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# taz.de -- Kabinett beschließt Asylverschärfung: Das steht im Asylpaket II
> Schneller ablehnen, öfter abschieben, mehr regulieren: Das Kabinett hat
> das Asylpaket II beschlossen. Ein Überblick über die Veränderungen.
Bild: Eine ehemalige Kaserne in Manching. Hier sollen Asylanträge im Schnellve…
Das Asylpaket II ist von der Bundesregierung beschlossen worden, demnächst
stimmt das Parlament darüber ab. Es sieht eine Reihe von Asylverschärfungen
vor. Das sind die wichtigsten Punkte des Gesetzespakets:
Schnellverfahren
Das neue Gesetz schafft Aufnahmezentren für Geflüchtete mit schlechten
Chancen auf ein Bleiberecht. Dort sollen beschleunigte Verfahren
durchgeführt werden. Betroffen sind unter anderem Folgeantragsteller,
Geflüchtete, die nicht ausreichend an ihren Verfahren mitwirken und
Menschen aus sicheren Herkunftsländer, zu denen nach Willen der
Bundesregierung, bald auch Tunesien, Marokko und Algerien gehören sollen.
Asylverfahren sollen in diesen Zentren innerhalb einer Woche durchgeführt,
Widersprüche innerhalb von zwei Wochen vor Gericht geprüft werden.
Antragsteller haben die Pflicht, in den Aufnahmezentren zu wohnen, sie
sollen von dort aus auch abgeschoben werden. Zunächst sind fünf solcher
Zentren geplant.
Registrierung und Residenzpflicht
Asylbewerber erhalten ihre Leistungen künftig nur dann, wenn sie den neuen
Ankunftsnachweis besitzen, der ausschließlich im zugewiesenen
Aufnahmezentrum ausgestellt wird. Wer den zugewiesenen Bezirk verlässt,
muss außerdem damit rechnen, dass sein Asylverfahren eingestellt wird.
Damit will die Bundesregierung besser steuern, in welcher Region
Geflüchtete unter kommen.
Fehlende Mitwirkung
Geflüchtete, die an der Bearbeitung ihrer Anträge „nicht mitwirken“, kön…
dafür sanktioniert werden: Auch sie sollen in die Aufnahmezentren für
beschleunigte Verfahren verwiesen werden. Das kann passieren, wenn
Geflüchtete sich weigern Fingerabdrücke abzugeben, falsche Angaben zu ihrer
Identität machen oder auch, wenn Sachbearbeiter vermuten, dass ein
Antragsteller seine Reisedokumente absichtlich zerstört oder weggeworfen
hat.
Weniger Geld
Die Leistungen für Flüchtlinge, über deren Anträge noch nicht entschieden
wurde, wird rückwirkend zum 1. Januar gekürzt. Alleinstehende bekommen
fortan beispielsweise zehn Euro weniger, nur noch 135 Euro. Die
Bundesregierung sieht bestimmte Posten, die bisher in den Leistungsbetrag
eingerechnet wurden, nicht als existenznotwendig an: Ausgaben für
Neuanschaffungen oder Reparaturen von Fernsehgeräten oder Computern,
genauso wenig wie Sportausrüstungen oder Hobbykurse.
Aussetzen des Familiennachzugs
Subsidiär Geschütze müssen zwei Jahre warten, bevor sie einen Antrag auf
Nachzug ihrer Familienmitglieder stellen können. Damit sind sie schlechter
gestellt als Flüchtlinge, die direkt nach Anerkennung ihrer
Schutzbedürftigkeit ein Visum für Ehepartner, Kinder oder – das gilt nur
für Minderjährige – ihre Eltern beantragen können. Als subsidiär
Geflüchtete gelten Menschen, die nicht aufgrund ihrer Religion,
Nationalität oder politischen Überzeugung geflüchtet sind, aber dennoch bei
Rückkehr in ihr Heimatland Folter, Todesstrafe oder Krieg fürchten müssten.
Subsidiär Geschützte müssen ihren Status jährlich erneuern.
Abschiebung vereinfachen
Abgewiesenen Geflüchtete können künftig auch dann abgeschoben werden, wenn
sie krank sind. Unabhängig davon, wie gut die medizinische Versorgung im
Abschiebeland ist, ob Ärzte und Medikamente finanziell oder logistisch
erreichbar sind. Nur lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen,
die sich durch die Abschiebung verschlechtern würden, gelten weiterhin als
Hinderungsgrund. Posttraumatische Belastungsstörungen werden nicht
berücksichtigt.
Schutz Minderjähriger
Um Minderjährige Geflüchtete besser zu schützen, müssen Mitarbeiter von
Aufnahmeeinrichtungen künftig ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen,
wenn sie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, egal ob ehrenamtliche oder
hauptamtliche Tätige. Ausgenommen sind Ehrenamtliche, die nur gelegentlich
helfen.
Sichere Herkunftsländer
In einem gesonderten Gesetz möchte die Bundesregierung Marokko, Algerien
und Tunesien zum sicheren Herkunftsland erklären. Danach geht die
Bundesregierung davon aus, dass in diesen Länder keine politische
Verfolgung, unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung
einer Person stattfinden, niemand also gefoltert oder diskriminiert wird.
Wer dennoch Asyl beantragen will, muss seine Bedürftigkeit gesondert
nachweisen. Wer aus einem sicheren Herkunftsland kommt, soll nach den
Regeln des Asylpakets II in den speziellen Aufnahmezentren Schnellverfahren
unterzogen werden. Bisher hat Deutschland neben den EU-Mitgliedsstaaten,
Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Montenegro, Albanien und Kosovo
anerkannt, sowie Ghana und Senegal.
3 Feb 2016
## AUTOREN
Christina Schmidt
## TAGS
Asylrecht
Schwerpunkt Flucht
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Abschiebung
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