# taz.de -- Bundestagsdebatte zum Asylpaket II: Grausamer Abschiebepopulismus | |
> Die Opposition kritisiert die Asylrechtsverschärfung mit deutlichen | |
> Worten. Aber auch zwischen Union und SPD wird der Ton rauher. | |
Bild: Plenarsaal des Bundestags: Hier geht‘s hoch her – zumindest manchmal | |
Berlin dpa | Die Opposition hat der Bundesregierung in der Asylpolitik | |
inhumanes und unmoralisches Verhalten vorgeworfen. „Das Asylpaket ist ein | |
Paket von Grausamkeiten“, sagte die Linken-Politikerin Ulla Jelpke am | |
Freitag bei der ersten Beratung über das sogenannte Asylpaket II im | |
Bundestag. | |
Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sprach von | |
„Abschiebungspopulismus“. Beide Oppositionsparteien warfen der Regierung | |
vor, sie tue zu wenig für die Integration der Zuwanderer. | |
Bundesinnenminister Thomas de Maizière rechtfertigte die geplante | |
Verschärfung des Asylrechts als harte, aber notwendige Reform. Deutschland | |
bleibe „ein Land mit Herz und ein Land mit Regeln“, betonte der | |
CDU-Politiker. Von seiner Fraktion erntete er dafür donnernden Applaus. | |
Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte, es sei wichtig zu zeigen, dass der | |
Staat immer noch handlungsfähig sei. De Maizière berichtete, das Bundesamt | |
für Migration und Flüchtlinge habe alleine im Januar über fast 50.000 | |
Anträge entschieden und damit einen Rekord erreicht. | |
Das Asylpaket II sieht unter anderem Schnellverfahren für bestimmte | |
Flüchtlingsgruppen und vorübergehende Einschränkungen beim Familiennachzug | |
für Zuwanderer mit geringerem Schutzstatus vor. De Maizière sagte: „Dieses | |
Gesetz löst nicht alle Probleme, aber einige wichtige. Vor uns liegen | |
weitere Aufgaben.“ | |
## „Verschärfungen im Schweinsgalopp“ | |
Für besondere Empörung seitens der Opposition sorgte der Ausspruch des | |
stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Thomas Strobl, die Begrenzung des | |
Familiennachzugs verschaffe Deutschland „eine Atempause“. Der | |
Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter rief Strobl zu: „Was ist denn | |
das für eine Sprache!“ | |
Kritik kam zudem von Menschenrechtsgruppen und kirchlichen | |
Hilfsorganisationen. „Auch wenn die große Zahl der Flüchtlinge den | |
Handlungsdruck der staatlichen Stellen deutlich erhöht hat, ist es nicht | |
akzeptabel, Standards im Asylverfahren in dieser Weise abzusenken“, sagte | |
Caritas-Generalsekretär Georg Cremer. | |
Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, erklärte: „Was nun an | |
Verschärfungen im Schweinsgalopp durchgejagt wird, höhlt Flüchtlingsrechte | |
auf Dauer aus.“ | |
## Hürden für Ausweisung gesenkt | |
Erstmals beraten wurde außerdem über die Absenkung der Hürden für die | |
Ausweisung von Ausländern, die Straftaten verübt haben. Dieser | |
Gesetzentwurf der Koalition sieht vor, dass Asylbewerber das Land verlassen | |
müssen, wenn sie wegen bestimmter Delikte wie zum Beispiel Körperverletzung | |
oder Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr | |
verurteilt wurden. | |
Damit reagiert die Regierung auf die massenhaften sexuellen Übergriffe von | |
Zuwanderern auf Frauen in der Silvesternacht. „Wir sind hilfsbereit, aber | |
nicht blind“, betonte Maas. Sein Ministerium hatte schon vor Silvester | |
einen Entwurf für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts vorgelegt. | |
Unterschiedliche Auffassungen vertraten die Koalitionäre bei der von der | |
Union vorgeschlagenen Einstufung weiterer Staaten als „sichere | |
Herkunftsländer“. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) | |
zweifelte die Effektivität dieser Maßnahme an. Mit Blick auf Strobl und | |
andere Unionspolitiker sagte er, die Regierungsparteien sollten nicht mit | |
dem Finger aufeinander zeigen, denn die Bürger „erwarten von uns gemeinsame | |
Lösungen“. | |
Die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz kritisierte, dass Jäger die Frauen, die | |
in seinem Bundesland an Silvester Opfer von Straftaten geworden waren, in | |
seinem Redebeitrag nicht erwähnte. | |
19 Feb 2016 | |
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