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# taz.de -- Verschärfung des Aslyrechts: Bundestag sagt „ja“
> Mit großer Mehrheit stimmt das Parlament für das umstrittene Asylpaket
> II. Abschiebungen werden erleichtert, der Familiennachzug wird erschwert.
Bild: „Wehe, du stimmst dagegen!“
Berlin epd/afp | Das Asylrecht in Deutschland wird weiter verschärft. Mit
großer Mehrheit verabschiedete der Bundestag am Donnerstag das lang
umstrittene zweite Asylpaket, das unter anderem Schnellverfahren für
Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive und eine Aussetzung des
Familiennachzugs für Flüchtlinge mit dem untergeordneten subsidiären Schutz
vorsieht. Opposition und Verbände sehen durch die Gesetzesänderungen Grund-
und Menschenrechte verletzt.
Asylverfahren für Bewerber mit geringer Aussicht auf eine Anerkennung
sollen künftig innerhalb von drei Wochen abgeschlossen werden, inklusive
einer möglichen Gerichtsentscheidung. Der Familiennachzug für subsidiär
Geschützte schließt auch bereits in Deutschland lebende minderjährige
Flüchtlinge ein. In Härtefällen kann es aber Ausnahmen geben. Das Asylpaket
sieht außerdem vor, dass nur noch lebensbedrohliche oder schwerwiegende
Krankheiten eine Abschiebung verhindern können. Zudem sollen sich
Flüchtlinge künftig pauschal mit zehn Euro pro Monat an den Kosten für
Integrationskurse beteiligen.
Im Wesentlichen sieht das Asylpaket also Verschärfungen vor. Einzige
Verbesserung im Sinne der Schutzsuchenden ist die künftige Pflicht zur
Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für Mitarbeiter, die mit
minderjährigen Flüchtlingen arbeiten. Damit soll der Schutz vor sexuellen
Übergriffen besser gewährleistet werden.
Für das Asylpaket stimmten am Donnerstag 429 Abgeordnete, 147 votierten
dagegen. Vier Parlamentarier enthielten sich. Grüne und Linke stimmten
geschlossen dagegen, aus der SPD-Fraktion gab es 30 Nein-Stimmen.
Beschlossen wurde vom Bundestag mit den Stimmen der Koalition auch ein
Gesetz, das Ausweisungen straffälliger Ausländer erleichtern soll. Statt
teilweise mehrjähriger Haftstrafen reicht dafür künftig bereits eine
Freiheitsstrafe bei schweren Delikten. Das gleiche gilt für die Hürde, ab
der eine Verurteilung die Anerkennung als Flüchtling verhindert.
## „Restriktionen und Sanktionen“
Der Linken-Abgeordnete Jan Korte sprach bei der abschließenden Debatte im
Bundestag von einem „Anti-Asyl-Paket“, das eine indirekte Bestätigung für
Fremdenfeinde und Hetzer darstelle. Die Diakonie erklärte, in dem Gesetz
gehe es „ausschließlich und Restriktionen und Sanktionen“.
Besonders kritisiert wurde erneut die Regelung zum Familiennachzug.
Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt bezeichnete die
Einschränkungen als „schäbig“. Die Regelung stifte Unruhe in Unterkünften
und verhindere Integration, weil ein Vater, der seine Familie nicht in
Sicherheit wisse, kaum in Ruhe Deutsch lernen könne.
Kritisch äußerte sich dazu auch die neue Menschenrechtsbeauftragte der
Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD). „Natürlich ist es nicht zumutbar,
dass Kindern das Nachholen ihrer Eltern nicht gestattet wird“, sagte sie im
Bayerischen Rundfunk. Hier müsse „großzügig“ verfahren werden.
Das Forum Menschenrechte, nach eigenen Angaben ein Zusammenschluss von mehr
als 50 deutschen Organisationen, sieht im Asylpaket fundamentale Standards
und Rechte verletzt. In den Schnellverfahren sieht es die Gefahr, dass
diese nun zum Standard werden. Bei der Aussetzung des Familiennachzugs
befürchtet das Netzwerk, dass noch mehr Familien dadurch auf
lebensgefährliche Fluchtrouten getrieben werden.
25 Feb 2016
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