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# taz.de -- Koalitionsstreit über Flüchtlingspolitik: Wer kann schärfer?
> Die Koalition ringt um einen Kompromiss in Sachen Asylverschärfungen Teil
> 2. Aber auch um ihre Arbeitsfähigkeit.
Bild: Findet die schwarz-rote Koalition einen Ausweg aus ihrem Flüchtlingsstre…
BERLIN taz | Alle hatten betont, dass schnell gehandelt werden müsse, nach
den Anschlägen von Paris, nach den Übergriffen in Köln, nach mitreißenden
Parteitagsreden.Trotzdem ließen CDU, CSU und SPD ausgerechnet jenes
Gesetzespaket monatelang liegen, dass aus ihrer Sicht Abhilfe schaffen
soll: das Asylpaket II. Dass sie trotzdem noch regierungsfähig ist, will
die Koalition heute demonstrieren. Erst treffen sich die
Ministerpräsidenten im Kanzleramt, anschließend Angela Merkel, Horst
Seehofer und Sigmar Gabriel zum Gespräch. Sind sie noch handlungsfähig?
Das Asylpaket II soll das Asylrecht einschränken, damit die Zahl der
Flüchtlinge sinkt. So legitimiert das Paket beispielsweise
Schnellverfahren, die in nur einer Woche über die Asylberechtigung eines
Geflüchteten entscheiden. Es erleichtert die Ablehnung von Anträgen, etwa
wenn Geflüchtete keine Papiere vorweisen können oder sich der
Residenzpflicht widersetzen, Krankheiten sollen Abschiebungen nur noch in
Ausnahmefällen verhindern. Es führt auch die umstrittenen „besonderen
Aufnahmeeinrichtungen“ ein, in denen Geflüchtete untergebracht werden
sollen, die schlechte Chancen auf ein Bleiberecht haben. So weit ist sich
die Koalition einig. Der große Streit entfachte am Familiennachzug.
Ursprünglich hatte sich die SPD der Union angeschlossen, das Recht auf
Familiennachzug für subsidiär Geschützte für zwei Jahre auszusetzen. Sie
forderte aber, Syrer davon auszunehmen, und löste damit den
Koalitionsstreit aus. Das Innenministerium legte deshalb Alternativen vor.
Einer hat die SPD zugestimmt: Der Nachzug soll für ein Jahr ausgesetzt
werden – das gilt für alle subsidiär Geschützten. Noch kursiert der
Kompromiss, syrische Familienangehörige über Kontingente nachholen zu
können.
„Wir alle wollen weniger Flüchtlinge“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender
Thomas Oppermann gestern der ARD, „aber dann wollen wir doch auch mehr
Familien“. Sein Argument: So viele wären das nicht. Denn die Regelungen
sind streng: Nur Ehepartner und Kinder können einen Antrag stellen, Eltern
nur, wenn ihre minderjährigen Kinder in Deutschland sind. Schätzungen des
Auswärtigen Amts zufolge haben 2014 bis September 2015 rund 18400 syrische
Staatsbürger ein Visum erteilt bekommen, um Angehörigen zu folgen.
Horst Seehofer hatte Bedenkzeit erbeten. Ein Jahr ist der CSU nicht genug.
Ihre Begründung: Die Bearbeitungszeit der Asylanträge beträgt derzeit
mehrere, deshalb, so heißt es aus CSU-Kreisen, könne der Familiennachzug
fast direkt nach Bewilligung eines Asylantrages beantragt werden. Ein Jahr
sei also eher Symbol als Maßnahme. Das will die CSU ihren Mitgliedern nicht
erklären müssen: statt für die Reduzierung der Flüchtlingszahlen zu
kämpfen, milde Kompromisse mitgetragen zu haben.
Einen Erfolg kann die Koalition melden: Das Kabinett hat dem
Gesetzesentwurf von CDU-Innenminister Thomas de Maizière und
SPD-Justizminister Heiko Maas zugestimmt. Mit dem Gesetz sollen verurteilte
Asylbewerber schneller abgeschoben werden. Es ist eine Reaktion auf die
Übergriffe in Köln, noch ist aber unklar, ob es die Täter aus der
Silvesternacht betreffen wird. Es ist ein Symbol: Wir handeln.
27 Jan 2016
## AUTOREN
Christina Schmidt
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