# taz.de -- EU-Beschlüsse zur Flüchtlings-Verteilung: 8.000 kommen nach Deuts… | |
> Das Innenministerium will sich an der vorgeschlagenen Quote von 20 | |
> Prozent orientieren. Vom Scheitern einer festen Quote zeigten sich in | |
> Berlin viele enttäuscht. | |
Bild: Verschiebebahnhof Europa: Flüchtlinge warten an der französisch-italien… | |
BERLIN/MAINZ/BRÜSSEL | Deutschland wird in den kommenden zwei Jahren etwa | |
8.000 der Flüchtlinge aufnehmen, die in der EU neu verteilt werden sollen. | |
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Freitag in Berlin, man | |
wolle sich an der in Brüssel vorgeschlagenen Quote von 20 Prozent für | |
Deutschland orientieren. | |
Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten hatten am Donnerstag in | |
Brüssel beschlossen, 40.000 Flüchtlinge, die sich in Italien und | |
Griechenland aufhalten, auf freiwilliger Basis in anderen EU-Staaten | |
aufzunehmen. Gegen eine feste Quote hatten sich mehrere Staaten vor allem | |
aus Osteuropa gesperrt. Von der Umverteilung sollen vor allem syrische | |
Kriegsflüchtlinge und Opfer der Militärdiktatur in Eritrea profitieren. | |
Die Teilnehmer des EU-Gipfels hatten auch entschieden, 20.000 weitere | |
Menschen aus Flüchtlingslagern außerhalb Europas aufzunehmen. Wie stark | |
sich Deutschland an dieser Maßnahme beteiligen wird, ist noch unklar. | |
Bei den Verhandlungen kam es zu einem heftigen Schlagabtausch. Italiens | |
Premier Matteo Renzi warf den Europäern mangelnde Solidarität vor. Renzi | |
sagte laut Diplomaten: „Wenn Ihr mit der Zahl von 40.000 nicht | |
einverstanden seid, verdient Ihr es nicht, Europa genannt zu werden. (...) | |
Wenn das Eure Vorstellung von Europa ist, dann könnt Ihr es lassen.“ Nach | |
der Einigung zeigte sich der italienische Premier mit der Vereinbarung | |
zufrieden, denn: „Sie legt für Europa ein Prinzip fest.“ | |
## „Dieses Treffen ist praktisch umsonst“ | |
Mehrere Staats- und Regierungschefs äußerten sich enttäuscht über das | |
Scheitern einer Flüchtlingsquote. Der belgische Premier Charles Michel | |
sagte: „Dieses Treffen ist praktisch umsonst.“ Der Streit zwischen den | |
Gipfelteilnehmern sei heftig gewesen: „Wir haben ein für Europa unwürdiges | |
Spektakel erlebt.“ Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann kritisierte: | |
„Das kann keine Lösung sein bei diesen großen Flüchtlingsbewegungen (...) | |
und dann nicht einmal verpflichtend.“ | |
Ungarns rechtsnationaler Ministerpräsident Viktor Orban sagte, in dem | |
Dokument „ist das drin, was die Interessen der Ungarn schützt und bedient.“ | |
Man dürfe „weder der Versuchung schöner Worte erliegen, noch dem | |
Mitgefühl“. | |
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kritisierte die Beschlüsse der | |
EU-Staaten als unzureichend. Die sehr hitzigen Verhandlungen hätten zwar zu | |
einem Teilerfolg geführt, „aber wir sind weit davon entfernt, zu einem | |
fairen Ergebnis gekommen zu sein“, sagte er am Freitag bei der | |
Innenministerkonferenz in Mainz. Die Verteilung schutzbedürftiger | |
Flüchtlinge sei eine Bewährungsprobe für die EU. | |
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl erklärte, der Gipfel-Beschluss sei | |
ein „fauler Kompromiss“. Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte, da von … | |
EU kurzfristig keine Hilfe zu erwarten sei, müssten nun die Innenminister | |
von Bund und Ländern Flüchtlingen mit Bezug zu Deutschland ermöglichen, aus | |
Griechenland, Bulgarien, Ungarn oder Italien hierherzukommen. | |
