# taz.de -- Demonstration in Berlin: Ein anderes Europa | |
> Mehrere tausend Menschen demonstrieren für ein soziales Europa. Vor allem | |
> die Hilfe für Flüchtlinge ist ihnen ein wichtiges Anliegen. | |
Bild: Die Spitze der Demonstration in Berlin-Kreuzberg. | |
BERLIN taz | Gianis Varoufakis war zwar nicht persönlich auf der „Europa | |
anders machen“-Demonstration am Samstag in Berlin – doch der Geist des | |
griechischen Finanzministers war überall präsent. Erst sprach seine | |
Kabinettskollegin, die Staatsministerin Theano Fotiou, zu den etwa 4.000 | |
Demonstranten, später zeigte der bunte Blockupy-Block an der Demospitze | |
Dutzende Pappschilder mit Stinkefingern in Richtung des | |
Springer-Hochhauses. | |
Die Teilnehmer machten sich Varoufakis’ Geste, verbunden mit dem Satz | |
„Stick the finger to Germany“, zu eigen. Sie verbindet die Wut auf die | |
deutsche Politik, die den Kurs der Europäischen Union entscheidend prägt. | |
Demo-Anmelder Ulrich Wilken, linker Vizepräsident des hessischen Landtages, | |
fasste das Motto der Veranstaltung gegenüber der taz zusammen: | |
„Austeritätspolitik tötet. Flüchtlingspolitik tötet. Wir wollen ein ander… | |
Europa.“ | |
Es sind diese beiden Themen, die die Menschen zur Auftaktkundgebung auf den | |
Oranienplatz trieben: die EU-Abschottungspolitik, der tausende Flüchtlinge | |
vor allem im Mittelmeer zum Opfer fallen und der unnachgiebige Kurs | |
gegenüber Griechenland, mit all seinen fatalen sozialen Folgen. | |
Während Fotiou in ihrer Rede versprach, ihre Regierung werde keine weiteren | |
Lohn- und Rentenkürzungen akzeptieren, redeten sich vor der Bühne drei | |
Griechen mit Fahnen der Regierungspartei Syriza in Rage. Die Politik der EU | |
gegenüber ihrem Land sei eine „Verhöhnung des Volkes“ – das Wahlergebnis | |
und die Unterstützung für Syriza werde ignoriert. Dass eine Regierung, die | |
mit dem korrupten System brechen wolle, nun als „Untergang Europas“ | |
angesehen werde, macht sie wütend. | |
## Tomaten auf die „Mall of Shame“ | |
Nach der einstündigen Kundgebung setzte sich der Zug zu seinem Zielort, dem | |
Brandenburger Tor in Bewegung, vorbei am Sitz der Bild-Zeitung, der im | |
Demo-Aufruf „rassistische Stimmungsmache gegen Geflüchtete und die Menschen | |
in Griechenland“ vorgeworfen wurde, und vorbei an Berlins neuestem | |
Einkaufszentrum, der „Mall of Berlin“. Weil rumänische Arbeiter, die an der | |
Errichtung beteiligt waren, noch immer um ihren Lohn kämpfen müssen, flogen | |
einige Tomaten an die Fassade der verächtlich genannten „Mall of Shame“. | |
Es sollte das einzige Zeichen eines nicht ganz legalen Widerstandes an | |
diesem Tag bleiben. Bis zum Abschlusskonzert vor dem Brandenburger Tor, auf | |
dem unter anderem die linke türkische Band „Grup Yorum“ und als | |
Überraschungsgäste die Band „Kraftclub“ auftrat, blieb die Stimmung | |
entspannt. | |
Für das Blockupy-Bündnis, das sich bisher auf Proteste gegen die | |
Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main fokussierte, war die | |
Demonstration unterdessen der „erste Schritt nach Berlin“, wie Wilken | |
sagte. Tatsächlich erinnerte der vordere Teil der Demo mit vielen bunten | |
Regenschirmen an Bilder, wie man sie bereits aus Frankfurt kennt. | |
Am Sonntag wollen Vertreter des Bündnisses, zu dem auch Attac und die Linke | |
gehören, über weitere Aktivitäten beraten. Was bleiben wird, ist die | |
europäische Perspektive: Wilken kündigte an, über eine Unterstützung der | |
linken spanischen Partei Podemos zu beraten, der für die Parlamentswahl im | |
Herbst gute Chancen eingeräumt werden, als stärkste Kraft die bisherigen | |
Volksparteien abzulösen. Es wäre ein weiterer Schritt zu einem „anderen | |
Europa“. | |
20 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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