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# taz.de -- Spitzelei in Deutschland: Gegen „Selbstüberwachung“
> Eigentlich soll Ex-Richter Kurt Graulich die NSA-Selektorenliste prüfen.
> Nebenbei kämpft er auch gegen die Vorratsdatenspeicherung.
Bild: 2013 war er noch Richter am 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts: Kurt …
berlin taz | Der NSA-Sonderermittler Kurt Graulich nimmt den Datenschutz
ernster als die Bundesregierung. In einem demnächst erscheinenden Aufsatz
in der Zeitschrift Vorgänge, der der taz vorliegt, kritisiert er heftig die
geplante Vorratsdatenspeicherung.
Kurt Graulich war bis Februar 2015 Richter am Bundesverwaltungsgericht.
Anfang Juli wurde der sozialdemokratische Jurist auf Vorschlag des
NSA-Untersuchungsausschusses von der Bundesregierung mit der Prüfung der
NSA-Selektorenliste betraut. Die Bundesregierung bezeichnet ihn als
„unabhängige sachverständige Vertrauensperson“.
Diese Unabhängigkeit stellt Graulich nun nachhaltig unter Beweis. In seinem
Aufsatz „Neustart der Geisterfahrer“ kritisiert er den Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, über den
der Bundestag im Herbst abstimmen wird.
Die geplante zehnwöchige Speicherung aller Telefon- und
Internet-Verkehrsdaten sei schon „dem Grunde nach unverhältnismäßig“. Na…
fünf Jahren ohne Vorratsdatenspeicherung habe die Bundesregierung in ihrem
Gesetzentwurf keine konkreten Schutzlücken benennen können. Dagegen könne
der Staat den Schutz dieser Daten gegen Hacker und ausländische
Geheimdienste wohl nicht gewährleisten. Die Zwangsspeicherung aller Daten
sei auch überflüssig, weil die meisten dieser Daten bei den
Telekommunikationsunternehmen „aus betrieblichen Gründen“ ohnehin noch
vorhanden seien.
## Speicherung überflüssig
Die vierwöchige Speicherung der Standortdaten aller Mobiltelefone sieht
Graulich noch kritischer, er bezeichnet sie als Element einer unzulässigen
„Totalüberwachung“. Das eigene Mobiltelefon werde dabei zur „staatlich
instrumentalisierten Selbstüberwachung“ genutzt. Das widerspreche aber dem
rechtsstaatlichen Grundsatz, dass niemand sich selbst belasten muss.
Der 66-jährige Graulich beschreibt den neuen Gesetzentwurf von
Justizminister Heiko Maas als „Rückspiel“ nach zwei „vernichtenden
Niederlagen“ beim Bundesverfassungsgericht und beim Europäischen
Gerichtshof. Er zweifele aber, ob es genüge, ständig diese Gerichtsurteile
zu zitieren und dann das gleiche erneut zu machen, nur „etwas kleiner“.
Möglicherweise kommt Graulichs Kritik der Bundesregierung sogar gelegen.
Immerhin erweckt der Wunschermittler der Großen Koalition so den Eindruck,
dass er kein handzahmer Hof-Gutachter ist.
Die Opposition aus Grünen und Linkspartei hingegen lehnte die Berufung
Graulichs ab. Sie will, dass der Bundestag die Selektorenliste selbst
prüfen kann. Grüne und Linke haben bereits eine Klage beim
Bundesverfassungsgericht angekündigt. Diese soll Anfang September in
Karlsruhe eingereicht werden. Klagebevollmächtigter ist der Rechtsanwalt
Wolfgang Ewer, Expräsident des Deutschen Anwaltvereins.
18 Aug 2015
## AUTOREN
Christian Rath
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Vorratsdatenspeicherung
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