## Peter vermisst europäische Solidarität | |
Auch die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, zeigte sich enttäuscht | |
über die Ergebnisse des Gipfels. „Die EU-Staaten lassen jede Solidarität | |
vermissen – sowohl mit den Flüchtlingen als auch untereinander“, sagte sie. | |
Das Geschachere um die Aufnahme einiger Zehntausend Menschen sei | |
„erbärmlich“ gewesen. „Der EU-Gipfel ist eine politische Nullnummer“, | |
erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, Ulla | |
Jelpke. | |
Der Sprecher des Innenministeriums betonte, man habe angesichts des | |
erheblichen Widerstandes einiger EU-Staaten gegen den Verteilungsschlüssel | |
bewusst nur über eine Gruppe dieser Größe verhandelt. „Man kann dies auch | |
als Pilotprojekt begreifen“, fügte er hinzu. | |
Das UN-Flüchtlingshilfswerk hatte in der vergangenen Woche erklärt, alleine | |
in Griechenland seien seit Jahresbeginn 55.000 Asylbewerber mit Booten oder | |
Schiffen angekommen. Mehr als 90 Prozent von ihnen stammten aus Kriegs- und | |
Konfliktregionen wie Syrien, Afghanistan, Somalia und dem Irak. | |
Laut EU-Diplomaten kann die Verteilung frühestens im Spätsommer beginnen. | |
Bis Ende Juli sollen die Details stehen; die EU-Innenminister könnten sie | |
bei ihrem Treffen am 9. Juli festlegen. | |
26 Jun 2015 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Flucht | |
EU-Flüchtlingspolitik | |
EU | |
Schwerpunkt Flucht | |
Ungarn | |
Vorratsdatenspeicherung | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Schwerpunkt Flucht | |
Ungarn | |
Schwerpunkt Flucht | |
Zentrum für Politische Schönheit | |
Griechenland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Geflüchtete in Bulgarien: Schneller die Mauer ausbauen | |
Gut 7.000 Flüchtlinge haben in Bulgarien offiziell um Hilfe gebeten. Der | |
Regierung von Premier Boiko Borissow ist das zu viel. | |
Asylrecht in Ungarn: Zaun an der Grenze zu Serbien | |
Das Parlament hat der Verschärfung des Asylrechts und der Errichtung eines | |
Grenzzauns zugestimmt. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR kritisiert das. | |
Uneinigkeit bei Innenministerkonferenz: Schleierfahndung? Wie‘s beliebt | |
Ausbürgerung, Vorratsdaten, Fangewalt: Die Innenminister von Bund und | |
Ländern forderten im Vorfeld viel – und beschlossen dann um so weniger. | |
Der Rote Faden: Lernkurve der Konservativen | |
Es wird keine gesetzliche Aufnahmequote für Einwanderer in der EU geben. | |
Der Rassismus hat gesiegt, diesmal zugunsten der Gehassten. | |
Flüchtlinge in der EU: Verteilungsquoten sind vom Tisch | |
Die EU-Pläne zur Umverteilung von Flüchtlingen aus Italien und Griechenland | |
sind gescheitert. Nun sollen sie auf freiwilliger Basis aufgenommen werden. | |
Ungarn suspendiert Dublin III: Kein Eintritt für Zurückgeschobene | |
Die Flüchtlinge werden von EU-Ländern nach Ungarn ausgewiesen, weil sie | |
dort zuerst die Union betreten haben. Aber sie dürfen nicht rein. | |
Flüchtlinge im Mittelmeer: Mehr als 2.700 Menschen gerettet | |
Vor der libyschen Küste sind zahlreiche Flüchtlinge von Handels- und | |
Marineschiffen gerettet worden. Sie wurden in Italien an Land gebracht. | |
Protest gegen Flüchtlingspolitik: Gräber auf der Reichstagswiese | |
5.000 Demonstranten nehmen an der Bestattungsaktion des „Zentrums für | |
Politische Schönheit“ teil – und stürmen das Feld vor dem Bundestag. | |
Demonstration in Berlin: Ein anderes Europa | |
Mehrere tausend Menschen demonstrieren für ein soziales Europa. Vor allem | |
die Hilfe für Flüchtlinge ist ihnen ein wichtiges Anliegen. |