglichen Gesetzentwurf | |
| grundlegend zu überarbeiten. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier | |
| (CDU) sagte, mit dem Kompromiss würden die Vorgaben des | |
| Verfassungsgerichtes eingehalten. Zugleich werde aber dafür gesorgt, dass | |
| die deutschen Familienunternehmen nicht überlastet würden. | |
| 22 Sep 2016 | |
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