# taz.de -- Uneinigkeit bei Innenministerkonferenz: Schleierfahndung? Wie‘s b… | |
> Ausbürgerung, Vorratsdaten, Fangewalt: Die Innenminister von Bund und | |
> Ländern forderten im Vorfeld viel – und beschlossen dann um so weniger. | |
Bild: Männer mit Schlipsen, die nach Schleiern fahnden: Jede Menge Innenminist… | |
MAINZ taz „Kein Mensch braucht die Innenministerkonferenz“. Unter diesem | |
Motto demonstrierten am Freitag linke Gruppen in Mainz. Und die dort | |
tagenden Innenminister konnten die rüde These nicht wirklich widerlegen. | |
Bei fast allen Themen, die vor dem Treffen heiß diskutiert wurden, kam | |
nichts Greifbares heraus. | |
So gab es im Vorfeld Forderungen aus Unionskreisen, die Schleierfahndung | |
auszuweiten. Damit können in Grenznähe Menschen verdachtsunabhängig | |
kontrolliert werden – als Ersatz für die innerhalb der EU weggefallenen | |
Grenzkontrollen. Im Ergebnis stellten die Minister aber nur fest, dass | |
jedes Bundesland solche Methoden je nach eigenem Bedarf nutzen kann. Viele | |
Länder wie Bayern und Mecklenburg-Vorpommern haben längst entsprechende | |
Gesetze und wenden sie auch an. Rheinland-Pfalz mit seiner Grenze nach | |
Luxemburg und Frankreich hat dagegen nicht einmal ein derartiges Gesetz. | |
Auch zur diskutierten Ausbürgerung von Dschihadisten fassten die | |
Innenminister keine Empfehlung. Die Unions-Minister waren eher dafür, dass | |
Deutsche, die für den IS kämpfen, ihre Staatsangehörigkeit verlieren, | |
SPD-Minister waren eher dagegen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière | |
(CDU) hält eine gesetzliche Regelung zwar „ohne Grundgesetzänderung“ für | |
möglich, verhielt sich aber eher neutral. Damit ist das Thema vorerst wohl | |
vom Tisch. Anwendbar wäre die automatische Ausbürgerung ohnehin nur auf | |
Doppelstaatler, weil diese anschließend nicht staatenlos wären. | |
Eine hessische Initiative will Gewalt gegen Polizisten und Rettungskräfte | |
im Strafgesetzbuch härter bestrafen. Die Unions-Minister fanden das gut, | |
weil es „immer mehr Übergriffe“ gebe, so der Schweriner Innenminister | |
Lorenz Caffier (CDU). Die SPD-Minister argumentierten, dass erst vor vier | |
Jahren die Strafen für den „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ | |
verschärft wurden, und das habe bisher „keine messbaren Veränderungen“ | |
gebracht, so NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Bessere Ausstattung, | |
Ausbildung und Führung der Polizisten sei viel wichtiger. | |
## Vorratsdaten für Einbrüche | |
Für weiteren Wirbel im Vorfeld hatte die Idee von de Maizière gesorgt, die | |
Daten der jetzt geplanten Vorratsdatenspeicherung auch zur Aufklärung von | |
Wohnungseinbrüchen zu nutzen. Manche Kritiker aus der SPD warnten bereits | |
vor einer Ausweitung des restriktiven Regierungskompromisses. | |
Aber de Maizière erläuterte in Mainz, dass der Regierungs-Entwurf jetzt | |
schon eine Nutzung der Daten gegen bandenmäßig begangene Einbrüche | |
vorsieht. Und dann warnte auch de Maizière seine Parteifreunde, noch mehr | |
zu fordern. | |
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Caffier forderte dann zwar, künftig | |
auch einfache Einbrüche (ohne Bande) mit Hilfe von Funkzellen-Abfragen | |
aufzuklären. Dabei bezog er sich aber ausdrücklich nicht auf die | |
Vorratsdaten. | |
## Weniger Tickets für Fußball-Fans | |
Ein ständiges Thema der Innenministerkonferenz ist die Fangewalt bei | |
Fußball-Spielen, schon weil ein Drittel der Einsatzzeiten der | |
Bereitschaftspolizei für Spiele der drei deutschen Profiligen benötigt | |
werden. Neueste Idee der Innenminister: Bei Risikospielen wie Dortmund | |
gegen Schalke, soll die Zahl der Gästetickets reduziert werden, so dass der | |
Gästeblock mit einem Puffer an unbesetzten Plätzen umgeben werden kann. | |
Doch auch das ist bisher nur eine Idee, die die Länder jetzt mit den | |
Vereinen diskutieren wollen. Gesetzliche Regelungen oder Polizeiverfügungen | |
sind nicht geplant. | |
Am konkretesten war noch der Beschluss zur Flüchtlingspolitik. Weil sich | |
die Zahl der Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt hat, hofften | |
die Länder auf mehr Hilfe vom Bund. Diese sicherte der Bund auch zu. Er | |
werde den Ländern und Kommunen „dauerhaft, strukturell und dynamisch“ unter | |
die Arme greifen, versicherte Bundesminister de Maizière. Wie das konkret | |
aussehen soll, wird nun eine Arbeitsgruppe diskutieren. | |
Die nächste Innenministerkonferenz ist im Dezember in Koblenz – falls | |
tatsächlich jemand demonstrieren möchte. | |
26 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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